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Entgeltfortzahlung (Arbeitnehmer)

Entgeltfortzahlung (Arbeitnehmer)

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Redaktion
Stand:  1.9.2025
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Die Entgeltfortzahlung betrifft die Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber trotz wegen eines Feiertages oder aus Krankheitsgründen nicht erbrachter Arbeitsleistung. Es geht dabei um eine Umsetzung des sozialstaatlichen Kernanliegens der Existenzsicherung der Arbeitnehmer. Die gesetzliche Grundlage für die Entgeltfortzahlung bildet das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).

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Begriff

Weiterzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber an gesetzlichen Feiertagen und bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers infolge Krankheit.

Erläuterung

Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber Entgelt nur als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. Der Arbeitnehmer darf jedoch an Feiertagen nicht arbeiten. Dies gilt abgesehen von Ausnahmefällen wie z.B. im Dienstleistungsgewerbe auch dann, wenn der Arbeitnehmer arbeiten will. Damit entfiele der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers für den Feiertag. Dieses Ergebnis wird durch § 2 EFZG verhindert. Danach wird der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers für den Feiertag so aufrechterhalten, wie er dem Arbeitnehmer ohne den Feiertag zugestanden hätte. 
Dasselbe gilt, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers aus krankheitsbedingten Gründen unterbleibt. Auch dadurch verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht. Ein Arbeitnehmer wird vor den dadurch möglicherweise ausgelösten existenzbedrohenden Schwierigkeiten durch die Verlagerung des Krankheitsrisikos auf den Arbeitgeber und die sozialen Sicherungssysteme bewahrt. Die Rechtsgrundlage dafür bildet das Entgeltfortzahlungsgesetz.

Fortzahlung an Feiertagen

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Vergütung zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies gilt nicht für die bundeseinheitlichen und die länderspezifischen gesetzlichen Feiertage. 
Für die infolge eines Feiertages ausfallende Arbeitszeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 1 EFZG das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. 
Der Feiertag muss aber die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall bilden. Ist der Arbeitnehmer während einer den Himmelfahrtstag umschließenden Woche arbeitsunfähig krank, so fällt an diesem Donnerstag die Arbeit nicht wegen des Feiertags aus, sondern wegen der Arbeitsunfähigkeit.  Dennoch besteht der Anspruch auf Vergütung dieses Ausfalltages. Nur folgt dieser dann nicht aus § 2 EFZG, sondern aus § 3 EZFG. Dessen Berechnung ist aber gemäß § 4 Abs. 2 EFZG nach § 2 EFZG vorzunehmen. Der Arbeitnehmer hat danach auch auf Feiertagszuschläge Anspruch (ErfK,25. Aufl. 2025, EFZG § 2 Rn. 10).

Kommt es an dem beispielhaft genannten Himmelfahrtstag nicht zum Arbeitsausfall, weil der Arbeitnehmer an diesem Tag schichtplanmäßig zu arbeiten hat, ist ihm dieser Tag inklusive Feiertagszuschlag zu vergüten. Ein Entgeltausfall tritt nicht ein. Der Arbeitnehmer erwirbt aber einen Anspruch nach § 11 Abs. 3 ArbZG auf einen Ersatzruhetag. Der Ersatzruhetag kann an einem ohnehin von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr freien Werktag gewährt werden. Es handelt sich dann um eine unbezahlte Freistellung. Die Feiertagsarbeit führt nicht zu Überstunden (BAG v.  12.12.2001 - 5 AZR 294/00 in NZA 2002, 505). 
 Der Sitz des Unternehmens und der Einsatzort z.B. eines Monteurs können in verschiedenen Bundesländern liegen. Maßgebend ist dann das Feiertagsrecht am Einsatzort (BAG v. 16.4.2014 - 5 AZR 483/12 in NZA 2014,1262, ErfK, 25. Aufl. 2025, EFZG § 2 Rn.5). 
Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage (§ 2 Abs. 3 EFZG).

Fortzahlung bei Krankheit

Allgemeines

Das Krankheitsrisiko zählt zu den Lebensrisiken eines Menschen. Ein Arbeitnehmer ist dagegen durch seine im Lohnabzugsverfahren zu erhebenden Beiträge zu der gesetzlichen Krankenkasse versichert. Diese im SGB V geregelte Krankenversicherung deckt allerdings nicht das Entgeltausfallrisiko. Dieses ist abweichend von § 326 BGB zur Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen durch § 3 EFZG für die Fälle einer unverschuldet erlittenen Arbeitsunfähigkeit für die Dauer der als Belastungsgrenze angesehenen Zeit von 6 Wochen auf den Arbeitgeber übertragen worden. Erst wenn dieselbe Krankheit länger als 6 Wochen anhält, verlagert sich das Verdienstausfallrisiko auf die gesetzliche Krankenkasse. Diese zahlt dann gemäß §§ 44 ff SGV  V  Krankengeld. Dieses umfasst allerdings gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur  70 % des Verdienstausfalles.  Dadurch verbleibt ein Anteil des Krankheitsrisikos beim Arbeitnehmer. Diese Lastenverteilung entfällt allerdings im Ausnahmefall der Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle. Für diese bleibt es bei § 3 EFZG und dem Eingreifen der Berufsgenossenschaften. 

Anspruchsgründe und -voraussetzungen

Nach § 3 EFZG behält ein Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch für die Zeit von 6 Wochen, wenn 

  • die Nichtleistung von Arbeit auf Arbeitsunfähigkeit beruht
  • die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet eingetreten ist
  • dieselbe Krankheitsursache innerhalb von 12 Monaten 6 Wochen nicht überschreitet,
    • es sei denn, zwischen dem Ende der Krankheit K1 und dem erneuten Beginn von K1
    • liegt ein Zeitraum ohne K1 von 6 Monaten.  Treten in diesem Zeitraum Arbeitsunfähigkeitszeiten durch K 2, K3 und K4 auf, ist das für den Wiederanlauf der 6 Wochen für K1 unbeachtlich.

Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit beruht auf einem Vergleich der geschuldeten Tätigkeit mit der dem Arbeitnehmer möglichen Arbeitsleistung. Ein Klavierspieler ist zum Beispiel beim Bruch eines Fingers arbeitsunfähig. Dies trifft aber nicht zu, wenn er die zusätzlich geschuldete Tätigkeit als Sänger erbringen kann. Schuldet ein Arbeitnehmer 8 Stunden Arbeitsleistung pro Tag, so ist er arbeitsunfähig, wenn er nur 4 Stunden zu leisten vermag, z.B. nicht länger an seinem Arbeitsplatz an einem Fertigungsband stehen kann. Eine Teilarbeitsunfähigkeit ist dem Gesetz fremd. Es gilt ein Alles-oder-nichts-Prinzip (Münchner Handbuch Arbeitsrecht, Band 1, 6. Aufl. 2024, § 80 Rn. 28). Ist ein Arbeitnehmer berechtigt im Homeoffice zu arbeiten, ist er mit einer eine Gehbehinderung auslösenden Verletzung nicht arbeitsunfähig krank. In Zweifelsfällen kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkassen gemäß § 275 SGB V um eine gutachtliche Stellungnahme bitten.                     

Von einem fehlenden Verschulden am Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit ist als Regel auszugehen. Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Erforderlich ist ein grober Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen und damit ein besonders leichtfertiges Verhalten. Andernfalls würde in die private Lebensgestaltung eine Arbeitnehmers unvertretbar und schwer nachweisbar eingegriffen. 

Als grobes Verschulden ist z.B. die Überquerung einer Kreuzung mit dem Pkw trotz auf "rot" stehender Verkehrsampel einzustufen. Die bei Ausübung einer Sportart eintretende Arbeitsunfähigkeit ist nicht verschuldet, wenn der Betreiber für diese Sportart wie z.B. Skisport genügend geübt und ausgerüstet ist. Andernfalls würden der freien Entfaltung der Persönlichkeit unvertretbare Grenzen gesetzt. Schlechthin gefährliche Sportarten gibt es kaum, auch Schwimmen kann für einen Nichtschwimmer gefährlich sein. 

Das Bundesarbeitsgericht hat auch Alkoholabhängigkeit als Krankheit anerkannt, die bei entsprechenden krankheitsbedingten Fehlzeiten den Anspruch zur Entgeltfortzahlung rechtfertigt (BAG v. 1.6.1983 - 5 AZR 536/80). Wird ein Arbeitnehmer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, kann nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ausgegangen werden. Dies gilt im Grundsatz auch bei einem Rückfall nach einer durchgeführten Therapie. Ein Verschulden des Arbeitnehmers an einem Rückfall kann jedoch nicht generell ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber kann deshalb in diesem Fall das fehlende Verschulden bestreiten. Das Arbeitsgericht hat dann ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob der Arbeitnehmer den Rückfall schuldhaft im Sinne dieser Vorschrift herbeigeführt hat. Lässt sich dies nicht eindeutig feststellen, weil ein Ursachenbündel hierfür vorliegt, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers (BAG v. 18.3.2015 - 10 AZR 99/14). 
Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen (§ 3 Abs. 2 EntgFG). Ist ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit in Folge der Spende von Organen oder Geweben, die nach dem Transplantationsgesetz erfolgt, an seiner Arbeitsleistung verhindert, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 3a Absatz 1 EFZG). Dem Arbeitnehmer ist das Arbeitsentgelt fortzuzahlen, das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Zum Arbeitsentgelt gehören nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt und Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, die während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen § 4 Abs. 1 u. 1a S. 1 EFZG). Nach Ablauf der Fortzahlungsfristen und andauernder Arbeitsunfähigkeit und bestehender Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wird Krankengeld von der zuständigen Krankenkasse gezahlt (§ 44 Abs. 1 SGB V). Die Vorschriften gelten auch für die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (§ 1 Abs. 2 EFZG).

Meldepflicht des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankschreibung) des behandelnden Arztes oder Zahnarztes über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden (4.) Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber kann die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer von dem Arbeitnehmer schon vom ersten Tag der Erkrankung an verlangen (§ 5 Abs. 1 S. 1 bis 3 EFZG, BAG v. 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).
Diese Regelungen gelten nicht für Arbeitnehmer, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sind. Für diese entfällt seit dem 1.1.2023 gemäß § 5 Abs. 1 a EFZG die Vorlagepflicht, nicht aber die Pflicht zur Information des Arbeitgebers. 
An die Stelle der Vorlagepflicht tritt bei einer über drei Kalendertage hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit nur die Notwendigkeit, diese von einem Arzt feststellen und bescheinigen nur zu lassen. Alsdann hat der Arzt das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit in das elektronische Meldesystem der Krankenkasse einzugeben. Dort kann es der Arbeitgeber abrufen (Einzelheiten siehe Erfk, 25. Aufl. 2025, EZFG § 5 Rn. 10).

Wartezeit

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall entsteht erstmals nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG).

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Hinweis

Arbeitnehmer, die die Sprechstunde des Betriebsrats oder aus anderen Gründen den Betriebsrat aufsuchen, haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit der Arbeitsversäumnis. Dazu zählen auch ggf. anfallende Wegezeiten (§ 39 Abs. 3 BetrVG). Gleiches gilt für die Teilnahme an Betriebs- oder Abteilungsversammlungen (§ 44 Abs. 1 S. 2 BetrVG).

Rechtsquelle

Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), § 44 Abs. 1 SGB V

Seminare zum Thema:
Entgeltfortzahlung (Arbeitnehmer)
Zusammenarbeit der Generationen
Betrieblicher Umweltschutz und Energiemanagement
Vom Fehlzeitenmanagement zur Präventionskultur
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