Wenn man meint, in der Arbeitswelt schon nahezu alles gesehen zu haben, und dann biegt da wieder so ein Fall um die Ecke, der einen einfach nur stutzen lässt: So auch dieser bei einem bayerischen Automatenhersteller. Dort wurde dem Betriebsratsvorsitzenden Hausverbot erteilt. Er durfte die Betriebsstätte nicht mehr betreten und arbeitete stattdessen in einem Wohnwagen neben dem Firmengelände, organisiert von der Gewerkschaft.
Der Fall in aller Kürze
Was war der Auslöser? Ein Streit über Kurzarbeit eskalierte, wie die IG Metall berichtet. Die von der Geschäftsleitung angestrebte Streichung der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes würde für die Beschäftigten einen drastischen Lohnverlust bedeuten. Zudem ging es um die Einführung von Schichtarbeit. Den Berichten zufolge legte der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung vor, einen Tag nach Erteilung des Hausverbots gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden. Wegen des Hausverbots konnte der Betriebsratsvorsitzende die Arbeitnehmerinteressen vor Ort allerdings nicht mehr wahrnehmen – ein gewaltiger Eingriff!
Schon zuvor soll es längere Zeit feindlich zugegangen sein; inklusive Kündigungsversuchen gegen Betriebsratsmitglieder und juristischen Auseinandersetzungen um die Mitbestimmung. Vor gut zwei Jahren hatten die Mitarbeiter einen Betriebsrat gegründet, davor gab es nur einen Mitarbeiterrat ohne rechtlich fundierten Einfluss.
„Der Skandal ist: Wenn Hausverbote gegen Betriebsratsmitglieder Schule machen, können wir das Betriebsverfassungsgesetz gleich zu Grabe tragen“, wird etwa Karl Musiol, Bevollmächtigter der IG Metall Weilheim, im Münchner Merkur zitiert. Vor Ort zeigten knapp 70 Mitarbeiter, Gewerkschaftsmitglieder und Sympathisanten gemeinsam ihre Solidarität und traten für die Rechte des Betriebsratsvorsitzenden ein.
Solidarität zeigt Wirkung: Gericht hebt Hausverbot auf
Die gute Nachricht: Das Arbeitsgericht München hat das Hausverbot für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Der Betriebsratsvorsitzende kann seinen Aufgaben wieder nachgehen. Beide Konfliktparteien haben laut entsprechender Meldungen zudem einer Mediation zugestimmt, damit die Zusammenarbeit in Zukunft wieder konstruktiv verläuft.
Bereits einen Tag nach der Verhandlung, wie die IG Metall auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, habe die Geschäftsleitung dem Betriebsratsvorsitzenden jedoch die nächste Kündigung auf den Tisch gelegt. Das lässt die Mediations-Ankündigungen natürlich in einem ganz anderen Licht dastehen. Außerdem soll er seiner ursprünglichen Tätigkeit – er ist kein freigestellter Betriebsrat – auch weiterhin nicht nachgehen dürfen und auch kein Gehalt erhalten. „Die wollen ihn aushungern“, kritisiert Wolfgang Thurner, Leiter der Anlaufstelle Union Busting beim IG Metall-Vorstand. Gemeinsam mit der Gewerkschaft will der Betriebsratsvorsitzende erneut vor Gericht ziehen. (tis)