Helga, viele Betriebsräte tauschen sich aktuell aus dem Home-Office mit den Kollegen aus. Was braucht man, um gut virtuell zu kommunizieren, zum Beispiel per Video?
Zum Glück sind viele von uns schon privat an Videotelefonate gewöhnt, zum Beispiel über WhatsApp und Skype. Und doch: Virtuelle Kommunikation im geschäftlichen Kontext erfordert Zusatzkompetenzen vor allem im virtuellen Umgang miteinander.
Hast Du Tipps, wie das gelingt?
Zuerst sollte man sich natürlich mit dem System, die das Unternehmen vorgegeben hat, vertraut machen. Wie schaltet man die Kamera und den Ton an bzw. aus? Wie startet man ein Gespräch mit mehreren Kollegen? Oder wie nimmt man ein Gespräch am PC entgegen? Darüber hinaus sind am Anfang gerade für ungeübte Kolleg*innen im Gremium sogenannte Eisbrecher hilfreich. Für manche Kollegen fühlt es sich noch fremd an, mit Video vor dem Rechner zu sitzen und über Distanz mit den Kollegen zu diskutieren. Eine Möglichkeit ist, zu Beginn einer Besprechung eine allgemeine Frage in die Runde zu stellen, z.B. „Was trinkt ihr heute Morgen?“ Der Vorteil ist, dass nun jeder kurz zu Wort kommt und erste Hemmungen so überwunden werden.
Im Hintergrund spielen die Kinder, nebenan läuft der Küchenmixer. Wirklich ruhig ist es in den wenigsten Wohnungen.
Letztlich sitzen im Moment alle im gleichen Boot. Ein „Bitte nicht stören-Schild“ an der Zimmertür kann helfen, etwas Ruhe für das Gespräch zu haben. Ein Tipp für Familien ist, genaue Regeln zu besprechen, wann Arbeitszeit ist und wann Spielzeit.
Besonders Betriebsratsvorsitzende stehen ja plötzlich vor der Hürde, virtuelle Sitzungen zu leiten. Wie funktioniert das?
Zunächst ist es unumgänglich, sich mit den digitalen Möglichkeiten vertraut zu machen – von der Einladung über die Eröffnung bis hin zur effektiven Durchführung einer Sitzung. Ich persönliche finde es gerade in der aktuellen Situation wichtig, SICHTBAR und präsent zu sein. Das heißt „Video an“, auch wenn es die Kollegen (noch) nicht tun. Neben der technischen Kompetenz gilt es auch, die digitale Sozialkompetenz zu schärfen. Eine Sitzung online zu leiten oder zu moderieren erfordert ganz neue Blickwinkel. Trotz der räumlichen Distanz gilt es, das Potenzial der Technik kreativ zu nutzen und möglichst viel gefühlte Nähe im Gremium zu schaffen, das Gremium ins Boot zu holen und sich die Aufmerksamkeit des Gremiums zu sichern.
Manche sind von Online-Meetings genervt, weil immer wieder jemand aus der Runde dazwischen quatscht. Wie lassen sich menschliche Unterbrechungen vermeiden?
Gerade bei größeren Gremien empfehle ich, zu Beginn gemeinsam Spielregeln zum Ablauf einer Sitzung zu vereinbaren. Dies kann sein, dass Kollegen, die nicht sprechen, sich stummschalten, Wortmeldungen gesammelt werden und wer spricht seinen Namen nennt. Bewährt hat sich auch ein Co-Moderator, der Fragen und Wortmeldungen über Chats oder Handzeichen sammelt und die Kollegen reihum um Ihren Beitrag bittet.
Wagen wir zum Schluss einen Blick in die Zukunft: Wird sich die Besprechungskultur dauerhaft ändern?
Ich bin überzeugt, dass die augenblickliche Situation unsere Besprechungskultur nachhaltig verändern wird. Die digitale Welt ist eine Chance, um effektiver und effizienter zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Aber eins ist sicher: Betriebsräte arbeiten auch in Zukunft mit Menschen und für Menschen – das geht nicht nur online. Persönliche Gespräche werden ihre Bedeutung nie verlieren, denn die Wahrnehmung körpersprachlicher Signale wie das persönliche Lachen und der gemeinsame Kaffee vor und nach der Sitzung sowie die dabei ausgetauschten Informationen sind unersetzlich.
Helga Herböck ist seit mehr als 10 Jahren Referentin beim ifb. Mit ihrem langjährigen Erfahrungsschatz im internationalen Management ist die Kommunikationsexpertin gewöhnt, Online Meetings zu leiten und kann Betriebsräten viele Praxistipps zum Thema Digitalkompetenz vermitteln.