Schulungsanspruch Informationstechnik, PC und Datenschutz

Ihr Recht auf Weiterbildung im Bereich elektronische Datenverarbeitung

Der Gesetzgeber hat den Anspruch des Betriebsrats auf eine zeitgemäße Informations- und Kommunikationstechnik in § 40 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich festgeschrieben. Demnach kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Überlassung eines Computers oder Laptops samt Ausstattung verlangen. Was im Einzelnen darunter fällt, lesen Sie hier: Laptops, Handy und Technik für Betriebsräte (betriebsrat.de). Entsprechend stehen dem Betriebsrat auch Weiterbildungen zu, um die bereitgestellte technische Ausstattung optimal einsetzen zu können und in einer zunehmend digitalisierten Welt sensible Daten zu schützen.


Recht des Betriebsrats auf Teilnahme an Computer- und IT-Schulungen

PC-Seminare gehören zwar nicht zu den sogenannten Grundlagenseminaren, die jedes Betriebsratsmitglied ohne nähere Darlegung der Erforderlichkeit gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG besuchen kann. Jedoch hat das BAG in seinem Beschluss vom 19.7.1995 – 7 ABR 49/94 festgestellt, dass der Arbeitgeber die Kosten für die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulung über den Einsatz eines PCs für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben zu tragen hat, wenn aktuelle oder absehbare betriebliche bzw. betriebsratsbezogene Anlässe die Schulung erfordern. Der Schulungsanspruch folgt aus § 37 Abs. 6 BetrVG, wenn der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber begründet, dass bestimmte Betriebsratsaufgaben den Umgang mit Computern erfordern und der Betriebsrat entsprechende Kenntnisse noch nicht oder nur unzureichend hat. Der Arbeitgeber hat dann die Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG und die Übernahme der Kosten gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG zu gewähren.


Dies gilt auch für den Besuch von Seminaren zur Einführung und Anwendung von Datenverarbeitungssystemen und Computertechnik, insbesondere von Personaldatenverarbeitungsprogrammen und sonstigen computergestützten betrieblichen Informationssystemen (ArbG Osnabrück vom 19.11.1991 – 1 BV 3/91; ArbG Würzburg vom 4.2.1999 sowie ArbG Hamburg vom 5.8.2008 – 9 BV 3/08) sowie zur Einführung und Anwendung des Internets, Intranets und E-Mail-Systemen (Däubler/Kittner/Klebe, 17. Auflage, § 37 BetrVG, Rn. 108).


Recht des Betriebsrats auf Teilnahme an Datenschutz-Schulungen

Der Besuch von Seminaren zum Thema Datenschutz ist für Betriebsräte sogar in zweierlei Hinsicht relevant.

1. Schutz von sensiblen Daten, die der Betriebsrat selbst verarbeitet

Erstens arbeitet der Betriebsrat selbst mit sensiblen personenbezogenen Daten. Angefangen bei Bewerbungsunterlagen und Kündigungsvorlagen gem. § 99 BetrVG, bis zu Lohn- und Gehaltslisten, Bewertungs- und Auswahllisten z.B. zur Sozialauswahl, Gesundheitsdaten usw. Diese Daten gilt es bestmöglich zu schützen.

  1. Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat liegt laut neuster Gesetzgebung (§ 79a BetrVG) beim Arbeitgeber, sofern der Betriebsrat zur Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben handelt. Gleichzeitig aber muss der Betriebsrat bei sensiblen personenbezogenen Daten für die Einhaltung des Datenschutzes sorgen und geeignete Maßnahmen vorlegen können, die dies belegen (siehe Ausführungen zum Beschluss des BAG vom 09. April 2019). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Arbeitgeber Informationen und Daten zurückhalten kann, wenn der Betriebsrat die Einhaltung des Datenschutzes auf dem vom BAG geforderten Niveau nicht proaktiv darlegen kann. Ohne Informationen kann der Betriebsrat seinen Pflichten und Aufgaben nicht nachkommen und ist in seiner Funktion gelähmt.

Um also der Verpflichtung der Einhaltung des Datenschutzes in der Betriebsratsarbeit nachzukommen, muss konsequenterweise jedes Mitglied des Gremiums über grundlegende Kenntnisse im Datenschutz verfügen. Darüber hinaus sollte jedes Gremium einen Experten benennen, der sich als Datenschutzverantwortlicher des Betriebsrats um die Datenschutzbelange kümmert. Diese Person kann die anderen Gremiumsmitglieder beraten und steht dem Arbeitgeber und dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten als Ansprechpartner zur Verfügung.

2. Schutz von sensiblen Daten, die der Arbeitgeber verarbeitet

Auf der anderen Seite gehört zu den Aufgaben des Betriebsrats, den Arbeitgeber bezüglich der Einhaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes zu kontrollieren und die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu schützen. Die verstärkte Einführung und Einbindung von Informations- und Kommunikationstechnik in Unternehmen führt zur Zunahme automatischer Verarbeitung von Beschäftigtendaten. Hierunter fallen nicht nur die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung „klassischer“ personenbezogener Daten wie z.B. in Bewerbungen, Krankmeldungen usw., sondern auch potenzielle Kontroll- und Überwachungstechniken wie Videoüberwachung, die Erfassung der Internetnutzung von Mitarbeitern, Daten auf privaten Social Media Accounts usw. Um die Mitarbeiter und ihre Daten zu schützen, muss der Betriebsrat über entsprechende Kenntnisse im Bereich Datenschutz verfügen, schon um zu beurteilen, inwieweit hier die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berührt sind.

Folgerichtig entschied das Arbeitsgericht Lingen, sogar Teil II der ifb-Seminarreihe zum Datenschutz sei für mindestens drei Mitglieder des örtlichen Betriebsrats wegen der verstärkten Einbindung von Informations- und Kommunikationstechniken im Betrieb erforderlich. Dies gelte sogar, wenn es auf der Ebene des Gesamtbetriebsrats einen EDV-Ausschuss gibt (ArbG Lingen vom BV 1/12). Auch wenn die Seminare zum Datenschutz also nicht als Grundlagen- sondern als Spezialseminar gelten (mehr zur Unterscheidung hier), ist die Notwendigkeit einer Schulung durch die vermehrte Digitalisierung und den Einsatz technischer Geräte in den meisten Unternehmen gegeben.


Um den Schulungsanspruch im Bereich Datenschutz zu begründen, können z.B. folgende Situationen in Ihrem Betrieb einen Anlass geben:
1

Die Einführung von mobilem Arbeiten und/oder Homeoffice

2

Probleme mit Cyberangriffen und Datenpannen

3

Die Digitalisierung von Abläufen und Prozessen sowie die Einführung von neuen agilen Organisationsformen, die Unsicherheiten und/oder Belastungen bei den Mitarbeitern Ihres Betriebes entstehen lassen

4

Aktualisierung Ihrer Datenschutz-Betriebsvereinbarungen

5

Einführung neuer Software wie z.B. SAP , Success Factors, Office bzw. Microsoft 365, Salesforce, und jede weitere Software bei der personenbezogene Daten verarbeitet werden.

6

Einführung von Zeiterfassungs- oder Zutrittsystemen

7

Installation von Videokameras

8

Vernetzung von Maschinen wodurch ein Rückschluss auf die Produktivität von Mitarbeiter möglich ist

9

Installation einer neuen Telefonanlage

Zusammengefasst: Bei nahezu jeder digitalen Lösung, die der Arbeitgeber einführen möchte, werden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgelöst, welche einen Schulungsanspruch zum Thema Datenschutz begründen können!

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