„Für mich ist das eine Berufung, eine Herzenssache“

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Schwerbehindertenvertreterin Rita Maria Ianni wird mit Sonderpreis geehrt

Seit mehr als zehn Jahren kämpft Rita Maria Ianni für die Belange schwerbehinderter Menschen – bei der Vereinigten Volksbank und darüber hinaus. Nun wurde sie für ihren Einsatz mit einem Sonderpreis der Arbeitskammer des Saarlandes ausgezeichnet. Wir haben sie kurz nach der Preisverleihung zum Gespräch getroffen, in dem sie – ganz typisch – die „Bühne“ nutzt, um mehr Rechte für Schwerbehindertenvertretungen zu fordern.

Anfang Oktober 2025 fand wieder die Mitbestimmungsmesse Saar statt, die jährlich von der Arbeitskammer des Saarlandes, dem DGB Saarland und der Technologieberatungsstelle BEST e.V. veranstaltet wird. Die Messe soll eine Plattform zum Austausch und zur Vernetzung liefern und spannende Beispiele aus der praktischen Arbeit von saarländischen Betriebs- und Personalräten zeigen. Im Rahmen der Veranstaltung wurden zudem im Saarbrücker E-Werk die Mitbestimmungspreise 2025 vergeben. Mit diesem werden engagierte Betriebs- und Personalräte gewürdigt, welche die Mitbestimmung aktiv leben und die betriebliche Zukunft gestalten. „Mitbestimmung ist das Fundament einer gerechten und zukunftsfähigen Arbeitswelt“, betonte Jörg Caspar, Vorstandvorsitzender der Arbeitskammer des Saarlandes.

Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen seit 2014

Neben zwei ersten Preisen – für den Betriebsrat der PRUEM by Eberspächer sowie den Betriebsrat der John Deere GmbH & Co. KG – und einem dritten Preis – für die KiTA Kinderland im Kreis Saarlouis gGmbH – vergab die Jury einen Sonderpreis, der über die klassische Betriebs- und Personalratsarbeit hinausgeht. Ausgezeichnet wurde Rita Maria Ianni als Schwerbehindertenvertreterin (SBV) der Vereinigten Volksbank in Sulzbach. Warum? „Sie setzt sich nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch überbetrieblich für eine stärkere Sichtbarkeit und institutionelle Verankerung der Schwerbehindertenvertretung ein“, heißt es in der Begründung. Bereits seit über einem Jahrzehnt ist Rita Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in ihrem Unternehmen. Bekannt ist sie dort für ihr enorm hohes Engagement und ihre Beharrlichkeit. „Ich weiß, ich bin nicht immer einfach, aber ich brenne für das Thema“, sagt sie (hier lesen Sie mehr über Rita). Wir haben die Sonderpreisträgerin zu einem kurzen Gespräch getroffen.

Rita, wie sehr hat Dich der Sonderpreis überrascht?

Rita Maria Ianni: Zum jetzigen Zeitpunkt hat mich der Sonderpreis tatsächlich überrascht. Seit 2019, also bereits seit der ersten Mitbestimmungsmesse Saar, war ich  – damals noch mit einer Kollegin vom Landkreis Neunkirchen – als einzige Schwerbehindertenvertretung mit einem Stand vertreten. Wir hatten immer darauf gehofft, einen Preis zu erhalten, dieses Jahr hat es tatsächlich geklappt. Leider kam der Preis zu einem Zeitpunkt, der, sagen wir mal, nicht ganz passend war. Denn mein Vater war Ende September verstorben. Sein Tod hat das ganze irgendwie überschattet. Schade, dass er die Verleihung nicht mehr mitbekommen hat, er war es nämlich, der mich immer gestärkt und unterstützt hat. Von ihm habe ich die Beharrlichkeit. Von daher hatte ich in diesem Jahr wirklich nicht mit einem Preis gerechnet. Trotz alledem ist die Freude darüber sehr, sehr groß.

In der Begründung heißt es, Du setzt Dich „auch überbetrieblich für eine stärkere Sichtbarkeit und institutionelle Verankerung der SBV ein“. Wie ist das gemeint?

Rita Maria Ianni: In meiner Funktion als Vertrauensperson war und ist es mir immer wichtig, auf das Gremium Schwerbehindertenvertretung hinzuweisen und für die Arbeit der SBV zu sensibilisieren. Zum einen, um Anerkennung und eine Würdigung dieses Amtes zu erreichen und zum anderen, um auf die dringende Verbesserung der Beteiligungsrechte aufmerksam zu machen. Zum Beispiel, wenn es um den Schwellenwert der Freistellung geht. Selbst in einem mittelständischen Unternehmen ist es sehr schwer, die für eine Freistellung erforderlichen 100 Schwerbehinderten beziehungsweise Gleichgestellten zu erreichen. Hier wäre es meiner Meinung nach wichtig, den Schwellenwert auf 50 herabzusetzen.

Wie bringst Du das ganze Engagement unter einen Hut – Du bist ja zusätzlich noch im Betriebsrat?

Rita Maria Ianni: Für mich ist das eine Berufung, eine Herzenssache. Ich habe mir 2014 zur Aufgabe gemacht, das Amt so auszuüben, wie ich mir eine Person an meiner Seite wünschen würde, wenn es mir gesundheitlich einmal schlecht geht. Von daher ist mein Engagement das Resultat meiner vollen Überzeugung!

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Uns Schwerbehindertenvertretungen würde die Mitbestimmung sehr gut stehen!

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Wo gibt es Deiner Meinung nach für Schwerbehindertenvertretungen den größten Nachholbedarf?

Rita Maria Ianni: Den größten Nachholbedarf sehe ich bei den Beteiligungsrechten. Diese müssen dringend nachgebessert werden. Ich spreche da immer von unserem „Handwerkszeug“. Wir können nur dann eine gute Arbeit für die betroffenen Menschen leisten, wenn wir vernünftiges Handwerkszeug zur Verfügung haben. Und wer mich kennt, weiß, dass ich dann nicht mehr nur von Beteiligungsrechten rede. Nein, ich fordere eine echte Mitbestimmung für Schwerbehindertenvertretungen. Wir SBV´ler sind gut ausgebildet und müssen laut SGB IX in allen Angelegenheiten angehört und beteiligt werden. Das bedeutet doch im Umkehrschluss, dass wir auch in allen Angelegenheiten mitreden sollten. Von daher würde uns Schwerbehindertenvertretungen die Mitbestimmung sehr gut stehen!

Verändert der Preis etwas für Dich?

Rita Maria Ianni: Ja, dieser Preis, ein Preis für „Beharrlichkeit“, macht mich mehr als stolz. Er zeigt mir, dass es richtig ist, an Dingen, von denen man überzeugt ist, dranzubleiben. Denn sind wir mal ehrlich: Wer hätte jemals gedacht, dass eine Schwerbehindertenvertretung einen Sonderpreis im Rahmen einer Mitbestimmungsmesse erhält. Ganz nach dem Motto: „Es ist alles möglich!“ (tis)

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