Die Grundlage: Rechtlicher Rahmen in Österreich
Der Betriebsrat ist die Interessenvertretung der Arbeitnehmer auf Betriebsebene – genau wie in Deutschland. In Österreich steht er jedoch auf besonders festem rechtlichem Boden: Die betriebliche Mitbestimmung ist hier nicht nur gesetzlich geregelt, sondern sogar in der Bundesverfassung verankert. Ein starkes Fundament – und das ganz wörtlich.
Zentrale gesetzliche Grundlage ist das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG). Darin geregelt ist alles, was die Betriebsratsarbeit betrifft: von der Wahl über die Befugnisse bis hin zu Rechten und Pflichten im Alltag.
Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland: In Österreich spielen die Kammern – etwa die Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer oder Landwirtschaftskammer – eine zentrale Rolle. Besonders hervorzuheben ist die Arbeiterkammer (AK). Sie vertritt die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem Staat, anderen Kammern und im Rahmen der Sozialpartnerschaft – also der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen. Alle unselbstständig Beschäftigten sind automatisch Mitglied. Die AK bietet umfassende Beratung, Rechtsschutz und engagiert sich politisch für Arbeitnehmerinteressen – häufig in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat.
Ebenfalls wichtig: die Kollektivverträge – vergleichbar mit den Tarifverträgen in Deutschland. Dabei handelt es sich um branchenweite Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, meist zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaften. Sie regeln verbindlich zentrale Arbeitsbedingungen wie Löhne, Arbeitszeiten oder Urlaubsansprüche und sichern so Mindeststandards für Beschäftigte. Gleichzeitig sorgen sie für faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Branche.
Ein echter Vorteil für Arbeitnehmer: In Österreich gelten Kollektivverträge nahezu flächendeckend. Über 95 % der Beschäftigten sind dadurch abgesichert – eine starke Grundlage, auf der die österreichischen Betriebsratskollegen aufbauen können.
In Österreich kann ein Betriebsrat bereits ab fünf ständig beschäftigten Arbeitnehmern gewählt werden.
Die Wahl des Betriebsrats in Österreich
In Österreich kann ein Betriebsrat bereits ab fünf ständig beschäftigten Arbeitnehmern gewählt werden – also etwas früher als in Deutschland (Zur Erinnerung: bei uns ab fünf Arbeitnehmern mit drei Wahlberechtigten). Gewählt wird in geheimer und unmittelbarer Wahl – ganz wie bei uns.
Aktives Wahlrecht haben alle Beschäftigten ab 16, das passive beginnt ab 18 Jahren. Eine Besonderheit: Die Wahl erfolgt immer über Listenwahl, es können also mehrere Gruppen mit eigenen Listen kandidieren – was etwas mehr Wettbewerb bedeutet. Bei uns ist das Wahlverfahren abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter.
Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre, also ein Jahr länger als in Deutschland. Und der Wahlprozess ist – man glaubt es kaum, das geht – etwas weniger formalistisch als bei uns. Keine komplizierte Wahlordnung, keine seitenlangen Protokollvorgaben – was nicht heißt, dass es keine Fehlerquellen gibt, aber der organisatorische Aufwand ist überschaubarer.
Der Betriebsrat in Österreich hat eine breite Palette an Aufgaben – von Mitwirkung bis Mitbestimmung, von Beratung bis Kontrolle.
Aufgaben und Rechte des österreichischen Betriebsrats
Der Betriebsrat in Österreich hat eine breite Palette an Aufgaben – von Mitwirkung bis Mitbestimmung, von Beratung bis Kontrolle.
Die wichtigsten Rechte im Überblick:
- Informationsrecht: Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über wirtschaftliche und personelle Angelegenheiten rechtzeitig informieren.
- Anhörungs- und Beratungsrechte: Bei Kündigungen, Versetzungen, Eingruppierungen und Arbeitszeitregelungen hat der Betriebsrat ein Wort mitzureden.
- Betriebsvereinbarungen: Sie können verbindlich mit dem Arbeitgeber abgeschlossen werden und sind – ebenso wie Gesetze und Kollektivverträge – unmittelbar rechtsverbindlich. Einzelvereinbarungen zu denselben Themen sind nur dann zulässig, wenn sie für die Beschäftigten eine günstigere Regelung enthalten.
- Mitwirkung bei Arbeitnehmerschutz, Gleichbehandlung, Arbeitszeit und Urlaubsplanung.
- Kontrolle der Einhaltung von Gesetzen und Kollektivverträgen im Betrieb.
Und noch ein Unterschied: In Österreich ist vieles über Kollektivverträge geregelt, was in Deutschland auf betrieblicher Ebene über Betriebsvereinbarungen verhandelt wird. Der österreichische Kollege ist dadurch teilweise entlastet, aber auch weniger direkt steuernd tätig.
In Deutschland ist die Betriebsratsratsarbeit im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.
Mitbestimmung in Deutschland – kurz im Vergleich
In Deutschland ist die Betriebsratsratsarbeit im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.
Der Vergleich zeigt:
- Die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten sind in Deutschland oft stärker (z. B. § 87 BetrVG mit erzwingbaren Rechten).
- Das deutsche System setzt auf formalisierte Abläufe – von der Wahl über Sitzungen bis zur Protokollführung.
- Betriebsvereinbarungen haben eine größere Reichweite und sind nicht zwingend auf gesetzlich vorgesehene Themen beschränkt.
- Gewerkschaften spielen im Betrieb eine indirektere Rolle, während die Kammern in Österreich stark im Vordergrund agieren.
Kurzum: In Deutschland ist der Betriebsrat näher dran am an den betrieblichen Anforderungen, aber auch stärker gefordert – juristisch, formal und organisatorisch.
In Österreich ist die Mitbestimmungswelt also dreigeteilt: Betriebsrat – Gewerkschaft – Arbeiterkammer (AK).
Die Rolle überbetrieblicher Akteure – Kammern vs. Gewerkschaften
In Österreich ist die Mitbestimmungswelt also dreigeteilt: Betriebsrat – Gewerkschaft – Arbeiterkammer (AK). Letztere ist Pflichtmitgliedschaft für alle unselbständig Beschäftigten und ein echter Trumpf bei Rechtsfragen, Schulungen oder politischen Anliegen.
In Deutschland übernehmen diese Funktionen in erster Linie die Gewerkschaften – auf freiwilliger Basis. Allerdings sind viele Beschäftigte bei uns nicht gewerkschaftlich organisiert.
Fazit: In Österreich profitieren Betriebsräte von einem starken institutionellen Rückhalt – in Deutschland müssen sie selbst mehr auf die Beine stellen, oft losgelöst von den Gewerkschaften.
Auch Betriebsräte in Österreich müssen lernen – und das am besten nicht nebenbei zwischen Tür und Pausenraum.
Weiterbildung mit Alpenblick – Bildungsfreistellung in Österreich vs. Schulungsanspruch in Deutschland
Auch Betriebsräte in Österreich müssen lernen – und das am besten nicht nebenbei zwischen Tür und Pausenraum. Das ist im § 118 ArbVG geregelt: Während ihrer Amtszeit haben Betriebsratsmitglieder Anspruch auf drei Wochen und drei Tage bezahlte Bildungsfreistellung – bei besonderem Interesse (z. B. Unfallverhütung, Arbeitstechnik) sogar bis zu fünf Wochen. Und das ist kein "nice to have", sondern ein gesetzlich verbrieftes Recht – samt Entgeltfortzahlung in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten.
Übrigens: In kleineren Betrieben muss der Betriebsrat seine Schulung nicht selber zahlen. Hier übernimmt die Kammer die Entgeltfortzahlung.
In Deutschland regelt der § 37 Abs. 6 BetrVG, dass Betriebsräte an Schulungsveranstaltungen teilnehmen dürfen, wenn diese erforderlich sind – was in der Praxis durchaus diskussionsanfällig mit dem Arbeitgeber sein kann („Erforderlich oder nicht?“ ist hier die Gretchenfrage).
Fazit: Deutschland oder Österreich – wer hat das bessere Prinzip der Mitbestimmung?
Wie der Jurist sagen würde: Es kommt drauf an.
- Österreich punktet mit klarer gesetzlicher Verankerung, einem einfacheren Wahlverfahren und starken Institutionen wie der Arbeiterkammer.
- Deutschland hingegen bietet Betriebsräten umfassendere Mitbestimmungsrechte und mehr Gestaltungsspielraum im Betrieb – allerdings auch mit mehr Aufwand und Verantwortung.
Vielleicht ist das wie beim Kaffee: In Österreich gibt’s Melange, Verlängerten und Einspänner – in Deutschland Filterkaffee. Beides macht wach – nur eben auf unterschiedliche Art.
Oder wie der Wiener sagen würde: „Eh klar – Hauptsach’, es wirkt.“
Am Ende zeigt der Blick über die Grenze vor allem eines: Es lohnt sich, voneinander zu lernen.(sw)