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Bewusstes Essen – mit Genuss!

© AdobeStock | Svetlana Kolpakova
Stand:  23.6.2025
Lesezeit:  03:15 min
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So groß ist der Einfluss von Betriebsräten auf die Ernährung im Arbeitsleben

Von der Auswahl des Kantinenbetreibers bis hin zu Snack-Optionen – Betriebsräte bestimmen beim Thema Ernährung mit und können so wesentlich zu einem gesünderen Arbeitsalltag ihrer Kollegen beitragen. Das sagt auch Julika Sonntag. Die Diätassistentin und ifb-Referentin spricht im Interview unter anderem über Halbwissen in Sachen Ernährung und warum es eigentlich relativ einfach ist, sich ausgewogen zu ernähren.

Julika, welche Bedeutung hat Ernährung im Arbeitsleben heutzutage?

Julika Sonntag: Das ist ein bisschen geteilt. Es gibt Mitarbeiter, die sehr gesundheitsbewusst sind – die wissen, dass ihnen eine ausgewogene Ernährung im Alltag gut tut und achten da auch aktiv drauf. Dann gibt es aber auch viele, die einfach falsche oder unvollständige Informationen haben. Das liegt oft an Social Media, wo sich leider viel Halbwissen verbreitet. Und dann gibt’s natürlich auch diejenigen, die gar nicht wissen, dass ihr Essverhalten langfristig der Gesundheit schaden kann – einfach, weil das Thema bei ihnen bisher keine große Rolle gespielt hat.
In größeren Unternehmen ist Ernährung inzwischen oft auf der Agenda. Da gibt es Kantinenkonzepte, Angebote zur Gesundheitsförderung oder auch mal Infoveranstaltungen. In vielen mittelständischen Betrieben dagegen wird das Thema noch eher stiefmütterlich behandelt.

Du sprichst von Halbwissen: Welche falschen Informationen kommen Dir denn häufiger unter?

Julika Sonntag: Beispielsweise zur Bedeutung von Eiweiß. Unser Körper braucht Eiweiß, ganz klar. Aber rund um Proteinprodukte ist mittlerweile ein regelrechter Hype entstanden und man hat schnell das Gefühl, man müsse ständig zusätzliches Eiweiß zuführen. Dabei ist eine ausgewogene Ernährung in den allermeisten Fällen völlig ausreichend. Wer regelmäßig isst, auf Vielfalt achtet und gute Lebensmittel auswählt, deckt seinen Bedarf in der Regel ganz problemlos. Ein überhöhter Konsum bringt selten einen gesundheitlichen Mehrwert – kostet oft nur eine Menge Geld.
Generell empfinden viele Ernährung als komplex und haben sich im Laufe der Zeit eine feste Meinung dazu gebildet. Genau das macht es so herausfordernd, neue Impulse zu setzen oder wissenschaftlich fundiertes Wissen wirklich ankommen zu lassen. Eigentlich bräuchte es fast eine Rundumbetreuung, um Zusammenhänge aufzuzeigen und ihnen Ursache und Wirkung direkt vor Augen zu führen. Ernährung ist eben ein emotional besetztes Thema. Jeder hat Erfahrungen, jeder fühlt sich kompetent – schließlich ernähren wir uns alle täglich. 

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Ernährung ist eben ein emotional besetztes Thema

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Wie gelingt denn unkompliziert eine gesunde Ernährung im Alltag?

Julika Sonntag: Nun ja, es gibt den Ansatz „intuitives Essen“. Im Grunde weiß unser Körper sehr gut, was er braucht. Natürlich prägen uns auch früh erlernte Essgewohnheiten – doch wenn wir lernen, wieder auf unsere Körpersignale zu hören, also intuitiv zu essen, treffen wir meist automatisch bessere Entscheidungen. Und das ganz ohne komplizierte Regeln oder ständigen Verzicht.
Ein gutes Beispiel: Wer sich überwiegend pflanzlich ernährt und regelmäßig Vollkornprodukte integriert, unterstützt den Körper gezielt mit wichtigen Vitalstoffen – und hat so seltener Heißhunger auf süße oder fettige Snacks. 
Im Kern geht es also immer wieder um die richtige Balance: Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralstoffe in einem ausgewogenen Verhältnis. Wichtig ist, sich alltagstaugliche Routinen zu schaffen. So wird Essen weniger zur Kopfsache, vieles läuft wieder intuitiver ab und der Genuss kommt ganz automatisch mit. Und: Wer mit Genuss isst, isst meist auch bewusster – und damit weniger.

Wie können Betriebsräte die Kollegen bei einer gesunden Ernährung unterstützen?

Julika Sonntag: Da gibt es tatsächlich einige Hebel. Betriebsräte können an vielen Stellen ansetzen, um gesunde Ernährung im Arbeitsalltag zu fördern. So können sie etwa bei der Auswahl des Kantinenbetreibers mitentscheiden und dabei auf Qualität achten – zum Beispiel auf frische Zutaten oder eine ausgewogene Zubereitung. Auch bei der Preisgestaltung haben sie ein Mitspracherecht: Gesunde Optionen lassen sich so gezielt fördern, zum Beispiel durch Zuschüsse für ausgewählte Gerichte. Zudem dürfen Betriebsräte Einfluss auf die Öffnungszeiten der Kantine nehmen. Diese lassen sich so anpassen, dass auch Schichtarbeitende versorgt werden – zum Beispiel durch To-go-Angebote für die Nachtschicht.
Und natürlich ist auch die Ausstattung der Pausenräume ein wichtiger Punkt: Kühlschränke, Mikrowellen oder Wasserspender sind einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen, um gesunde Ernährung im Arbeitsalltag zu erleichtern. Darüber hinaus können sie Ideen einbringen für Workshops, einen Gesundheitstag oder eine Ernährungsberatung. 

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Kühlschränke, Mikrowellen oder Wasserspender sind einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen.

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Das Thema Betriebskantine polarisiert – die kurzzeitige Verbannung der Currywurst aus der VW-Kantine machte Schlagzeilen …

Julika Sonntag: Eine Verbannung bestimmter Lebensmittel halte ich grundsätzlich für problematisch. Mitarbeiter sollten immer die Wahl haben. Es bringt wenig, den Menschen etwas überzustülpen. Am Ende gilt: Die Dosis macht das Gift. Entscheidet sich der Mitarbeiter freiwillig für die gesündere Option, Vielleicht, weil er vorher einen inspirierenden Vortrag gehört hat – dann ist das meist nachhaltiger. Generell bin ich kein Fan von starren Ernährungsregeln, die Lebensmittel in ‚gut‘ und ‚böse‘ einteilen. Sinnvoller ist es, schrittweise Veränderungen anzustoßen und positive Impulse zu setzen – zum Beispiel, indem man den Gemüseanteil in Kantinenangeboten erhöht oder gesunde Alternativen sichtbarer und attraktiver gestaltet. Entscheidend ist, dass all das ohne erhobenen Zeigefinger geschieht.

Viele Menschen arbeiten in Schichtmodellen, andere haben körperlich anstrengende Berufe: Sollten sich diese grundsätzlich anders ernähren?

Julika Sonntag: Eigentlich nicht. Auch bei körperlich arbeitenden Menschen kommt es vor allem auf das richtige Verhältnis an. Wer viel Energie verbraucht, braucht natürlich mehr Kalorien und kann auch mehr sogenannte ‚Bausteine‘ – also Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette – zu sich nehmen. Der Schokoriegel am Nachmittag ist also bei jemanden mit körperlich anstrengendem Job weniger das Problem als bei jemandem, der den ganzen Tag im Büro sitzt. 
Aber: Wenn zum Beispiel mehr Fleisch oder Kohlenhydrate gegessen werden, sollte auch der Gemüseanteil steigen, um die Balance zu halten. Im Schichtdienst ist es ganz ähnlich. Die Ernährung unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den allgemeinen Empfehlungen. Entscheidend sind hier vor allem zwei Dinge: ein möglichst regelmäßiger Essensrhythmus und eine gute Lebensmittelauswahl. 

Was antwortest Du Leuten, die sagen: „Ich habe gar keine Zeit, mich ausgewogen zu ernähren!“?

Julika Sonntag: Nimm Dir die Zeit! Wenn es unter der Woche stressig ist, lohnt es sich, am Wochenende kurz zu planen, was auf den Tisch kommen soll. Wer vorbereitet ist, spart im Alltag nicht nur Zeit, sondern trifft auch bessere Entscheidungen. Vorgekochte Mahlzeiten lassen sich wunderbar einfrieren. Und es gibt auch gute, alltagstaugliche Fertigprodukte, etwa Gnocchi oder tiefgekühltes Gemüse, die sich schnell und ausgewogen kombinieren lassen. Generell sollte sich jeder die Zeit für eine ausgewogene Ernährung nehmen, schließlich ist es unsere Lebensgrundlage. 

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Generell sollte sich jeder die Zeit für eine ausgewogene Ernährung nehmen, schließlich ist es unsere Lebensgrundlage.

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Abgesehen von der Betriebskantine: Wie können Arbeitgeber auf die Ernährung ihrer Mitarbeiter achten?

Julika Sonntag: Ein guter Einstieg sind sicherlich Gesundheitstage, bei denen verschiedenste Parameter mit Checks abgefragt werden. Auch der Besuch eines Ernährungsberaters mit konkreten Tipps wäre ein guter Start. Nach einem halben Jahr könnte das wiederholt werden, um die Werte zu kontrollieren. Hat sich etwas verbessert? Und selbst kleine Maßnahmen zeigen Wirkung: Kostenfreies Wasser, ausgelegte Rezepte oder gesunde Snacks können bereits einen positiven Effekt auf das Essverhalten haben.

… gleichzeitig könnten sich Betriebe über die Ernährung von Konkurrenten abheben.

Julika Sonntag: Ja, durchaus – eine gute Kantine oder ein überzeugendes Verpflegungskonzept spricht sich schnell herum und kann die Attraktivität eines Unternehmens deutlich steigern. Gerade für viele junge Talente spielt gesunde Ernährung heute eine wichtige Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers. Und: Wenn es Unternehmen gelingt, gesunde Ernährung zum festen Teil ihrer Kultur zu machen, kann das sogar ein echter Wettbewerbsvorteil sein. Allerdings lässt sich das nicht von heute auf morgen verankern. Dafür braucht es Zeit – und vor allem ein gemeinsames Verständnis von Gesundheit im Unternehmen. 

Gibt es etwas, das Du Dir hinsichtlich der Ernährung im Arbeitsalltag wünschen würdest?

Julika Sonntag: Ich wünsche mir, dass Ernährung im Arbeitsalltag mehr Bedeutung bekommt und stärker in den Fokus der Führungsebene rückt. Dabei geht es nicht nur um die Kantine, sondern um das gesamte Unternehmen.
Gesunde Ernährung sollte kein „nice to have“ sein, sondern ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur. Wenn Unternehmen Ernährung als Teil ihrer Verantwortung verstehen, haben alle etwas davon – Mitarbeiter, Führungskräfte und das Unternehmen selbst.

Julika Sonntag

Betriebswirtin

Julika Sonntag ist Betriebswirtin, schwenkte im Jahr 2017 jedoch komplett auf das Thema Ernährung um und absolviert eine Ausbildung zur zertifizierten Diätassistentin. Neben ihrer Berater- und Referententätigkeit ist sie sie heute auch in Kindertagesstätten im Einsatz.

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