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So werden Betriebsräte systematisch fertig gemacht

Böses Foul gegen Betriebsräte

Anwälte, die sich auf die Kündigung von Betriebsräten spezialisiert haben? Seminare, auf denen man lernt, wie man Betriebsräten das Leben schwer macht? Klingt nach einem schlechten Krimi – ist aber leider Wirklichkeit. 

Stand:  6.6.2016
Lesezeit:  02:15 min
So werden Betriebsräte fertig gemacht | © Fotolia.com | ALAIN VERMEULEN

Abmahnen, drohen, isolieren – immer mehr Unternehmen sehen in Betriebsräten Störenfriede, die es zu bekämpfen gilt. Angeheizt und unterstützt werden sie von Kanzleien, die sich auf den Angriff auf Betriebsräte spezialisiert haben. Hinzu kommen einschlägige Seminare, wie etwa „Grenzen des Betriebsrats – So weisen Sie Ihren Betriebsrat in die Schranken", das von der berüchtigten Sozietät Schreiner und Partner in Köln angeboten wird.

All dies bereitet nicht gerade den Nährboden für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Arbeitnehmer, wie es das Gesetz fordert. Ganz im Gegenteil. Als Union Busting ist das Phänomen bekannt, welches die Betriebsratsgegner so massiv betreiben. Übersetzt heißt es so viel wie „Gewerkschaftszerschlagung".

Dauerbeschuss bei KiK ...

Unter Dauerbeschuss stand beispielsweise Andreas Piezocha. Der Staplerfahrer wurde im Mai 2014 in den KiK-Betriebsrat gewählt, der Beginn eines harten Kampfes. „Ich hab mir schon vorgestellt, dass es schlimm wird – aber dass es so wird, hab ich nicht erwartet", sagte Piezocha gegenüber dem WDR. Andreas Piezocha habe in einem Interview mit der Partei Die Linke falsche Zahlen über Löhne von KiK-Mitarbeitern angegeben und Kik auf Facebook als „Ramschrampe" bezeichnet, so ein Teil der Vorwürfe. Ein Sturm brach über ihn herein: Im Verlauf des Streits erhielt das Betriebsratsmitglied 14 Abmahnungen, außerdem versuchte Kik drei Mal, ihm zu kündigen. Wen wundert es: KiK hat juristische Unterstützung von der Anwaltskanzlei Schreiner und Partner. Andreas Piezocha gab vor kurzem auf, er verlässt das Unternehmen. Nach fast zweijährigem Dauerstreit hat er sich mit dem Unternehmen vor dem Arbeitsgericht verglichen.

Der Fall Bagel

Der Mönchengladbacher Druckbetrieb Bagel Direkt, ein Unternehmen der Düsseldorfer Bagel-Gruppe, kündigte Mitte April der kompletten Belegschaft, insgesamt 44 festangestellten Mitarbeitern. Kurz zuvor gab es einen Konflikt um die Gründung eines Betriebsrats und den Abschluss eines Tarifvertrags.

Edith Buchs, die seit 10 Jahre bei Bagel beschäftigt ist, sagte im WDR-Interview: „Wir werden abserviert, weil wir unbequem sind". Doch die Mitarbeiter lassen nicht locker. Im April wählten die Beschäftigten laut work-watch.de auf einer außerordentlichen Betriebsratsversammlung den Wahlvorstand für die Einleitung der Betriebsratswahl. Unterstützt werden sie von ver.di. Sie fordern, dass die Kündigungen zurückgenommen werden und sammeln Stimmen mit einer Online Petition (www.soliseite.de/bagel-direkt-moenchengladbach). Das Angebot von Bagel, dass die Mitarbeiter von einer Zeitarbeitsfirma übernommen zu werden, habe rund die Hälfte der Belegschaft bislang angenommen.

Ohne Weitblick

Doch wie kommt es eigentlich, dass sich in wirtschaftlich recht stabilen Zeiten eine solche Front etabliert? Die Lösung liegt nahe: Profitmaximierung und Kostensenkung lautet das Lockmittel, um gegen Betriebsräte vorzugehen. Leider ein Ansatz, der zu kurz gedacht ist. Denn zufriedene Mitarbeiter, die sich gut vertreten fühlen, bringen mehr Motivation und damit auch mehr Produktivität und Kreativität mit in das Unternehmen. Doch dieser Weitblick fehlt den Betriebsratshassern leider.

§ 119 BetrVG: Ein zahnloser Tiger?

Theoretisch, so legt es § 119 BetrVG fest, wird die Behinderung der Betriebsratsarbeit mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet. Doch die Staatsanwälte scheinen dies nicht zu ernst zu nehmen. In den meisten Fällen werden die angestrengten Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Die Lösung könnten Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Arbeitsrecht sein, wie etwa der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff sie fordert.

Doch was tun?

Dranbleiben, Netzwerke bilden und Wissen tanken, heißt die Devise. Dass der Arbeitgeber die Kosten für die Schulung eines Betriebsrats über die Strafvorschriften des §§ 119 und 120 BetrVG tragen muss, hat bereits 2008 das Landesarbeitsgericht Köln entschieden (14 TaBV 44/07). Jedenfalls in Großunternehmen gehört die Kenntnis von Strafvorschriften der Betriebsverfassung  zum Grundlagenwissen von Betriebsräten, so die Richter.

Und eins darf man nie vergessen: Mitbestimmung ist ein wertvolles Stück Demokratie, für das es sich zu kämpfen lohnt! (CB)

Das kenne ich? Oder: Das geht auch anders!

Einige Betriebsräte werden beim Lesen gedacht haben „Das kenne ich!", andere vielleicht „Bei uns ist das zum Glück anders." Schreibt uns, was Ihr denkt!

Wir haben ein offenes Ohr für Euch und Eure (nicht) alltäglichen Sorgen im BR.

Ihr erreicht unsere Redaktion unter: offenes-ohr@ifb.de

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