Aus einem Oldtimer macht man über Nacht keinen Rennschlitten, so viel ist sicher. Wenn man sich aber die vielen Pros und Contras rund um das Thema Betriebsrätemodernisierungsgesetz ansieht könnte man fast glauben, dass genau das geschehen ist – oder eben verpasst wurde. Der „Oldtimer“, also das Betriebsverfassungsgesetz, hat mit den Neuregelungen immerhin einige Änderungen erfahren. Welche sind das – und was taugen sie?
Die Liste ist lang
Die Liste der wichtigen Regelungen, die das Betriebsrätemodernisierungsgesetz anpackt, ist lang: Von der BR-Wahl über Online-Betriebsratssitzungen bin hin zum Thema Datenschutz; aus vielen wichtigen Bereichen des BR-Alltags sind Änderungen dabei.
Und die Ziele, die das Betriebsrätemodernisierungsgesetz verfolgt, sind hoch: Das Gesetz soll die (Neu)Gründungen von Betriebsräten vorantreiben und die Arbeit der Interessenvertreter erleichtern.
Stellungnahmen von Experten
Im Ausschuss für Arbeit und Soziales kamen Mitte Mai verschiedene Sachverständige zu Wort und äußerten sich zu den Plänen – mit unterschiedlichen Ergebnissen:
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) geht das Gesetz in die richtige Richtung. DGB-Vertreterin Micha Klapp monierte allerdings Rückschritte beim Kündigungsschutz für die Gründung von Betriebsräten. Auch dem Fachanwalt für Arbeitsrecht Nils Kummert reichen die Verbesserungen beim Kündigungsschutz nicht. Benötigt würde die Etablierung eines zweistufigen Kündigungsschutzes bei der BR-Wahl. Eine „neue Bürokratie“ befürchtet die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Für den Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen bleibt der Entwurf hingegen „weit hinter dem Möglichen“ zurück.
Drei wichtige Änderungen hielten gegenüber dem Regierungsentwurf Einzug.
Aktuelle Änderungen ganz zum Schluss!
Auch wenn die Bewertung der Regelungen unterschiedlich ausfiel, nach der Expertenanhörung hielten noch drei wichtige Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf Einzug – kurz vor der Verabschiedung im Bundestag. So wurde beschlossen, das Mindestalter für die Wahlberechtigung (aktives Wahlrecht) von der Vollendung des 18. auf die Vollendung des 16. Lebensjahres zu senken.
Außerdem, auch eine wichtige Ergänzung, gibt es Anpassungen für den Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeiten zuhause. Der erstreckte sich bisher nicht auf Wege im eigenen Haushalt, z.B. zum Kühlschank oder zum stillen Örtchen. Das sei im Betrieb anders, argumentierte der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages, und hielt daher eine Gleichbehandlung für geboten. Zudem wird der Unfallversicherungsschutz bei einer Home-Office-Tätigkeit auch auf Wege ausgedehnt, die die Beschäftigten zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen.
Und es wurde klargestellt, dass zu den Verschwiegenheitspflichten des Datenschutzbeauftragten auch Infos gehören, welche die Unabhängigkeit des Betriebsrats berühren.
Trotzdem ist es eine Reform, die Betriebsräte und ihre Arbeit ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit gerückt hat.
Reform, Reförmchen oder Fehlschlag?
Zurück zu unserem Bild vom Oldtimer. Sicher ist: Einen Paukenschlag an Modernisierung bietet es nicht für das Betriebsverfassungsgesetz, das „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“. Aber trotzdem ist es eine Reform, die Betriebsräte und ihre Arbeit ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit gerückt hat. Und an vielen Stellen ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Kein Sprung, aber immerhin ein erster Schritt. Der es, das muss man auch betonen, geschafft hat, verabschiedet zu werden. Jedem Paukenschlag an Vorhaben wäre das wohl nicht gelungen.
Herzstück der BR-Arbeit
Worauf es am Ende an vielen Stellen ankommen wird, das sind die mutigen und engagierten Menschen, die sich tagtäglich zum Wohle der Kollegen in ihrem Unternehmen einsetzen. Und vielleicht lässt sich schon alleine durch die mediale Aufmerksamkeit hier ein positiver Luftzug spüren. Auch Lob und Anerkennung tut gut. Um es nochmal mit den Worten von Hubertus Heil zu sagen: Es gibt einige Unternehmen, die an kurzsichtigen Anteilseignern oder an unfähigem Management gescheitert sind. Aber ich kenne kein Unternehmen in meiner Heimat, das je an einem sturen Betriebsrat gescheitert ist.
Auf die Geschwindigkeit kommt es dabei nicht immer an.
Auf die Geschwindigkeit kommt es dabei nicht immer an – aber darauf, alle Details des Gesetzes zu kennen. Denn ganz klar ist: Jeder Betriebsrat muss sich in diesen Tagen mir den Änderungen beschäftigen. Schon vor den Änderungen war das Betriebsverfassungsgesetz das rechtliche Herzstück der BR-Arbeit, um das uns manch andere Länder beneiden. (CB)