News Rechtsprechung Reizthema Jahresurlaub: Alle warten auf das BAG!

Reizthema Jahresurlaub: Alle warten auf das BAG!

Wann verfällt bzw. verjährt mein Urlaubsanspruch?

So kurz vor Weihnachten wurde es am Bundesarbeitsgericht in Erfurt nochmal richtig spannend! Denn am 20. Dezember 2020 wurde eine wichtige Entscheidung zum Thema Jahresurlaub getroffen. Was war passiert? Aus Zeitdruck bzw. aus Krankheitsgründen konnten die Kläger über Jahre hinweg ihren Urlaub nicht ganz nehmen – 101 bzw. 14 Urlaubstage sammelten sich an. Zu spät, Pech gehabt? Nix da: Schon im September hatte der Europäische Gerichtshof sehr arbeitnehmerfreundlich entschieden …

Stand:  20.12.2022
Lesezeit:  03:00 min
BAG Urlaub | © AdobeStock | yanlev

Erholungsurlaub – die schönste Zeit im Jahr! Immer wieder gibt es am Ende des Kalenderjahres Ärger wegen übrig gebliebener Urlaubstage. Was passiert mit denen? Dürfen sie übertragen werden?

Blick ins Bundesurlaubsgesetz

Werfen wir einen Blick in das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dort klingt es erstmal eindeutig: Der Jahresurlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. So steht es in § 7 Abs. 3 BUrlG. Sonst ist er futsch. Aber: Es gibt natürlich auch Ausnahmen – und eine spektakuläre Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dazu. 

EuGH: Wann verjährt/verfällt nicht genommener Jahresurlaub?
Nicht genommene Urlaubstage verfallen/verjähren nicht automatisch, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH).
Weiterlesen EuGH: Wann verjährt nicht genommener Jahresurlaub?

Was ist mit Übertragung von Urlaub?

Resturlaub übertragen – geht das? Eine Übertragung ist möglich, z.B. wenn Arbeitnehmer ihn aus dringenden betrieblichen Gründen nicht nehmen konnten. Dann ist Stichtag erstmal der 31. März des Folgejahres. Bei Krankheit gilt eine Frist von max. 15 Monaten. 

Das sagt der EuGH

Allerdings gibt es hier ein großes „Aber“: Arbeitgeber müssen es ihren Arbeitnehmern ermöglichen, dass diese ihren Urlaub nutzen können. Das hat der Europäische Gerichtshof im September entschieden. Dem vorausgegangen war eine sogenannte Vorabanfrage des Bundesarbeitsgerichts. Ziel war es zu klären, wie weit die Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers gehen. Die Antwort war recht klar: Der Urlaubsanspruch verfällt nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub zu nehmen.
Allerdings gebe es unter besonderen Umständen eine Ausnahme, um eine unbegrenzte Ansammlung von Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankung zu vermeiden.

Abgeltung von Urlaubstagen: Verjährung?

Zu viel zu tun – der Arbeitgeber war schriftlich einverstanden, den Urlaub zu „schieben“. Genommen hatte ihn die Arbeitnehmerin bis zu ihrem Ausscheiden trotzdem nicht. Nach drei Jahren verjährt? Auch hier habe der Arbeitgeber Mitwirkungspflichten, so der EuGH. Zu einfach wäre es wohl, wenn sich Arbeitgeber einfach nur auf den fehlenden Antrag stützen könnten, um dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu entgehen. Fazit: Auf die Mitwirkung kommt es auch hier an – Abwarten und Tee trinken geht nicht!

Das sagt das BAG

Dem folgte das Bundesarbeitsgericht. Aus Zeitdruck bzw. aus Krankheitsgründen hatten die Kläger über Jahre hinweg ihren Urlaub nicht ganz nehmen können – 101 bzw. 14 Urlaubstage sammelten sich an. Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 20. Dezember 2022 ( 9 AZR 266/20): 

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Das Gericht setzt also die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs um. Das heißt: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall des Urlaubsanspruchs hingewiesen und zur Inanspruchnahme des Resturlaubs aufgefordert haben. Tut er das nicht, beginnt die Verjährungsfrsit nicht.  (cbo)

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