Lexikon
Entlohnungsgrundsätze

Entlohnungsgrundsätze

ifb-Logo
Redaktion
Stand:  4.9.2025
Lesezeit:  01:30 min

Kurz erklärt

Die Arbeitspflicht und deren Vergütung bilden die zentralen Aspekte eines Arbeitsverhältnisses. Damit für gleiche Arbeit gleicher Lohn gezahlt wird, bedarf es der Einführung von Entlohnungsgrundsätzen. Diese sollen zu durchschaubaren und vorhersehbaren Entscheidungen führen. Sie werden dadurch zu wichtigen Garanten einer Gleichbehandlung der Arbeitnehmer. Die Entlohnungsgrundsätze betreffen damit die Einführung eines Systems, nach welchem die Mitarbeiter bezahlt werden. 

Kostenlose ifb-Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unseren Newslettern für Betriebsräte, SBV und JAV.
Jetzt abonnieren

Begriff

Abstrakt-generelle Grundsätze zur Lohnfindung. Dazu zählt z.B. eine Vergütungsgruppenordnung als Ausdruck der Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander (BAG v. 28.4.2009 – 1 ABR 97/07 in NZA 2009,1102 Rn. 19). Zu den Entlohnungsgrundsätzen gehört auch die Regelung, ob die Arbeit zeitbezogen im Zeitlohn oder leistungsbezogen z.B. im Akkord oder Prämienlohn vergütet werden soll. 

Entlohnungsgrundsätze Betriebsrat | © AdobeStock | Oleg

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen. Mitbestimmungspflichtig sind z. B.

  • die Aufstellung und Änderung einer betrieblichen Vergütungsordnung (Festlegung von Lohngruppen und Abstufung der Gruppen untereinander),
  • Entscheidungen über Entgeltformen (z. B: Zeit- oder Leistungslohn, Akkord- oder Prämienlohn oder eine umsatzorientierte Vergütung),
  • die Ausgestaltung übertariflicher (freiwilliger) Leistungen und sonstiger Sondervergütungen des Arbeitgebers.

Kommt es bei der Gestaltung von Entlohnungsgrundsätzen zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen (§ 87 Abs. 2 BetrVG).

Vergütungsgruppenordnung

Eine Vergütungsgruppenordnung betrifft ein Entgeltschema, welches die Eingruppierung der Arbeitnehmer in ein nach abstrakten Merkmalen differenziertes Vergütungssystem ermöglicht. Sie spiegelt die Wertigkeit der Arbeiten im Verhältnis zueinander wider. Der - mitbestimmt festzulegende - prozentuale Abstand der für die einzelnen Vergütungsgruppen zu zahlenden Entgelte ist Ausdruck der Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander (BAG v. 28.4.2009 – 1 ABR 97/07 in NZA 2009,1102 Rn. 19).  

Die Vergütungsgruppen können nach dem analytisch oder summarisch ermittelten Schwierigkeitsgrad der Arbeit aufgebaut werden. Der Schwierigkeitsgrad orientiert sich an den Anforderungen, welche die Verrichtung der Arbeit an den Arbeitnehmer stellt. Meistens werden fünf Anforderungsarten bewertet. Dazu gehören die erforderlichen Fachkenntnisse in abgestuftem Umfang, Geschicklichkeit, körperliche und geistige Anstrengung bei der Arbeit, Verantwortung für Menschen und Sachen, Umgebungseinflüsse wie Staub und Lärm. Der Schwierigkeitsgrad wird in Punkten dargestellt. Die erreichte Punktzahl ist für die Entgeltgruppe und die Vergütungshöhe maßgebend. Den "Ecklohn" von dem ausgehend aufgrund der prozentualen Abstände der Vergütungsgruppen die Vergütungshöhe bestimmt wird, legt der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei fest. Eine Abhängigkeit vom Mindestlohn als einer Bezugsgröße für die Berechnung der prozentualen Abstände der Vergütungsansprüche besteht in der Regel nicht. Dieser hat für die Berechnung der ecklohnbasierten Tabellenvergütung in der Regel keine Bedeutung (BAG v. 27.4.2021 - 1 ABR 21/20 in NZA 2021, 967 Rn. 15 und 16).

Entgeltformen

Zu den Entgeltformen rechnet die Bezahlung der Arbeit auf reiner Zeitbasis als z.B. Zeitlohn oder Gehalt. Leistungsbezogene Vergütungen wie im gewerblichen Bereich Akkordlohn, Prämienlohn oder im Angestelltensektor Provisionen, Bonuszielvereinbarungen und Gewinnbeteiligungen stellen weitere Entgeltformen dar.  

Ein Zeitlohn liegt vor, wenn das Entgelt der jeweiligen Vergütungsgruppe rein zeitbestimmt ermittelt wird. Auf den Leistungsgrad kommt es nicht an. Es genügt, wenn der Arbeitnehmer tut, was er soll, und das so gut, wie ihm möglich (BAG v. 11.12.2003 - 2 AZR 667/02 in NZA 2004,784). Leistungsunterschiede werden hier in der Regel durch die Zahlung von Zulagen berücksichtigt. 

Die Bezugsgröße für die Akkordentlohnung bildet immer eine auf Stückzahlen oder anderen mess- und zählbaren Größen aufgebaute Entlohnung.
Die Bezahlung hängt von deren Steigerung ab. Die Verdienstchance des Arbeitnehmers ist mit der richtigen Bestimmung der Normalleistung verbunden. "Die Normalleistung (100%) ist die Leistung, die von jedem genügend geeigneten Arbeitnehmer nach genügender Übung und Einarbeitung ohne Gesundheitsstörung auf die Dauer erreicht und erwartet werden kann." (siehe ERA-TV NRW § 7Ziff. 3). 
Die Bestimmung der als Normalleistung der Verdienstberechnung zugrunde zu legenden Größe unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Werden statt richtig 10 Minuten pro Stück fälschlich als Zeitvorgabe 8 Minuten festgesetzt muss der Mitarbeiter bereits 120 % als Leistungsgrad erreichen um mehr als den Grundlohn zu verdienen. 

Beim Prämienlohn bildet die Bezugsgröße eine Einheit, an deren Steigerung der Betrieb ein Interesse und der Arbeitnehmer darauf einen Einfluss hat. In Betracht kommen z.B. Größen wie die Qualität, der Grad der Maschinennutzung, Zahl fehlerfrei gefertigter Stücke usw. 

Ein Beispiel für eine Bonuszielvereinbarung findet sich in der Entscheidung des BAG v. 13.102021 - 10 AZR 729/19 in NZA 2022,268).

Regelungsspielraum

In tarifgebundenen Betrieben besteht ein Bedarf für die Mitbestimmung des Betriebsrats nur insoweit, wie der anzuwendende Entlohnungsgrundsatz nicht bereits abschließend und vollständig im Tarifvertrag geregelt ist. Lautet die tarifliche Regelung z.B. "Arbeiten die im Leistungslohn vergeben werden können, sind im je nach Eignung im Akkord - oder Prämienlohn zu bezahlen", besteht noch erheblicher Spielraum für die Mitbestimmung des Betriebsrats. 
Betriebsräte in Betrieben, deren Arbeitgeber nicht tarifgebunden oder nur OT-Mitglieder im Arbeitgeberverband sind, bestimmen bei allen, die Entlohnungsgrundsätze betreffenden Fragen mit Ausnahme der Festsetzung der Lohnhöhe mit.

Betriebsvereinbarungen

Betriebliche Regelungen, die Entlohnungsgrundsätze beinhalten, werden durch Betriebsvereinbarungen verbindlich für die Mitarbeiter eingeführt und geändert (§ 77 Abs. 4 BetrVG). Der für Betriebsvereinbarungen über Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen grundsätzlich zu beachtende Tarifvorbehalt (Regelungssperre, § 77 Abs. 3 BetrVG) greift nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 BetrVG) unterliegen (BAG v 3.12.1991 - GS 2/90). In Betrieben, deren Arbeitgeber tarifgebunden sind, sind in diesem Rahmen betriebliche Entgeltvereinbarungen nur zulässig, soweit sie nicht durch einen Tarifvertrag abschließend festgelegt sind (Tarifvorrang, BAG v. 29.4.2004 - 1 ABR 30/02). Ausnahmsweise kann der Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen in diesen Fällen zulässig sein, wenn dies der Tarifvertrag ausdrücklich erlaubt (Öffnungsklausel).

Rechtsquelle

§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG

Diese Lexikonbegriffe könnten Sie auch interessieren
Aktuelle Videos zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren

Stechuhr-Urteil: Wie läuft das bei Zeitungszustellern?

Das sogenannte Stechuhr-Urteil hat im September 2022 für einen Paukenschlag gesorgt. Wichtigste Kernaussage: In Deutschland besteht eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung! Für viele Arbeitnehmer ist es kein Problem, sich in Systeme einzuloggen oder manuell zu stempeln. Was aber, wenn es kei ...
Mehr erfahren

Kommt die 4-Tage-Woche jetzt nach Deutschland?

Die Studienauswertung zur 4-Tage-Woche steht. Anhand von Zwischenergebnissen ist zu erkennen: In den Test-Firmen kommt das neue Modell gut an. Und das nicht nur bei den Arbeitnehmern, auch die Arbeitgeber waren positiv überrascht. Aber war die England-Studie wirklich repräsentativ? Kann si ...
Mehr erfahren
Das LAG Düsseldorf bestätigt und ergänzt: Auch vollständig freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen nicht aus dem betrieblichen Zeiterfassungssystem „herausgehalten“ werden. Ihre Anwesenheitszeiten im Rahmen der Betriebsratsarbeit sind vollständig zu dokumentieren – ohne Kappung oder automatische Kürzungen.