Fachartikel Wirtschaftsausschuss Protokollführung im Wirtschaftsausschuss

Protokollführung im Wirtschaftsausschuss

Notwendiges Übel oder sinnvolle Dokumentation?

„Wer führt das Protokoll?“ Eine Frage, die in jedem Gremium, egal ob ehrenamtlich oder nicht, ein Stöhnen hervorruft. Muss bei Wirtschaftsausschuss-Sitzungen überhaupt ein Protokoll geführt werden? Wenn ja, welcher Umfang macht Sinn? Und kann der Wirtschaftsausschuss einen Protokollführer bestellen?

Martina Wendt | ifb

Stand:  30.9.2025
Lesezeit:  04:15 min
Notwendiges Übel oder sinnvolle Dokumentation? | © AdobeStock | Buonaventura

Protokollführung: Regelungen im Betriebsverfassungsrecht

Im Betriebsverfassungsrecht ist in § 34 die Erstellung und der Inhalt einer sogenannten „Niederschrift“ – umgangssprachlich Protokoll – genau geregelt. Abweichungen davon sind weder erlaubt noch zu empfehlen: Die Protokolle dienen als Nachweis für die ordnungsgemäße und rechtsgültige Durchführung der Beschlüsse des Betriebsrats und werden im Zweifel bei Arbeitsgerichtsverfahren benötigt. Je nach herangezogener Kommentierung wird deutlich, dass diese Regelungen auch für die Ausschüsse des Betriebsrats (Fitting, 32. Auflage, Rn 7 zu § 34), einschließlich des Wirtschaftsausschusses (DKW, 19. Auflage, Rn 1 zu § 34) angewandt werden soll.

Protokollerstellung im Wirtschaftsausschuss: Pflicht oder Kür?

Die Kommentierungen im Fitting und DKW lassen darauf schließen, dass auch für Sitzungen des Wirtschaftsausschusses ein Protokoll erstellt werden muss. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass dies auch bei vorbereitender Tätigkeit der Ausschüsse notwendig ist, weil auch hier eine Beschlussfassung möglich sein kann. Daraus ließe sich schließen, dass der Wirtschaftsausschuss verpflichtet ist, eine Sitzungsniederschrift mit allen in § 34 BetrVG beschriebenen Inhalten zu erstellen.

Wirft man jedoch einen Blick in die Spezialregelungen für den Wirtschaftsausschuss, so wird schnell deutlich, dass diesem Gremium die Beschlussfassungskompetenz im Allgemeinen abgesprochen wird. Für die Bestellung von Sachverständigen oder die Einsetzung einer Einigungsstelle empfiehlt sich aber zumindest eine Meinungsbildung innerhalb des Wirtschaftsausschusses, bei der § 33 BetrVG analog angewandt werden sollte.

Trotz dieser nur in Ausnahmefällen notwendigen Meinungsbildung sind sich die Kommentierungen uneinig, ob der WA ein Protokoll zu erstellen hat. Fitting schreibt „Die Aufnahme einer Sitzungsniederschrift ist nicht erforderlich“ (32. Auflage, Rn 8 zu § 108), verweist aber gleichzeitig darauf, dass im Gemeinschaftskommentar zum BetrVG/Oetker eine andere Auffassung vertreten wird. In der Kommentierung von Däubler ist keine konkrete Aussage zu Protokollen in den speziellen Regelungen für den Wirtschaftsausschuss zu finden, allerdings wird bei der Organisation der WA-Arbeit wieder auf Protokolle des Wirtschaftsausschusses verwiesen.

Die Frage „Pflicht oder Kür“ lässt sich also nicht eindeutig beantworten und muss von jedem Gremium nach eigenem Ermessen entschieden werden.

Protokollerstellung im Wirtschaftsausschuss: Sinnvoll oder nicht?

Auch wenn die Aussicht, nicht zur Protokollführung verpflichtet zu sein, verführerisch ist und der Wirtschaftsausschuss dazu tendiert, auf die lästige Aufgabe zu verzichten: Einiges spricht doch dafür, auch ohne Pflicht eine Niederschrift zumindest von den gemeinsamen Sitzungen mit dem Unternehmer zu erstellen.

  1. Informationsweitergabe an den Betriebsrat: Für die Information des Betriebsrats über die wirtschaftlichen Angelegenheiten ist die reine Weitergabe des Protokolls nicht ausreichend. Trotzdem ist es für den Wirtschaftsausschuss eine gute Berichtsgrundlage und garantiert, dass keine wichtigen Details vergessen werden. Der Betriebsrat kann es außerdem als Anlage zu seinem Sitzungsprotokoll nehmen und muss nicht selbst möglicherweise komplizierte Sachverhalte selbst darstellen.
  2. Verbindlichkeit und Transparenz: Die Informationen, die Ihnen der Unternehmer in der Sitzung zur Verfügung stellt, können in einem Protokoll nochmal übersichtlich zusammengefasst werden. Sie können diese Zusammenfassung an Ihren Gesprächspartner in der Geschäftsleitung schicken und ihn bitten, nochmal gegenzulesen, ob aus der gemeinsamen Beratung alles richtig erfasst wurde und so mehr Verbindlichkeit in Richtung Unternehmer herstellen.
  3. Effizienzgewinn: Gerade bei Wirtschaftsausschüssen, die nicht monatlich tagen, kann die letzte Sitzung schon aus dem Gedächtnis sein, wenn das nächste Treffen ansteht. Wenn jedes Ausschussmitglied die Möglichkeit hat, im Protokoll nochmal nachzulesen, welche Punkte bereits besprochen wurden, kann daran nahtlos angeknüpft werden. Auch offene Punkte und Aufgaben können in einem Protokoll übersichtlich dargestellt werden, sodass jeder weiß, welche Aufgaben er aus der Sitzung mitgenommen hat.
  4. Nachvollziehbarkeit: In jedem Gremium kann es vorkommen, dass ein Sitzungstermin von einem Mitglied nicht wahrgenommen kann. Mit einem aussagekräftigen Protokoll besteht die Möglichkeit, sich schnell über die besprochenen Themen zu informieren und wieder in die Wirtschaftsausschuss-Arbeit einzusteigen.
  5. Professioneller Eindruck: Der Wirtschaftsausschuss kämpft oft damit, dass seine Relevanz für die Betriebsratsarbeit und auch das Unternehmen nicht wahrgenommen wird. Mit einer gut organisierten Wirtschaftsausschussarbeit – und dazu gehört auch die Protokollierung der Sitzungen – haben Sie die Möglichkeit, sowohl den BR als auch die Geschäftsleitung von Ihrem Mehrwert zu überzeugen.

Protokollführer für den Wirtschaftsausschuss

Für den Wirtschaftsausschuss wird man in der Regel nicht wegen seiner literarischen Fertigkeiten ausgewählt, sondern wegen der wirtschaftlichen Kenntnisse. Egal ob Wort-, Verlaufs- oder Ergebnisprotokoll: Was tun, wenn sich im Gremium niemand findet, der sich der Dokumentation der Sitzungen widmen möchte? Die Frage, ob auch für den Wirtschaftsausschuss ein Protokollführer hinzugezogen kann, der nicht Mitglied im Gremium ist, wurde vom Bundesarbeitsgericht bereits behandelt (BAG Beschl. v. 17.10.1990, Az.: 7 ABR 69/89). Hier wurde festgestellt, dass zu den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses kein Mitglied des Betriebsrats oder Gesamtbetriebsrats hinzugezogen werden darf, nur um Protokoll zu führen. Man könnte sonst den Wirtschaftsausschuss künstlich vergrößern. Im gleichen Beschluss wurde auch festgestellt, dass § 40 Abs. 2 BetrVG, in dem unter anderem geregelt ist, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat Büropersonal zur Verfügung zu stellen hat, auch für den Wirtschaftsausschuss gilt. Ob das Protokoll aber während der Sitzung zu schreiben ist oder hinterher anhand von Notizen des Gremiums erstellt werden muss, lässt das BAG offen.

In der Praxis wird jeder Wirtschaftsausschuss selbst entscheiden müssen, ob ein Protokoll geführt werden soll und wer dafür zuständig ist. Lassen Sie sich dabei gerne von unseren Argumenten für ein Protokoll beeinflussen und überlegen Sie, ob Sie während der Sitzung auf ein WA-Mitglied, dass sich auf die Niederschrift konzentrieren muss, in der Diskussion mit dem Unternehmer verzichten können. Ansonsten gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Betriebsrat auf die Geschäftsleitung zu und besprechen ein für Ihren Ausschuss passendes Vorgehen.

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