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Dienstreise

Dienstreise

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Redaktion
Stand:  16.12.2025
Lesezeit:  01:45 min

Kurz erklärt

Dienstreisen sind Reisen vom oder zurück zum Arbeitsort anlässlich der Durchführung eines außerhalb des eigentlichen Arbeitsplatzes zu erledigenden Dienstgeschäftes.

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Begriff

Fahrt eines Arbeitnehmers an einen Ort außerhalb der regulären Arbeitsstätte, an dem er ein Dienstgeschäft zu erledigen hat und dort eine Arbeitsleistung erbringen soll (BAG v. 14.11.2006 - 1 ABR 5/06 in NZA 2007,458).

Erläuterung

Anordnung einer Dienstreise

Der Arbeitgeber kann Dienstreisen anordnen. Dazu bedarf es jedoch einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Diese kann ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorgesehen werden. Ausreichend ist jedoch auch die Vereinbarung eines mit Reisezeiten verbundenen Berufsbildes, z.B. Montagearbeiter. Die Anordnung der einzelnen Dienstreise bedarf dann keiner nochmaligen Vereinbarung. Dazu kann der Arbeitgeber vielmehr sein Direktionsrecht nutzen. Bei dessen Ausübung darf er gemäß § 106 GewO jedoch die Interessen des Arbeitnehmers nicht völlig übergehen. Er muss diese vielmehr unter Anwendung billigen Ermessens berücksichtigen.  Je nach den Umständen kann die Anordnung jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG bedürfen.

Vergütung der Reisezeit

Die sich an die Anordnung anschließende Reisezeit stellt vergütungspflichtige Arbeitszeit dar.
Dazu heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2018 - 5 AZR 533/17 in NZA 2019,159 Rn. 14:
"Grundsätzlich erbringt der Arbeitnehmer mit dem - eigennützigen - Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber. Anders ist es jedoch, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. In diesem Fall gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, weil das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, Kunden aufzusuchen - sei es, um dort Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen. Dazu gehört zwingend die jeweilige An- und Abreise, unabhängig davon, ob Fahrtantritt und Ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen."
Damit zählen Reisen im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers wegen deren Fremdbestimmtheit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Daher ist die An- und Abreise eines Außendienstlers zum und vom ersten und letzten Kunden jeweils bezogen auf seine Wohnung Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit BAG v. Dabei kann die Vergütung von Reisezeiten auch bis auf die Zahlung des Mindestlohns für diese Zeiten ausgeschlossen werden (BAG vom 25.4.2018 - 5 AZR 424/17 in NZA 2018/1211 Rn. 19).

Die Regelung in einem Formulararbeitsvertrag über die Abgeltung sämtlicher Reisekosten mit dem gezahlten Gehalt ist unklar. Deren obere Grenze ist nicht erkennbar.  Damit isat sie nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam (BAG v. 20.4.2011 - 5 AZR 200/10 in NZA 2011, 917).

Arbeitszeitrechtliche Bewertung der Reisezeit

Die arbeitszeitrechtliche Bewertung von Reisezeiten als Arbeitszeit im Sinne des § 2 ArbZG ist von deren vergütungsrechtlichen Behandlung zu trennen. Allerdings werden zu vergütende Zeiten in der Regel auch arbeitszeitrechtlich im Sinne des ArbZG anzusehende Zeiten sein (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 21. Aufl. 2025, § 156 Rn. 11). Das liegt daran, dass in den Begriff der "versprochenen Dienste" im Sinne des § 611 BGB zunehmend auch Randtätigkeiten einbezogen werden. Deren Leistung zählt deshalb zur Arbeitszeit (BAG v.  25.4.2028 - 5 AZR 424/17 in NZA 2018,1211). Das gilt zum Beispiel für Umkleidezeiten und Rufbereitschaft. Insgesamt handelt es sich nach der Entscheidung des EuGH vom 11.11.2021 - C - 214/20 in NZA 2021,1699 (Rufbereitschaft) um Zeiten mit einer erheblichen Einschränkung der Möglichkeit ihrer selbstbestimmten Gestaltung durch den Arbeitnehmer. 

Einzelheiten werden ausführlich behandelt von Lunk, Die arbeitszeitrechtliche Behandlung von Dienstreisen in NZA 2022, 881)

Randerscheinungen einer Dienstreise

Arbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der mit der Reise verbundenen Kosten. Für deren nachzuweisender Höhe gelten die steuerrechtlich zulässigen Pauschalbeträge. Deren in einer Betriebsvereinbarung zulässige Pauschalierung bietet sich an. 
Machen mehrere Arbeitnehmer eine Dienstreise zu demselben Ort und einer von ihnen benutzt dazu den privaten PKW, sind die anderen Arbeitnehmer aus Haftungsgründen und wegen des Unfallrisikos nicht verpflichtet, in diesem Wagen mitzufahren. Dies gilt nicht, wenn die Reisekostenregelungen etwas Anderes festlegt oder der Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung stellt.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinem Arbeitgeber die aus einem Vielfliegerprogramm erworbenen Bonusmeilen für dienstlich veranlasste und vom Arbeitgeber bezahlte Flüge herauszugeben. Insbesondere darf der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer diese Bonusmeilen im Interesse des Arbeitgebers einsetzt. Rechtsgrundlage ist der § 667 2. Alt. BGB. Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Die Herausgabepflicht gilt für alle Vorteile, soweit sie dem Arbeitnehmer von einem Dritten nicht nur bei Gelegenheit, sondern auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft gewährt worden sind (BAG v. 11.4.2006 - 9 AZR 500/05- in NZA 2006,1089).

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Anordnung

Die Anordnung von Dienstreisen durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich mitbestimmungsfrei. Ist jedoch im Einzelfall mit der Dienstreise eine erhebliche Änderung der Umstände verbunden, unter denen die Arbeit zu leisten ist (z. B. Auslandseinsätze mit Übernachtungen), kann es sich um eine Versetzung handeln (§ 95 Abs. 3 BetrVG), deren Anordnung nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder nach Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht erfolgen darf (BAG v. 21.9.1999 - 1 ABR 40/98).

Reisezeiten

Bundesarbeitsgericht sieht in der Entscheidung vom 14.11.2006 - 1 ABR 5/06 in NZA 2007,458 die zeitliche Lage von Dienstreisen als nicht mitbestimmungspflichtig an. Angesichts der Ausdehnung des Begriffes der geschuldeten Dienste und der damit einhergehenden Ausweitung der als Arbeitszeit einzustufenden Zeiten ist eine Änderung dieser Rechtsprechung zu erwarten. In der Entscheidung vom 22.10.2019 - 1 ABR 11/18 in NZA 2020,325 sieht der Senat als Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG Zeiten an, in denen der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber geschuldete Leistungen erbringt. Dieses Merkmal wird mit einer Dienstreise erfüllt.

Rechtsquelle

Keine maßgeblichen Rechtsquellen

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