Liebe Nutzer,
für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.
Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team
Streikmaßnahmen auf einem betriebseigenen Parkplatz vor dem Eingang zum Betrieb sind rechtmäßig, wenn eine Abwägung der Interessen ergibt, dass Gewerkschaften darauf angewiesen sind, Beschäftigte anzusprechen, um ihre Rechte auszuüben, und die Rechte des Arbeitgebers nicht verletzt wurden.
Bundesverfassungsgericht v. 9. Juli 2020 – 1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19
Seit 2014/2015 kommt es bei zwei nicht tarifgebundenen Amazon-Niederlassungen zu gewerkschaftlich initiierten Streiks. Die Gewerkschaft Ver.di zielt mit den Streiks auf die Anerkennung von einschlägigen Tarifverträgen des Einzel- und Versandhandels durch die Arbeitgeber ab. An einzelnen Streiktagen versammelten sich Gewerkschaftsvertreter mit den streikenden Beschäftigten kurz vor Schichtbeginn auf dem jeweiligen Betriebsparkplatz. Die Parkplätze sind sehr groß und durch Schilder als Privatgrundstück gekennzeichnet. Sie befinden sich direkt vor dem Haupteingang des Betriebs, der nur über den Parkplatz erreicht werden kann. Die Parkplätze werden von fast allen Beschäftigten genutzt. Die arbeitswilligen Beschäftigten mussten durch die Ansammlung der Streikenden hindurchlaufen. Eine freigehaltene Streikgasse gab es nicht.
Die zwei Amazon-Niederlassungen möchten diese Streikmaßnahmen nicht dulden und haben sich auf ihr Hausrecht berufen. Das Bundesarbeitsgericht entschied nach einer Abwägung der widerstreitenden Grundrechte, dass Amazon die Streikmaßnahmen hinzunehmen habe. Hiergegen wendeten sich die beiden Niederlassungen mit Verfassungsbeschwerden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht beanstandet. Zutreffend habe das BAG für die Arbeitgeber eine Bewertung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG und der unternehmerischen Handlungsfreiheit aus Art. Abs. 1 GG zugrunde gelegt. Das Recht auf negative Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG umfasse lediglich das Recht, sich nicht zu Koalitionen zusammenzuschließen, bestehenden Koalitionen fernzubleiben sowie aus diesen auszutreten. Der Streik habe hier aber nicht darauf abgezielt, Amazon eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband aufzudrängen, sondern Ziel sei die Anerkennung einschlägiger Flächentarifverträge gewesen. Es sei aber nicht Bestandteil der negativen Koalitionsfreiheit, von jeglicher Betätigung der Koalitionen völlig verschont zu bleiben.
Das Recht der Gewerkschaft aus Art. 9 Abs. 3 GG umfasse insbesondere den Abschluss von Tarifverträgen und das Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks. Dieses Recht sei vom BAG in angemessener Weise in die Abwägung einbezogen worden. Denn Gewerkschaften müssten ihr Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG auch wahrnehmen können. Dazu gehöre ggf. die direkte persönliche Ansprache von Arbeitswilligen vor Antritt der Arbeit, um sie zum Streik zu mobilisieren. Damit einhergehende Einschränkungen müsse der Arbeitgeber hinnehmen.
Das Eigentumsrecht von Amazon habe auch nicht gänzlich hinter den Rechten der Gewerkschaft zurücktreten müssen, auch wenn keine Streikgassen gebildet worden seien, da die arbeitswilligen Arbeitnehmer aufgrund der Größe des Parkplatzes trotz des Streiks nicht daran gehindert waren, ihr Auto zu parken und zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen.