Betriebsratswahl: Rechtschutzbedürfnis bei der Anfechtung

Ist ein neuer Betriebsrat gewählt, besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr für den Antrag, eine bestimmte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären. Eine angefochtene frühere Wahl hat dann keine Wirkung mehr.

Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 22.09.2025, 16 TaBV 23/25

Stand:  8.12.2025
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Das ist passiert

Die Parteien streiten über die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 26.06.2024. Während des Verfahrens hat bereits eine Neuwahl stattgefunden.

Der Arbeitgeber vertritt die Auffassung, es bestehe nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Betriebsratswahl vom 26.06.2024. Das Rechtsschutzbedürfnis könne nur dann verneint werden, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Beteiligten keine rechtliche Wirkung mehr entfalten könne. Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn Rahmen einer Umstrukturierung seien beim Arbeitgeber zwei Betriebsabteilungen vollständig stillgelegt worden und davon seien zwei nunmehr ehemalige Betriebsratsmitglieder betroffen, die in den neugewählten Betriebsrat nicht wieder gewählt wurden. Eine Prüfung des nachwirkenden Kündigungsschutzes im Rahmen der Kündigungsschutzverfahren sei nicht möglich, da es bei der Anfechtbarkeit der Wahl einer rechtskräftigen Entscheidung über die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl bedürfe.

Das entschied das Gericht

Für einen Antrag, eine bestimmte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr, wenn die angefochtene Wahl keine Wirkung mehr hat. Dies ist der Fall, wenn inzwischen ein neuer Betriebsrat gewählt wurde.

Damit ist vorliegend aufgrund der nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG erforderlich gewordenen Neuwahl hinsichtlich der ersten Betriebsratswahl vom 26.06.2024 Erledigung eingetreten. Die Anfechtung einer Betriebsratswahl wirkt (im Gegensatz zur Nichtigkeit) nur für die Zukunft, sodass eine vor Rechtskraft im Wahlanfechtungsverfahren durchgeführte Neuwahl diese „überholt“ und es auf die Unwirksamkeit der vorangegangenen Betriebsratswahl nicht mehr ankommt.

Das Rechtsschutzinteresse für ein Weiterbetreiben des Wahlanfechtungsverfahren lässt sich auch nicht mit einzelarbeitsvertraglichen Argumenten begründen. Maßgeblich ist vielmehr, ob es kollektivarbeitsrechtlich auf die Wirksamkeit der vorangekommenen Wahl noch ankommen kann. Dies ist nicht der Fall.

Praxishinweis

Neben der Klarstellung zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis ist für die Praxis auch der Hinweis interessant, dass sich ein Wahlanfechtungsverfahren nicht allein mit einzelarbeitsvertraglichen Interessen verfolgen lässt. (dz)