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News Betriebsverfassungsrecht RSU und RSA: Mitbestimmung – in Italien

RSU und RSA: Mitbestimmung – in Italien

Arbeitnehmervertretung zwischen Gewerkschaft und Verhandlung

Wenn deutsche Betriebsräte nach Italien blicken, reiben sie sich vermutlich erstaunt die Augen – und das nicht nur wegen des leckeren Cappuccinos in der Betriebskantine. Auch die Art und Weise, wie Arbeitnehmervertretung in Italien organisiert ist, unterscheidet sich deutlich vom deutschen Modell. Hier kommt ein Überblick.

Stand:  23.6.2025
Lesezeit:  02:30 min
Mitbestimmung Italien | © AdobeStock | rh2010

RSU und RSA – die italienische Variante der Arbeitnehmervertretung

In Italien gibt es gleich zwei Modelle für die betriebliche Arbeitnehmervertretung: die RSA und die RSU. Und wer jetzt denkt, das klingt wie eine neue Pastaform – keine Sorge, wir klären auf.

Die RSA (Rappresentanze Sindacali Aziendali) ist sozusagen die klassische Gewerkschaftsvertretung im Betrieb. Sie kann schon ab 15 Beschäftigten gegründet werden. Die RAS wird von den Arbeitnehmern gewählt, die einer bestimmten Gewerkschaftsorganisation angehören. Jede Gewerkschaft, die im Unternehmen präsent ist, kann ihre eigenen RSA wählen. Die RSA vertritt dabei nicht nur ihre Mitglieder, sondern gleich alle Beschäftigten.

Die RSU (Rappresentanze Sindacali Unitarie) ist eine etwas modernere Form – entstanden durch ein Abkommen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Auch sie setzt mindestens 15 Mitarbeiter im Betrieb voraus. Die Besonderheit: Die Gewerkschaften schlagen die Kandidaten vor, gewählt wird dann von der Belegschaft. Wer eine RSU hat, braucht keine RSA mehr – Doppelvertretung wäre dann doch zu viel des Guten.

...die italienischen Vertreter sind stark mit den Gewerkschaften verzahnt.

Und der Unterschied zum deutschen Betriebsrat?

Während hierzulande der Betriebsrat ein gesetzlich verankertes, unabhängiges Gremium ist, sind die italienischen Vertreter stark mit den Gewerkschaften verzahnt. Die italienische Verfassung gewährt den italienischen Arbeitnehmerkollegen das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren.

Keine Gewerkschaft im Betrieb? Dann kommt sie eben von außen!

Auch im gewerkschaftsverliebten Italien ist nicht jeder Betrieb mit einer eigenen Arbeitnehmervertretung gesegnet. Vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen ist oft: niente. Keine RSU, keine RSA, kein gewählter Ansprechpartner für die Belegschaft.
Aber: Ganz ohne geht’s nicht. Fehlt die interne Vertretung, rücken die externen Gewerkschaftsvertreter an und übernehmen  das, was sonst die RSU oder RSA machen würden: Verhandeln, vertreten, mitmischen – vor allem bei heiklen Themen wie Massenentlassungen, Betriebsübergängen oder Kurzarbeit. In solchen Fällen ist die Beteiligung einer Gewerkschaft sogar Pflicht – sonst ist das ganze Verfahren nicht  rechtsgültig.

Statt klar geregelter Mitspracherechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz geht es in Italien eher um Verhandlungsgeschick.

Mitreden, aber nicht mitentscheiden – Mitbestimmung auf Italienisch

Ob RSA oder RSU – die Mitbestimmungsrechte italienischer Arbeitnehmervertretungen unterscheiden sich grundlegend vom deutschen Modell der betrieblichen Mitbestimmung. Statt klar geregelter Mitspracherechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz geht es in Italien eher um Verhandlungsgeschick. Gesetzlich verankerte Mitbestimmung bei innerbetrieblichen Entscheidungen? Fehlanzeige. RSA und RSU dürfen zwar mitreden, aber nicht mitentscheiden – und das meist nur im Schulterschluss mit den Gewerkschaften, vor allem im Rahmen von Tarifverhandlungen.

In Italien ist die gewerkschaftliche Präsenz hoch.

Gewerkschaften überall – zumindest theoretisch

In Italien ist die gewerkschaftliche Präsenz hoch – zumindest auf dem Papier. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten sind Mitglied in einer Gewerkschaft. Aber interessant: Etwa die Hälfte davon sind bereits im Ruhestand. Das wäre dann so, als würde der deutsche Betriebsrat zur Betriebsversammlung die halbe Kegelgruppe seines Opas mitbringen.
Trotzdem gibt es in Italien drei große Gewerkschaftsbünde: CGIL, CISL und UIL. Früher politisch klar getrennt, heute eher pragmatisch unterwegs – aber nicht immer einer Meinung. 

Tarifverhandlungen – zwischen Pizza und Bürokratie

Tarifverhandlungen finden in Italien traditionell auf zwei Ebenen statt: auf Branchenebene und auf Unternehmensebene. Klingt erstmal vertraut. Doch seit einem umstrittenen Abkommen im Jahr 2009 (das von einigen Gewerkschaften, aber nicht von allen unterschrieben wurde), ist das System... sagen wir mal: „flexibler geworden“. Oder aus deutscher Sicht: „chaotisch“. Es hat zu einer Verlagerung zwischen beiden Verhandlungsebenen und zur Spaltung der Gewerkschaften geführt.

Sicherheit geht vor – auch in Italien.

Arbeitsschutz – gut gemeint, aber ausbaufähig

Sicherheit geht vor – auch in Italien. Doch während in Deutschland Arbeitgeber und Betriebsrat in einem Arbeitsschutzausschuss gemeinsam über Schutzmaßnahmen beraten, läuft es in Italien etwas anders. In kleineren Betrieben gibt es direkt gewählte Sicherheitssprecher, in größeren übernimmt die RSU diese Aufgabe.
Besonderheit: In Kleinstbetrieben (von denen es viele gibt) kümmern sich sogenannte territoriale Sicherheitssprecher um den Arbeitsschutz – also Vertreter auf regionaler Ebene. Vielleicht keine schlechte Idee für Regionen mit vielen kleinen Unternehmen.

Fazit: Viel Gewerkschaft, wenig Mitbestimmung – aber mit Espresso und Dolce Vita

Die italienische Arbeitnehmervertretung ist stark gewerkschaftlich geprägt, organisiert sich vorwiegend über die RSUs. Es zeigt sich: Es gibt viele Wege, Arbeitnehmerinteressen zu vertreten – auch wenn sie nicht alle nach deutschem Geschmack sind.
Ein deutscher Betriebsrat würde wohl sagen: „Interessant – aber ohne echtes Mitbestimmungsrecht wär’s bei uns nicht mal ein Betriebsfest wert.“ Die Italiener wiederum würden lächeln, einen doppelten Espresso trinken und sagen: „Va bene – bei uns läuft’s eben ein bisschen anders.“

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