Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Vollständige Arbeitszeiterfassung für freigestellte Betriebsräte

Das LAG Düsseldorf bestätigt und ergänzt: Auch vollständig freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen nicht aus dem betrieblichen Zeiterfassungssystem „herausgehalten“ werden. Ihre Anwesenheitszeiten im Rahmen der Betriebsratsarbeit sind vollständig zu dokumentieren – ohne Kappung oder automatische Kürzungen. 

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2025, 11 SLa 594/24 

ifb-Logo
Redaktion
Stand:  2.9.2025
Lesezeit:  01:15 min
Teilen: 

Das ist passiert

Eine vollständig freigestellte Betriebsrätin in einem Chemieunternehmen erfasste die Zeiten ihrer Betriebsratstätigkeit über das elektronische Zeiterfassungssystem. Dieses System führt einen automatischen Pausenabzug durch und kappt Zeiten, die außerhalb bestimmter Uhrzeiten liegen oder eine Arbeitszeit von 10 Stunden überschreiten. Diese Art der Zeiterfassung beruht auf einer Betriebsvereinbarung. 

Die Klägerin verlangte, dass ihre Zeiten der Betriebsratstätigkeit im Zeiterfassungssystem vollständig erfasst werden – einschließlich aller Beginn-, End- und Pausenzeiten – und dass keine Kürzungen („Kappungen“) oder automatische Abzüge erfolgen. Die Beklagte vertrat die Ansicht, dazu könne sie nicht verpflichtet werden. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Arbeitszeiterfassung zur Verfügung zu stellen, diene nämlich dem Zweck, der zeitlichen Überbeanspruchung von Arbeitnehmern durch Arbeitszeit (im schutzrechtlichen Sinne) vorzubeugen. Dieser Zweck greife bei Betriebsratstätigkeit nicht. 

Das entschied das Gericht

Das Gericht urteilte, dass die Beklagte sehr wohl verpflichtet ist, die tatsächlichen Zeiten (Beginn und Ende sowie Pausen) der Betriebsratstätigkeit der Klägerin durch Teilnahme an dem eingerichteten System zur elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren. Denn wenn eine solche Dokumentation fehlt, kann es zu Abzügen vom Arbeitsentgelt führen, wenn ein Betriebsratsmitglied nicht im Umfang seiner Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit erbringt. Das Gericht hob außerdem hervor, dass dies ausnahmslos und ohne Kappung bestimmter Zeiten gelte. 

Unter welchen Voraussetzungen solche Kappungsregelungen überhaupt zulässig sind, ließ das Gericht ausdrücklich dahingestellt. Bei Kappungsgrenzen gehe es darum, wann weisungsgemäß Arbeit geleistet und nicht geleistet werden darf und/oder welche Arbeit zu vergüten ist. Da Betriebsratsmitglieder in Bezug auf ihre Betriebsratstätigkeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, richteten sich Vorgaben, mit denen die Ableistung zu bestimmten Arbeitszeiten unterbunden werden soll, schon denklogisch nicht an diese. 

Bedeutung für die Praxis

Dass auch freigestellte Betriebsratsmitglieder nicht aus der betrieblichen Zeiterfassung herausgenommen werden dürfen, hat das BAG schon 2013 entschieden (7 ABR 22/12). Hier ging es jedoch um die Art und Weise der Zeiterfassung von freigestellten Betriebsräten, nämlich zwingend vollständig und ohne automatische Pausenabzüge und Kappungen. Weil solche automatischen Korrekturen auch bei normalen Arbeitnehmern rechtlich umstritten sind und die Zeiterfassung der Betriebsräte in dem gleichen System erfolgen soll, ist eine Umsetzung dieses Urteils ohne Auswirkung auf alle Arbeitnehmer dieses Unternehmens kaum vorstellbar. Genau hier liegt die Brisanz dieses Urteils, nicht nur dem Arbeitgeber nicht gefällt, sondern hinter vorgehaltener Hand auch dem ein oder anderen Arbeitnehmervertreter wegen der damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten sauer aufstößt. (mb)