Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Darf der Arbeitgeber bei schlechter Wirtschaftslage Lohn oder Gehalt kürzen?

Kurzarbeit, Änderungskündigung und Sonderzahlungen: Mit was müssen Sie als Arbeitnehmer und Betriebsrat rechnen?

Deutschland droht, in die Rezession zu rutschen – so die düstere Prognose vieler Wirtschaftsforscher. Immer mehr Unternehmen gehen auf Sparkurs: Investitionen werden verschoben, sogar Personalabbau steht vermehrt im Raum. So kurz vor dem Winter in der Energiekrise fragen sich viele Arbeitnehmer, wie es nun weitergeht. Wenn Sie jedes Jahr fest mit dem Weihnachts- oder Urlaubsgeld rechnen und sich auf Ihre Bonuszahlung zum Jahresabschluss freuen: Kann es Ihnen passieren, dass solche Sonderzahlungen aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage gestrichen werden? Und wie sieht mit Ihrem Gehalt oder Lohn aus? Kann der Arbeitgeber Kürzungen vornehmen, um durch die Krise zu kommen?

Stand:  8.11.2022
Lesezeit:  04:00 min
Teilen: 
Darf der Arbeitgeber bei schlechter Wirtschaftslage Lohn oder Gehalt kürzen? | © AdobeStock | Joachim Wendler

Die gute Nachricht vorab: Einfach so kann der Arbeitgeber das vertraglich vereinbarte Gehalt oder den Stundenlohn nicht kürzen. Zumindest nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers. Denn der Unternehmer trägt das Betriebsrisiko und damit auch das Risiko erhöhter Preise oder einer schlechten Auftragslage. Eine Möglichkeit bei einer wirtschaftlichen Schieflage ist aber die Einführung von Kurzarbeit.

Kurzarbeit: Kosten sparen, ohne Kündigungen auszusprechen!

Gibt es im Unternehmen vorübergehend einen erheblichen Arbeitsausfall, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen Kurzarbeit anordnen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Arbeitnehmer arbeiten dann weniger Stunden als vertraglich vorgesehen und bekommen entsprechend auch weniger Lohn. Das Kurzarbeitergeld, das bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden kann, hilft, den Verlust teilweise wettzumachen. Bei der Einführung von Kurzarbeit gelten allerdings strenge Regeln, und ohne die Einwilligung der Beschäftigten bzw. des Betriebsrats geht gar nichts.

Eine weitere Möglichkeit der Arbeitgeber, beim Lohn zu sparen, bietet theoretisch die Änderungskündigung – auch wenn das in der Praxis selten rechtmäßig ist, weil es an einige Voraussetzungen geknüpft ist.

Videotipp zum Thema:

Entgeltkürzung durch Änderungskündigung: Was ist erlaubt?

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen und ihm gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag zu anderen Bedingungen – z. B. mit einem reduzierten Gehalt – anbieten. Eine solche sogenannte  Änderungskündigung darf der Arbeitgeber jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen aussprechen: nämlich, wenn die finanziellen Probleme des Unternehmens zu einem Stellenabbau oder sogar zur Betriebsschließung führen können. Außerdem muss ein umfassender Sanierungsplan vorliegen, der alle anderen, milderen Maßnahmen ausschöpft. Und: Der Arbeitgeber muss, wie vor jeder Kündigung, den Betriebsrat anhören! Insgesamt ist die betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung selten durchsetzbar.

Ade Weihnachtsgeld? Wann können Sonderzahlungen entfallen?

Ob Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Bonus: Viele Arbeitnehmer bekommen zusätzlich zum regulären Gehalt Sonderzahlungen. Können diese bei schlechter wirtschaftlicher Lage einfach so gestrichen werden? Grundsätzlich nicht, aber auch hier gibt es Schlupflöcher. Es kommt darauf an, wie die Zahlungen im Einzelfall geregelt sind. Steht das Weihnachtsgeld zum Beispiel im Tarifvertrag oder ist Bestandteil einer Betriebsvereinbarung, kann es nicht so einfach gekürzt werden.

Auch im Arbeitsvertrag kann ein vorbehaltloser Anspruch auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld festgelegt sein. Oft steht da jedoch das kleine Wort „freiwillig“ vor der Zahlung. Mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt weist der Arbeitgeber daraufhin, dass es keinen zukünftigen Anspruch auf die Sonderzahlung gibt – also auch keine betriebliche Übung, selbst wenn das Geld in der Vergangenheit über mehr als drei Jahre hinweg gezahlt wurde. Das heißt: In diesem Fall kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld unter Umständen kürzen. Die Kürzung muss allerdings alle Arbeitnehmer in gleichem Maße betreffen: Der Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht verletzt werden.

Darf der Bonus gekürzt werden?

Und wie sieht es mit dem Bonus aus? Auch hier hängt es davon ab, was im Arbeitsvertrag oder einer Bonusvereinbarung steht. Ist die Zahlung zum Beispiel an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gekoppelt, darf der Arbeitgeber die Zahlung kürzen oder streichen. Wenn er jedoch an die individuelle Leistung des Mitarbeiters gebunden ist, sieht es anders aus. Hat der Arbeitnehmer seine Zielvorgaben erreicht, darf der Bonus nicht einfach so entfallen.

Sie sehen also: Auch in der Krise sind Arbeitnehmer vor willkürlichen Entscheidungen des Unternehmers geschützt. Es gibt allerdings auch sinnvolle Instrumente, die Arbeitgebern helfen, wirtschaftliche Talfahrten gut zu überstehen, wie beispielsweise die Kurzarbeit. Ein Betriebsrat kann hier das Beste für die Belegschaft verhandeln – vom Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. (nb)

Kontakt zur Redaktion

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Wenden Sie sich gerne direkt an unsere Redaktion. Wir freuen uns über konstruktives Feedback!

redaktion-dbr@ifb.de

Jetzt weiterlesen

Strafverfolgung wegen der Betriebsratsvergütung?

In letzter Zeit ist viel von der Betriebsratsvergütung die Rede. Aktuell liegt dazu der Vorschlag einer Experten-Kommission zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vor (wir haben berichtet). Parallel dazu werden neuerliche Hausdurchsuchungen bei VW bekannt. Hintergrund ist das seit Jahren laufende Verfahren gegen VW-Manager wegen des Verdachts der Untreue wegen überhöhter Betriebsratsgehälter. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt weiter, nachdem der Bundesgerichtshof einen Freispruch des Landgerichts Braunschweig aufgehoben hatte. VW ist aber nur die Spitze eines Eisbergs, und manche Unternehmen fangen jetzt aus Angst vor Strafverfolgung damit an, Betriebsratsgehälter zu kürzen.