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EuGH: Bietet die Arbeitgeberpflicht zur Mitteilung über eine beabsichtigte Massenentlassung an die Arbeitsagentur einen Individualschutz?

Die in der europäischen Massenentlassungsrichtlinie vorgesehene Verpflichtung des Arbeitgebers, der zuständigen Behörde eine Abschrift der schriftlichen Mitteilung an den Betriebsrat zu übermitteln, gewährt den von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmern keinen Individualschutz.

EuGH, Urteil vom 13.07.2023, C-134/22 (BAG)

Stand:  1.8.2023
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Das ist passiert

Der beklagte Insolvenzvertreter hat im Januar 2020 die vollständige Einstellung des Geschäftsbetriebs der Insolvenzschuldnerin zum 30.4.2020 veranlasst. Aufgrund des Stilllegungsbeschlusses fanden mit dem Betriebsrat Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans statt. Weiter wurde auf Grund der Massenentlassung das Konsultationsverfahren gem. § 17 II KSchG verbunden mit dem Interessenausgleichsverfahren durchgeführt. Entgegen § 17 III 1 KSchG (Umsetzung von Art. 2 III Unterabs. 2 MERL), wurde der Agentur für Arbeit keine Abschrift der das Konsultationsverfahren einleitenden an den Betriebsrat gerichteten Mitteilung gem. § 17 II KSchG übermittelt. Eine Massenentlassungsanzeige wurde jedoch bei der Agentur für Arbeit erstattet. Dem Kläger gegenüber wurde im Anschluss, wie allen anderen Arbeitnehmern, die Kündigung ausgesprochen.

Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage unter Berufung mit der Begründung die Kündigung sei wegen eines Verstoßes gegen § 17 III 1 KSchG unwirksam. Das BAG legte dem EuGH die Frage, ob Art. 2 III Unterabs. 2 MERL individualschützenden Charakter habe, zur Vorabentscheidung vor.

Das entschied das Gericht

Der EuGH entschied, die Pflicht, der zuständigen Behörde eine Abschrift zumindest der in Art. 2 III Unterabs. 1 Buchst. b Ziff. i bis v MERL genannten Bestandteile der schriftlichen Mitteilung an die Arbeitnehmervertretung zu übermitteln, habe (nur) den Zweck, es der Behörde zu ermöglichen, die negativen Folgen beabsichtigter Massenentlassungen soweit wie möglich abzuschätzen, damit bei Anzeige der Entlassungen in effizienter Weise nach Lösungen für die dadurch entstehenden Probleme gesucht werden könne. Sie bezwecke nicht den individualarbeitsrechtlichen Schutz der von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmer. Die in der MERL vorgesehene Übermittlung von Informationen an die zuständige Behörde diene nur zu Informations- und Vorbereitungszwecken. Auf Grund dessen und weil die Übermittlung zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu welchem der Arbeitgeber die Massenentlassung nur beabsichtigt sei, solle die zuständige Behörde die beabsichtigten Massenentlassungen in seiner Gesamtheit betrachten. Das in Art. 2 MERL vorgesehene Recht auf Information und Konsultation zu Gunsten der Arbeitnehmer sei kollektiver Natur.

Bedeutung für die Praxis

Aus der Beantwortung der Vorlagefrage durch den EuGH ergibt sich direkt, dass § 17 III 1 KSchG kein Schutzgesetz i.S.d. § 134 BGB ist. Die unterlassene Zuleitung der Mitteilung an die Agentur für Arbeit führt daher nicht zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen.

Hinsichtlich der Frage, ob die Entscheidung des EuGH auch Bedeutung für andere Fehler im Massenentlassungsverfahren hat, z.B. eine nicht ordnungsgemäße Durchführung des Konsultationsverfahren nach § 17 II KSchG oder eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige, nach § 17 I KSchG, hat, muss die nun folgenden Entscheidung des BAG abgewartet werden. (dz)

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