Lösungsmittel in der Trinkflasche: Schlechter Scherz führt zur Kündigung

Das war mehr als nur ein schlechter Scherz: Nachdem ein Auszubildender Lösungsmittel in die Trinkflasche eines Kollegen gekippt hatte, sprach ihm der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus. Zu Recht?

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Vergleich vom 18.11.2025, 3 SLa 346/25

Stand:  2.12.2025
Lesezeit:  02:30 min
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Das ist passiert

Was im Kopf dieses Azubis eines Stahlunternehmens vor sich ging, das bleibt wohl ungelöst. Tatsache ist, dass der damals 18-Jährige in der Werkhalle einen gesundheitsgefährdenden Fettlöser in die Trinkflasche eines anderen Azubis kippte. Dieser bemerkte den „Streich“ und ließ die Flasche unberührt auf der Werkbank stehen. So nahm das Unglück seinen Lauf: Denn ein dritter Kollege, der nichts davon mitbekommen hatte, nahm einen Schluck aus der Flasche, spuckte die Flüssigkeit wegen des merkwürdigen Geschmacks aber wieder aus – zum Glück.

Absichtlich schädigen wollte er niemanden, sagte der 18-Jährige. Trotzdem sprach ihm der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus. Erst wenige Wochen zuvor hatte es für die Azubis eine Schulung zu gefährlichen Stoffen und den Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz gegeben.

Das entschied das Gericht

Kann ein Ausbildungsverhältnis bei unstreitiger Pflichtverletzung fristlos gekündigt werden? Das Arbeitsgericht Duisburg hatte den Fall in der Vorinstanz klar entschieden und die die fristlose Kündigung am 4. Juni 2025 als rechtmäßig bestätigt (4 Ca 280/25). Und das LAG Düsseldorf? Grundsätzlich sei die Tat eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine sofortige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses rechtfertige. Zum Zeitpunkt des Vorfalls hatte der Azubis seine Probezeit zudem erst seit vier Wochen „überstanden“. Auf der anderen Seite müssten die Besonderheiten der Ausbildungssituation berücksichtigt werden. Laut Berufsbildungsgesetzes kann ein Ausbildungsverhältnis nur aus wichtigem Grund beendet werden (§ 22 BBiG).

Was war Auslöser dieser Tat, wie groß war die Reue? Das konnte vor dem LAG nicht geklärt werden, denn der Azubi war zum Termin nicht erschienen, trotz Ladung! Dem Vernehme nach hatte er zudem offenbar schon seit einiger Zeit einen neuen Ausbildungsplatz. Am Ende einigten sich die anwesenden Rechtsvertreter auf einen Vergleich: Das Ausbildungsverhältnis solle beendet und ordnungsgemäß abgewickelt werden, der Kläger bekomme wegen Aufgabe seines Besitzstandes noch 1.500 Euro.

Bedeutung für die Praxis

Späße können den Berufsalltag sicherlich auflockern – allerdings gibt es klare Grenzen. Sie dürfen weder beleidigend oder herabsetzend sein, noch eine körperliche Gefahr für andere mit sich bringen. Insofern hat der Arbeitgeber hier ein klaren Signal gesetzt.

Dass es am Ende doch zum Vergleich gekommen ist, liegt an der Ausbildung an sich, die nicht sehr leicht zu lösen ist. Außerdem natürlich am Alter des Azubis: Mit 18 ist man z.B. im Strafrecht zwar voll strafmündig. Aber bis zum Alter von 21 wird bei Heranwachsenden im Einzelfall entschieden, ob noch das Jugendstrafrecht oder schon das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommt. Hier geht es um Arbeitsrecht, aber überträgt man diesen Gedanken folgt die Frage: Wie ist es mit der Einsichtsfähigkeit? Denn eins ist klar: In jungen Jahren bildet sich der Charakter noch aus. Das ist keine Entschuldigung, hilft aber zu verstehen, dass es hier zu einem Vergleich gekommen ist.

Anders hätte die Sache vielleicht ausgesehen, wenn jemand zu Schaden gekommen wäre. Das war zum Glück nicht der Fall. (cbo)