Erstes Beispiel: Geltungsbereich
Es beginnt mit dem Geltungsbereich: Die Betriebsvereinbarung soll für alle „Beschäftigten“ des Unternehmens“ gelten. Eine weitere Definition dazu, was die Vertragsparteien unter dem Wort „Beschäftigte“ verstehen, erfolgt nicht. Auch wenn die Begriffe „Beschäftigte“ und „Arbeitnehmer“ im allgemeinen Sprachgebrauch gleichgesetzt werden, gibt es je nach juristischer Betrachtungsweise (z.B. sozialversicherungsrechtlich nach SGB IV oder datenschutzrechtlich nach § 26 BDSG) feine Unterschiede. Verwendet man in der Betriebsvereinbarung dagegen die Worte „Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin“ ist allen Beteiligten klar: Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Arbeitsvertrages haben.
Daneben sollten auch noch weitere Punkte geregelt werden, wie zum Beispiel:
Gilt die Betriebsvereinbarung auch für Azubis oder geringfügig Beschäftigte? Und, muss man die Probezeit schon hinter sich gebracht haben, bevor man einen Anspruch auf Home-Office erwirbt? Also, hier gilt es genauer hinzusehen.
Zweites Beispiel: Unklare Rahmenbedingungen
Bei den Rahmenbedingungen unter II. wird schnell klar, hier ist nochmal Eigenleistung erforderlich. Die Musterbetriebsvereinbarung gibt nur die Punkte vor, die noch zu regeln sind: Voraussetzungen, Arbeitszeitregelungen, Datenschutz – Datensicherheitsbestimmungen.
Dann allerdings beginnt jeder Absatz mit „Es werden die … (Anmerkung der Redaktion: jeweils betrieblich gültigen Bedingungen) … festgelegt“. Das heißt, hier müssen Sie niederschreiben, was jeweils bei Ihnen im Betrieb gilt. Formulierungshilfen gibt es nicht. So weit, so gut.
Bei der Definition von Home-Office allerdings schreibt das System Ihnen gleich vor, was die Vertragsparteien darunter zu verstehen haben:
„Es wird definiert, dass Home-Office die Arbeit außerhalb der betrieblichen Räumlichkeiten des Arbeitgebers unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien umfasst.“
Hm, ganz schön frech, wie ich finde. Es kann schon sein, dass dies innerbetrieblich in Absprache mit dem Arbeitgeber IHR gemeinsames Verständnis von „Home-Office“ ist. Aber haben Sie das wirklich bewusst so festgelegt? Formal sauber ist das nämlich nicht.
Das System übernimmt hier automatisch die Umschreibung für „mobile Arbeit“ (= Tätigkeit, die ortsunabhängig erbracht wird). Home-Office dagegen ist eine Form der mobilen Arbeit und umfasst die zeitweilige Tätigkeit im Privatbereich des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin – also in der eigenen Wohnung – unter Nutzung tragbarer IT-Systeme.
Nur so am Rande: Daneben gibt’s auch noch Begriffe, wie Telearbeit oder mobile Telearbeit, was wiederum mit Home-Office mobil oder nicht mobil gleichgesetzt wird.
ChatGPT liefert weder Erklärungen noch Tipps
Leider liefert ChatGPT keine Erklärungen, Hinweise oder Tipps. Das heißt aber auch, Sie können sich nicht wirklich darauf verlassen, dass das, was das System hier ausspuckt, auch wirklich das ist, was Sie vereinbaren möchten. Das ist gefährlich, denn die unterschiedlichen Formen der „flexiblen Arbeit“ führen auch zu unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen. Und spätestens hier können nach Abschluss der Betriebsvereinbarung die Deutungsprobleme beginnen: Darf der Mitarbeiter jetzt wirklich vom Strand aus arbeiten oder doch eher nur von seiner Wohnung, also dem „Home-Office“, aus? Ist vielleicht noch die Wohnung der Eltern, um die man sich regelmäßig kümmert, erlaubt? Muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung am heimischen Arbeitsplatz durchführen oder kann er – wie bei mobiler Arbeit – die Verantwortung auf den Arbeitnehmer abwälzen?
Gute Definitionen gehören zu den Kernregelungen der Betriebsvereinbarung. Hierauf ist ein besonderes Augenmerk zu legen und es sollte genauestens definiert werden, was unter den unterschiedlichen Begrifflichkeiten verstanden wird – und welche Formen das Unternehmen wirklich anbietet. Der einmal definierte Begriff sollte dann im Folgenden auch strikt so beibehalten und verwendet werden. Alles andere führt später im Betrieb nur zu Verwirrung und unnötigen Diskussionen.
Aber auch an anderer Stelle komme ich ins Zweifeln
Beim Thema „Möblierung“ schreitet das System forsch voran und fordert den Arbeitgeber auf, auch das Büro-Inventar, mindestens Schreibtisch und Bürostuhl, anzuschaffen. Gut, wenn Sie einen Arbeitgeber haben, der das unbesehen tut. Müssen muss er das nämlich nicht immer! Und schon gar nicht, wenn Sie gemäß der hier vorgegebenen Definition von „Home-Office“ ortsunabhängig vom Café ums Eck aus arbeiten wollen. Die Pflicht zur Büroausstattung und zur Übernahme der Kosten gibt’s nur im Rahmen von Telearbeit und nur dann, wenn für den Mitarbeiter im Betrieb kein Arbeitsplatz vorgehalten wird.
Genug der Beispiele. Für mich steht der beste Satz der Betriebsvereinbarung ganz am Anfang und lautet: Es empfiehlt sich, die Betriebsvereinbarung individuell anzupassen und gegebenenfalls rechtlich prüfen zu lassen.
Ich habe gelernt, dass ChatGPT – zumindest im juristischen Kontext – nur so gut ist, wie der Mensch, der es nutzt.
Ich habe gelernt, dass ChatGPT – zumindest im juristischen Kontext – nur so gut ist, wie der Mensch, der es nutzt. Aber wenn der Mensch, der es nutzt, schon alles selbst weiß, warum sollte er ChatGPT dann noch nutzen?
Ich empfehle Ihnen bis auf Weiteres lieber den guten alten juristischen Musterformularbüchern zu vertrauen. Da kann man wenigstens sicher gehen, dass sie von Menschen verfasst wurden, die wissen, was sie da schreiben. Außerdem erhält man gleich korrekte Formulierungen, rechtliche Hinweise und hilfreiche Tipps. Darüber hinaus schadet es nie, einen Fachexperten beizuziehen, wie zum Beispiel einen Anwalt.
So, ich muss jetzt noch einen Geburtstagskarte an meine Tante schreiben…. Mal sehen, was passiert, wenn ich bei ChatGPT die Schlagwörter „80. Geburtstag, Kuchen und Blumen“ eingebe …
Sonja Saffer