Das Amt des Betriebsratsmitglieds ist in diesen schwierigen Zeiten oft herausfordernd. Es erfordert nicht nur Resilienz, den Willen zur Weiterbildung, Konfliktlösungsfähigkeiten, Krisenfestigkeit und gute Kommunikation. Es wird neben den regulären Betriebstätigkeiten ausgeübt – oder besser gesagt, 'on top'. Jeden zufriedenzustellen, ist fast unmöglich. Die Angst vor einem Karriereknick und die zusätzliche Belastung schrecken ab. Die Arbeit des Betriebsrats erfolgt durch die Geheimhaltungspflicht oft im Verborgenen, und nur die Ergebnisse gelangen zur Belegschaft. Viele Mitarbeitern fragen sich, was macht so ein Betriebsrat eigentlich? Daher ist es kein Wunder, dass in einigen Unternehmen zu den Betriebsratswahlen nicht genügend Kandidaten motiviert werden können. Was also tun, wenn die Kandidatensuche erfolglos ist und sich nur wenige sich für dieses Amt interessieren?
Es kann sicherlich nicht schaden, schon mal die Bereitschaft in der Belegschaft abzufragen, wer sich denn für das Betriebsratsamt aufstellen lässt.
Wie ist die Kandidatenstimmung vor einer Wahl?
Sind Sie vielleicht Wahlvorstand oder im Betriebsrat und stehen kurz vor den nächsten Betriebsratswahlen? Wie sieht's denn aus mit der Stimmung unter den potenziellen Kandidaten vor Ihrer Wahl? Es kann sicherlich nicht schaden, schon mal die Bereitschaft in der Belegschaft abzufragen, wer sich denn für das Betriebsratsamt aufstellen lässt. Man bekommt schnell eine Vorstellung davon, ob genug Leute bereit sind mitzumachen. Besonders wenn der noch amtierende Betriebsrat nicht gerade heiß darauf ist, in eine zweite Amtszeit zu gehen. Am besten fängt man frühzeitig mit der Suche an, denn die Frist von zwei Wochen für eine oder mehrere Listen, je nach Wahlverfahren, ist doch recht knapp bemessen.
Achtung: nach § 20 Abs. 3 BetrVG muss der Arbeitgeber keine Kosten für Wahlwerbung tragen.
Summ, summ, summ – um Werbung kommt man nicht herum!
Der Tag ist gekommen und die Wählerliste wird fristgerecht aufgehängt. Spätestens jetzt ist eine Idee, für mehr Aufmerksamkeit gefragt. Vielleicht haben Sie als Wahlvorstand vom Arbeitgeber ein Budget für Wahlwerbung und Materialien? Aber Achtung: nach § 20 Abs. 3 BetrVG muss der Arbeitgeber keine Kosten für Wahlwerbung tragen. Doch nach Absprache mit der Unternehmensleitung sind Kleinigkeiten vielleicht erlaubt.
Damit alle Mitarbeiter informiert sind, ist eine nette Karte mit einer Biene darauf und dem Spruch „Fleißige Bienen werden als Betriebsrat gesucht“ eine nette Anregung bei der Belegschaft. Und eine leckere Schokobiene gibt es on top! So wird der Gedanke an das Amt vielleicht etwas versüßt.
Es wäre ideal, wenn der bestehende Betriebsrat zu einem Workshop einlädt, um interessierten Kollegen den Alltag ihres Amtes zu erklären und Fragen zu beantworten.
Workshop – Betriebsrat, so geht’s!
Das ist natürlich nur der Appetizer! Als Hauptgang wäre es ideal, wenn der bestehende Betriebsrat zu einem Workshop einlädt, um interessierten Kollegen den Alltag ihres Amtes zu erklären und Fragen zu beantworten. Dabei ist es wichtig, ehrlich zu sein. Denn das Betriebsratsamt hat sowohl sonnige als auch schattige Seiten.
Freche Plakate erregen Aufmerksamkeit!
Wo trifft sich die Belegschaft am liebsten? An welchem Ort schweift der Blick eines Mitarbeiters gerne ab und bleibt an einem bunten Plakat mit einem lustigen Spruch hängen? Meistens sind das die Kaffeeküchen, die Kantine oder der Eingangsbereich des Unternehmens.
Als Beispiel könnten die Plakate mit Tieren gestaltet sein, die eine Botschaft transportieren. Vielleicht das Faultier an einem Baum mit der Aussage: "Lass dich nicht hängen und werde Betriebsrat!" Oder der kecke Fuchs mit der Motivation: "Schlaue Füchse sind im Betriebsrat gefragt!" Aber auch Plakate mit bereits vorhandenen Kandidaten und fliegenden Haaren, die aufrufen: "Kandidaten für frischen Wind im Betriebsrat gesucht!" Aufsteller mit Wahlwerbung und eine Schüssel Süßigkeiten laden die Belegschaft in den Kaffeeküchen zum Lesen ein. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf.
Persönliche Ansprache – der beste Weg zur Kandidatensuche
Sprechen Sie persönlich mit Kollegen, die Sie als potenzielle Kandidaten sehen, und ermutigen sie, sich zur Wahl aufstellen zu lassen. Zeigen Sie ihnen, wie wichtig ihre Teilnahme am Betriebsrat für die Belegschaft ist. Manchmal fehlt dem Kollegen nur der Mut und die Wertschätzung für seine Kompetenzen, die für dieses Amt gut geeignet sind.
Während des Zeitraums einer Betriebsratswahl sollten alle Kanäle im Unternehmen genutzt werden, um eine kontinuierliche Kommunikation sicherzustellen.
Kommunikation über alle Kanäle
Während des Zeitraums einer Betriebsratswahl sollten alle Kanäle im Unternehmen genutzt werden, um eine kontinuierliche Kommunikation sicherzustellen. Ob E-Mail, Intranet, interner Social-Media oder Chat-Kanal - Der Wahlvorstand, der aktuelle Betriebsrat und potenzielle Kandidaten können hier aktiv sein. Eine freundliche Erinnerung daran, dass die Frist für die Kandidatur abläuft, ist immer sinnvoll. Vielleicht braucht es sogar einen kleinen Countdown, der regelmäßig alle daran erinnert, dass es noch Zeit gibt, sich für den Betriebsrat aufstellen zu lassen.
Die Frist ist vorbei und trotz Bemühungen sind es zu wenig Kandidaten?
Die Bewerbungsfrist ist abgelaufen. Die Kandidatenanzahl reicht nicht an die errechnete Anzahl von BR-Mitgliedern ran. Das kann tatsächlich vorkommen, aber laut einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG Aktenzeichen 7 ABR 26/23) ist es zum Glück möglich, einen Betriebsrat mit weniger Mitgliedern als gesetzlich vorgeschrieben zu wählen, wenn sich weniger Beschäftigte zur Wahl stellen als Sitze zu besetzen sind.
Was bedeutet das in der Praxis? Angenommen, das Unternehmen hat über 400 Mitarbeiter, dann müsste in diesem Fall ein 11-köpfiges Gremium gewählt werden. Stellen sich jedoch nur 10 Kandidaten zur Wahl, reduziert sich die Anzahl der BR-Mitglieder auf die nächstkleinere ungerade Anzahl – ein 9-köpfiges Gremium mit einem Ersatzmitglied. Sind es jedoch nur 8 Kandidaten, wird das Gremium auf 7 ordentliche Mitglieder mit einem Ersatzmitglied reduziert. An einer Freistellung für ein BR-Mitglied ändert sich nichts, denn diese richtet sich nach der Betriebsgröße und nicht nach der Anzahl der Mitglieder.
Ist das eine gute Nachrichten für die Belegschaft?
Im Prinzip ja! Denn weniger Betriebsräte sind besser als gar keiner. Mitarbeiter eines Unternehmens sollten sich aber bewusst sein: Gute Betriebsratsarbeit erfordert Zeit, sei es für Weiterbildung oder Verhandlungen. In großen Firmen, die weniger Betriebsratsmitglieder als gesetzlich vorgeschrieben haben, fehlt dem reduzierten Betriebsratsgremium die Ressource, um anstehende Themen voranzubringen. Das betrifft jeden im Betrieb. Wer sich nicht traut, sollte dennoch in das Becken der Mitbestimmung springen. In den verschiedenen Tätigkeitsfeldern findet jeder sein passendes Herzensprojekt, und alles andere kann man lernen. (sw)