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News Schwerbehindertenvertretung Zu den Rechten und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

Zu den Rechten und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

Nur gut, dass es sie gibt!

Das Sozialgesetzbuch IX verfolgt das Ziel, die Teilhabe von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden bzw. ihnen entgegenzuwirken. Damit ihre Belange in den Betrieben Gehör finden, hat der Gesetzgeber die Schwerbehindertenvertretung (SBV) geschaffen. Über ihre Rechte und Aufgaben informiert Günter Friedrich.

Günter Friedrich

Stand:  12.9.2013
© widedisplay - Fotolia.com

Die Vertretung der Interessen der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen erfolgt durch eine gewählte „Vertrauensperson“, die Schwerbehindertenvertretung(SBV). Diese ist in den Betrieben zu wählen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind. Es ist wenigstens ein stellvertretendes Mitglied zu wählen. Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung erfolgt nach der Wahlordnung (SchwbVWO). Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung beträgt vier Jahre. Sie beginnt mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses oder, wenn die Amtszeit der bisherigen Schwerbehindertenvertretung noch nicht beendet ist, mit deren Ablauf. Scheidet die Vertrauensperson vorzeitig aus dem Amt aus, rückt der mit der höchsten Stimmenzahl gewählte Stellvertreter für den Rest der Amtszeit nach.

Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sind in § 95 SGB (Sozialgesetzbuch) IX (ab 2018: § 178 SGB IX) umrissen: Sie fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb, vertritt ihre Interessen und steht ihnen beratend und helfend zur Seite. Vier wichtige Kernbereiche der Arbeit der Schwerbehindertenvertretung sind:

  • die Überwachung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen; insbesondere auch die dem Arbeitgeber nach §§ 71, 72 und 81 bis 84 SGB IX (ab 2018: §§ 154, 155 und 164 bis 167 SGB IX) obliegenden Verpflichtungen;
  • die Beantragung von (insbesondere auch präventiven) Maßnahmen, die den schwerbehinderten Menschen dienen;
  • die Entgegennahme von Anregungen sowie Beschwerden von schwerbehinderten Menschen;
  • die Unterstützung der Beschäftigten bei der Stellung von Anträgen auf Feststellung einer (Schwer-) Behinderung sowie der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.

Um ihren Aufgaben gerecht werden zu können, besitzt die Schwerbehindertenvertretung umfassende Informations-, Anhörungs- und Mitwirkungsrechte. Der Arbeitgeber muss die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichten und vor einer Entscheidung anhören. Er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Solche „Angelegenheiten“ sind beispielsweise die Integration (schwer-)behinderter Mitarbeiter, die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsumfeldes sowie die berufliche Weiterbildung schwerbehinderter Arbeitnehmer.

Im Rahmen der Veranlagung zur Ausgleichsabgabe muss der Arbeitgeber der  SchwerbehindertenvertretungAbschriften der fortlaufend zu führenden Verzeichnisse der bei ihm beschäftigten schwerbehinderten sowie diesen gleichgestellten behinderten Menschen aushändigen (vgl. § 80 Abs. 1 SGB IX - ab 2018: § 163 Abs. 1 SGB IX). Die Schwerbehindertenvertretung sollte die Abschriften auf ihre Vollständigkeit hin prüfen, soweit sie selbst Arbeitskollegen bei der Stellung von Anträgen auf Anerkennung der Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung unterstützt.

Der Mitwirkung der SBV kommt bei der Einstellung schwerbehinderter Menschen eine besondere Bedeutung zu: Der Arbeitgeber ist verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (vgl. § 81 Abs. 1 SGB IX, ab 2018: § 164 Abs. 1 SGB IX). Der Arbeitgeber muss Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen mit der Schwerbehindertenvertretung erörtern und dem Betriebsrat deren Stellungnahme unterbreiten. Das Gesetz unterscheidet hierbei nicht zwischen internen sowie externen Bewerbungen. Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine Initiativbewerbung oder um eine Bewerbung aufgrund einer Stellenausschreibung handelt. Eine Vorauswahl des Arbeitgebers unter den Bewerbern ist unzulässig. Außerdem ist die  Schwerbehindertenvertretung bei allen Vorstellungsgesprächen zu beteiligen.

Wird die Schwerbehindertenvertretung – entgegen der Anhörungspflicht – bei einer  Entscheidung nicht beteiligt, so ist die Entscheidung für die Dauer von einer Woche auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen. Ist die Entscheidung bereits vollzogen oder durchgeführt worden, dann bleibt die fehlende Anhörung der Schwerbehindertenvertretung folgenlos. Eine Personalmaßnahme wird durch die fehlende Anhörung nicht unwirksam.

Teilnahmerechte der Schwerbehindertenvertretung

Die SBV hat das Recht, an allen Sitzungen des Betriebsrats und dessen Ausschüssen sowie des Arbeitsschutzausschusses beratend teilzunehmen. Sie kann beantragen, Angelegenheiten, die einzelne schwerbehinderte Menschen oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe besonders betreffen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen (vgl. § 95 Abs. 4 SGB IX, ab 2018: § 178 Abs. 4 SGB IX). Dieses Teilnahmerecht gilt nicht nur für Sitzungen, auf denen Fragen behandelt werden sollen, die schwerbehinderte Menschen betreffen. Deshalb ist die Schwerbehindertenvertretung zu allen Sitzungen unter Beifügung der Tagesordnung einzuladen.

Weiter ist die Schwerbehindertenvertretung bei den „Monatsgesprächen“ zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat hinzuzuziehen. Ferner ist sie berechtigt, an den  Betriebsversammlungen teilzunehmen und dort zu reden. Die Schwerbehindertenvertretung kann beantragen, einen Beschluss des Betriebsrats auszusetzen, wenn sie glaubt, dass damit eine Beeinträchtigung wichtiger Interessen von schwerbehinderten Menschen verbunden ist, oder wenn sie nicht an der Sitzung beteiligt worden ist. Der beanstandete Beschluss ist für die Dauer von einer Woche auszusetzen. Danach hat der Betriebsrat erneut zu entscheiden.

Die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht, einmal im Kalenderjahr und bei Bedarf auch wiederholt eine Versammlung schwerbehinderter Menschen im Betrieb durchzuführen. Im Rahmen des besonderen Kündigungsschutzverfahrens für schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte behinderte Menschen (vgl. §§ 85 – 92 SGB IX, ab 2018: §§ 168 bis 175 SGB IX) hat das Integrationsamt eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung einzuholen.

Rechtliche Stellung der Vertrauensperson

Die persönlichen Rechte und Pflichten der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen richten sich nach § 96 SGB IX (ab 2018: § 179 SGB IX): Ihr Amt ist ein Ehrenamt, in dessen Ausübung sie nicht behindert werden darf. Wegen ihres Amtes darf die Vertrauensperson weder benachteiligt noch begünstigt werden. Dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

Hieraus folgt, dass sie während ihrer Amtszeit die gleiche Förderung erfahren muss, wie es bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer der Fall ist bzw. sein würde. Die Vertrauensperson unterliegt der Schweigepflicht. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Sie wird von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts befreit, wenn und soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die für die Schwerbehindertenvertretung angeboten werden.

Sind in dem Betrieb regelmäßig wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, so ist die Vertrauensperson auf ihren Wunsch hin von der Arbeit freizustellen; weiter gehende Vereinbarungen sind zulässig. Freigestellte Vertrauenspersonen dürfen von inner- oder außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsförderung nicht ausgeschlossen werden. Nach der Beendigung ihrer Freistellung ist ihnen im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene berufliche Entwicklung nachzuholen. Muss die Schwerbehindertenvertretung außerhalb der Arbeitszeit tätig werden, hat sie Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung ihrer Vergütung.

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers

Gemäß § 96 Abs. 8 SGB IX (ab 2018: § 177 Abs. 8 SGB IX) hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen. Hierzu gehören insbesondere Aufwendungen für die Büroeinrichtung, für Büromaterialien, für Gesetzestexte, Fachliteratur und Fachzeitschriften sowie für die Teilnahme an erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen.

Ausblick

Mit Schaffung des SGB IX hat der Gesetzgeber der Schwerbehindertenvertretung neue Aufgaben zugewiesen. Hierzu gehört insbesondere die Mitwirkung im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements. In enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sollte die  Schwerbehindertenvertretung frühzeitig auf den Arbeitgeber einwirken, um sinnvolle Regelungen und Hilfen für langzeiterkrankte sowie gesundheitlich eingeschränkte Mitarbeiter zu schaffen. Angesichts der immer älter werdenden Belegschaften wird dies zukünftig eines der wichtigsten Aufgabenfelder der Schwerbehindertenvertretung sein, um schwerbehinderten sowie ihnen gleichgestellten Beschäftigten den Arbeitsplatz zu erhalten.

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