Liebe Nutzer,
für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.
Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team
Das Recht eines Antragstellers, aus Anlass einer unmittelbar bevorstehenden oder bereits erfolgten rechtswidrigen Handlung weitere Beeinträchtigungen zu seinen Lasten gerichtlich untersagen zu lassen.
Unterlassungsansprüche setzen die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Rechtspositionen des Betriebsrats durch den Arbeitgeber voraus. Die Rechtsverletzungen müssen unmittelbar bevorstehen oder bereits erfolgt sein (BAG v. 19.7.1995 – 7 ABR 60/94). Es wird zwischen dem Unterlassungsanspruch bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten und dem allgemeinen Unterlassungsanspruch unterschieden.
Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen (§ 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Ein grober Verstoß liegt vor, wenn es sich um eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt (BAG v. 29.2.2000 - 1 ABR 4/99). Diese Anforderungen sind regelmäßig erfüllt, wenn der Arbeitgeber mehrfach und erkennbar gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat. Eine grobe Pflichtverletzung nährt den Verdacht auf Wiederholungsgefahr. Diese ist nur dann ausgeschlossen, wenn aus faktischen oder rechtlichen Gründen eine Wiederholung des betriebsverfassungswidrigen Verhaltens ausscheidet. Die Zusicherung, zukünftig betriebsvereinbarungswidriges Verhalten zu unterlassen, genügt hierfür nicht (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 77/10). Grobe Verstöße des Arbeitgebers, die einen Unterlassungsanspruch rechtfertigen, kommen z. B. bei nachhaltiger Missachtung des Verbots der parteipolitischen Betätigung (§ 74 Abs. 2 S. 3 BetrVG), bei willkürlichen Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgebot (§ 75 Abs. 1 BetrVG) oder im Falle der Verhinderung einer ordnungsgemäß einberufenen Betriebsversammlung in Betracht.
Grobe Pflichtverletzungen des Arbeitgebers mit Unterlassungsanspruch sind auch Handlungen, die den Regelungen bestehender Betriebsvereinbarungen zuwiderlaufen. Der Arbeitgeber muss eine Betriebsvereinbarung so durchführen, wie sie abgeschlossen wurde (BAG v. 10.11.1987 – 1 ABR 55/86). Er verstößt z. B. grob gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten, wenn er die in einer Betriebsvereinbarung festgelegten Dienstpläne einseitig ändert, indem er die Arbeitnehmer anweist, in den vereinbarten Pausen zu arbeiten oder wenn er die in den Pausen erbrachte Arbeitsleistung duldend entgegennimmt (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 77/10). Der Betriebsrat kann die Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen verlangen. Auf seinen Antrag kann das Arbeitsgericht im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro androhen. Die Verhängung von Ordnungshaft gegen den Arbeitgeber für den Fall, dass dieser das Ordnungsgeld nicht zahlt, ist dagegen unzulässig (BAG v. 5.10.2010 – 1 ABR 71/09).
Dem Betriebsrat steht bei Verletzung der Mitbestimmungsrechte (§ 87 BetrVG Abs. 1 BetrVG) ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Maßnahme zu. Es muss keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vorliegen. Es genügt ein leichter Pflichtverstoß (BAG v. 3.5.1994 - 1 ABR 24/93). Der allgemeine Unterlassungsanspruch wegen Verletzung von Mitbestimmungsrechten setzt jedoch voraus, dass die Gefahr der Wiederholung vermutet wird. Erforderlich ist eine ernstliche Besorgnis weiterer Eingriffe, die sich auf Tatsachen begründen muss (BAG v. 29.2.2000 - 1 ABR 4/99). Der zur Sicherung der Mitbestimmungsrechte entwickelte Unterlassungsanspruch steht nach seinem Zweck allein dem Betriebsrat zu, der Träger des konkreten Mitbestimmungsrechts ist. Das ist in den meisten Fällen der örtliche Betriebsrat. Verletzt der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte in einer Angelegenheit, die das Unternehmen oder den Konzern betrifft und nicht durch die einzelnen Betriebsräte/Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Betriebe/Unternehmen geregelt werden kann (§§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1 BetrVG), kann nur der Gesamt- bzw. der Konzernbetriebsrat einen Unterlassungsanspruch beim Arbeitsgericht geltend machen. Das gilt z. B. bei Angelegenheiten zur Festlegung oder Änderung von im Unternehmen oder Konzern einheitlich einzuführender oder geltender Ethik-Richtlinien (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Zwar hat der örtliche Betriebsrat den Auftrag, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden (§ 80 Abs. 1 BetrVG), Verstöße rechtfertigen in diesem Fall jedoch keinen Unterlassungsanspruch des örtlichen Betriebsrats. Das Überwachungsrecht des Betriebsrats ist darauf beschränkt, den mitbestimmungswidrigen Zustand beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG v. 17.5.2011 - 1 ABR 121/09). Auch in einem Fall der Beeinträchtigung der Amtsführung des Betriebsrats wird ein allgemeiner Unterlassungsanspruch grundsätzlich anerkannt, wenn z. B. der Arbeitgeber durch die Art der Veröffentlichung der Betriebsratskosten vor der Betriebsversammlung gegen das Verbot der Behinderung der Betriebsratsarbeit (§ 78 BetrVG) verstoßen hat (BAG v. 19.7.1995 – 7 ABR 60/94). Der Betriebsrat kann einen Unterlassungsanspruch bei Verletzung eines Mitbestimmungsrechtes mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung durchsetzen.
In Fällen von Verstößen des Arbeitgebers gegen die Beteiligungsrechte bei personeller Einzelmaßnahmen (§ 99 BetrVG) oder vorläufigen personellen Maßnahme (§ 100 BetrVG) steht dem Betriebsrat kein allgemeiner oder von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG unabhängiger Unterlassungsanspruch zu (BAG v. 9.3.2011 - 7 ABR 137/09). Das gilt auch dann, wenn zu erwarten steht, dass der Arbeitgeber das Verfahren zur Einholung der Zustimmung (§ 99 Abs. 1 Satz 1) oder der Unterrichtung über eine vorläufige personelle Maßnahme (§ 100 Abs. 2 BetrVG) vor deren tatsächlicher Durchführung (z. B. Versetzung) nicht einhält (BAG v. 23.6.2009 - 1 ABR 23/08).
Der Unterlassungsanspruch wird vom Betriebsrat nach einem ordnungsgemäßen Beschluss beim Arbeitsgericht auf Antrag geltend gemacht. Er muss eindeutig erkennen lassen, was vom Arbeitgeber verlangt wird und in welchen Fällen gegen ihn als Sanktion ein Ordnungsgeld verhängt werden kann (BAG v.14.11.2006 – 1 ABR 5/06). Das Arbeitsgericht verpflichtet den Arbeitgeber im so genannten Erkenntnisverfahren, die betriebsverfassungswidrige Maßnahme (ggf. unter Androhung eines Ordnungsgeldes) zu unterlassen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist auf zukünftiges Verhalten ausgerichtet. Ziel der gerichtlichen Entscheidung ist es daher, den rechtmäßigen Zustand durch ein entsprechendes Verhalten des Arbeitgebers wiederherzustellen. Eine nachträgliche Verurteilung wegen des betriebsverfassungswidrigen Verhaltens kommt nicht in Betracht. Handelt der Arbeitgeber der ihm vom Arbeitsgericht auferlegten Verpflichtung zuwider, kann der Betriebsrat wiederum nach einem ordnungsgemäßen Beschluss das Vollstreckungsverfahren beantragen (§ 85 Abs. 1 ArbGG). Der Antrag kann erst gestellt werden, nachdem der Beschluss aus dem Erkenntnisverfahren rechtskräftig geworden ist. Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber nach vorhergegangener Androhung für jede Zuwiderhandlung zu einem Ordnungsgeld verurteilen. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes beträgt 10.000 Euro.
Der Arbeitgeber hat gegen den Betriebsrat keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung betriebsverfassungswidriger Handlungen. Er kann das Bestehen von Unterlassungspflichten des Betriebsrats im Wege eines Feststellungsantrags gerichtlich klären lassen (BAG v. 28.5.2014 - 7 ABR 36/12). Darüber hinaus steht ihm die Befugnis zu, beim Arbeitsgericht die Auflösung des Betriebsrats bei grober Verletzung dessen gesetzlicher Pflichten zu beantragen (§ 123 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Verstöße gegen das Verbot parteipolitischer Betätigung im Betrieb (§ 74 Abs. 2 BetrVG) durch den Betriebsrat begründen ebenfalls keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat (BAG v. 17.3.2010 - 7 ABR 95/08). Auch in diesem Fall kann der Arbeitgeber wegen grober Verstößen des Betriebsrats gegen seine Pflicht dessen Auflösung beantragen. Einen Unterlassungsanspruch gegen den Betriebsrat und seine Mitglieder kann der Arbeitgeber dann geltend machen, wenn diese Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 79 BetrVG) offenbaren oder verwerten, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind (BAG v. 26.2.1987 - 6 ABR 46/84).
§ 890 ZPO, § 1004 Abs. 1 BGB, § 85 ArbGG, §§ 23 Abs. 3, 87 Abs. 1 BetrVG