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Der Wirtschaftsausschuss als unternehmensinternes Frühwarnsystem
Mitglieder im Wirtschaftsausschuss sind ganz nah dran an der Unternehmensführung, bekommen Einsicht in spannende betriebswirtschaftliche Daten. Welche davon sind wichtig? Und helfen sie, bei Schieflage rechtzeitig gegenzusteuern? Fragen, die sich auch Dr. Guido Heinrich stellt. Der Chemiker ist Sprecher des Wirtschaftsausschusses beim Pharmaunternehmen A. Menarini Research & Business Service GmbH. Er gibt interessante Einblicke, wie die Sitzungen in ihrem Wirtschaftsausschuss ablaufen, warum die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber funktioniert und auf welche Zahlen er besonders achtet.
Nach einer kurzen, freundlichen Begrüßung bedankt sich Dr. Guido Heinrich bei allen Anwesenden fast schon traditionell für die Teilnahme an der Sitzung. Es folgen zwei, drei persönliche Worte, ehe im Anschluss die wirtschaftliche Lage erörtert wird und der Geschäftsführer das Budget vorstellt. Danach werden ein paar aktuelle Dinge besprochen, bevor es um die konkrete Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung geht. Stehen beispielsweise Personalveränderungen an? So oder so ähnlich sieht eine typische Sitzung des Wirtschaftsausschusses der A. Menarini Research & Business Service GmbH (RBS) aus. „Ich versuche immer, mich an der Agenda zu orientieren und alles unterzubringen, was ich im Vorfeld abgefragt habe – das gebietet die Fairness“, gibt Ausschusssprecher Dr. Guido Heinrich einen kleinen Einblick in interne Sitzungsdetails.
© AdobeStock | JHVEPhoto
Die Menarini Group ist ein italienisches Pharmaunternehmen, das in den Neunzigerjahren die Berlin-Chemie AG übernommen hat. 2013 wurde der Standort in Berlin-Adlershof, die heutige A. Menarini RBS, abgespalten. Neben dem Schwerpunkt der Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln bietet A. Menarini RBS heute spezialisierte Dienstleistungen an, unter anderem in den Bereichen Finanzen & Controlling, IT, Einkauf, Facility Management und Engineering für andere Unternehmen des Menarini Konzerns. „Alles ein wenig kompliziert für Außenstehende, in jedem Fall ist es ein historischer Standort“, bringt es Dr. Heinrich auf den Punkt – den Standort gibt es seit 1890, damals noch als Kahlbaum Laborpräparate.
Der 60-Jährige ist bereits seit 1988 im Unternehmen und hat in dieser Zeit „viele Höhen und Tiefen mitgemacht“, wie er sagt. Der Chemiker promovierte im Betrieb und ist heute Leiter eines Teams in der Forschung, das sich um die Haltbarkeit von klinischen Prüfpräparaten kümmert. 2013 gehörte Dr. Heinrich nach dem Unternehmensübergang zu den Gründungsmitgliedern des Betriebsrats und vertritt seither in einem Elfer-Gremium die Interessen der rund 400 Mitarbeiter. Über 100 Mitarbeiter – damit ist ein Wirtschaftsausschuss Pflicht.
Neben Dr. Guido Heinrich als Sprecher, dem Betriebsratsvorsitzenden, seiner Stellvertreterin und einem weiteren Betriebsratsmitglied gehören der Vorsitzende Geschäftsführer sowie der Geschäftsführer Personal dem Ausschuss an. „Damit sind beide wichtigen Aufgabenfelder für die wirtschaftlichen Angelegenheiten eingebunden.“ Einen Wirtschaftsausschuss zu haben, ist aus Sicht von Dr. Guido Heinrich sowohl für Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite generell von großem Interesse: „Man bekommt ein Verständnis, was wirtschaftlich abläuft und warum manche Zwänge notwendig sind. Gleichzeitig haben wir die Chance, konkret nachzufragen und auf der anderen Seite Denkprozesse bei der Geschäftsführung anzustoßen.“ Etwa alle drei Monate trifft sich der Wirtschaftsausschuss, häufiger sei nicht notwendig, schließlich gebe es eine gewisse Kontinuität, da man als Dienstleister eng an den Schwester-Konzern angebunden ist.
Ob Dr. Guido Heinrich und seine Betriebsratskollegen im Wirtschaftsausschuss alle Zahlen im Detail vorgelegt bekommen, können sie nicht abschließend beantworten. Bisher haben sie die angefragten Informationen stets rechtzeitig und umfassend erhalten, insbesondere, wenn es um Budgetfragen geht. „Ich schaue mir zum Beispiel immer die Rückstellungen an und frage dann auch kritisch nach, wenn ich feststelle, dass es welche gibt.“ Werden solche Themen im Vorfeld besprochen, kann vieles abgefedert werden, ebenso ist es beim Umgang mit Mitarbeitern, falls hier was im Argen liegt. Der Wirtschaftsausschuss als unternehmensinternes Frühwarnsystem – so soll es sein. Bis dato konnten größere Auseinandersetzungen gänzlich vermieden werden. Das läge einerseits an der Geschäftsführung, die den Betriebsrat laut Dr. Guido Heinrich als wichtiges Instrument ansieht und anderseits daran, dass sie sich im Gremium nicht von Gefühlen leiten lassen: „Sobald ich anfange, in Emotionalität zu verfallen, habe ich verloren.“
© Guido Heinrich
„Es schadet auf alle Fälle nicht, Spaß an Zahlen zu haben“, sagt Dr. Guido Heinrich über Eigenschaften, die ein Mitglied des Wirtschaftsausschusses mitbringen sollte. Klar, geht es darin nun mal um betriebswirtschaftliche Angelegenheiten. „Es beflügelt einen selbst, wenn ich bestimmte Prozesse verstehe und ‚open minded‘ gegenüber diesen Themen bin.“ All das immer vor dem Hintergrund, dafür zu sorgen, das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen – so das gemeinsame Ziel von Arbeitgeber, Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss bei A. Menarini RBS. „Wir haben kein Interesse, in eine Blockadepolitik zu verfallen, unser Wunsch ist eine konstruktive Zusammenarbeit.“ Das bedeute allerdings nicht, „dass wir nicht im Interesse der Mitarbeit kritisch nachfragen, wenn uns Veränderungen nicht gefallen“. In jedem Fall geht es um den Willen an einer guten Zusammenarbeit und dabei helfen unter anderem verschiedene Ausschüsse, da die Arbeit so klar verteilt ist. Bei A. Menarini RBS gibt es neben dem Wirtschaftsausschuss einen Betriebsausschuss, den immer wichtiger werdenden IT-Ausschuss, einen Entgelt- sowie einen Kantinenausschuss, dem Dr. Guido Heinrich ebenfalls angehört. Gesunde Ernährung und wirtschaftliche Gesundheit des Unternehmens – passt irgendwie! (tis)
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