Nachweis von Kopfschmerzen: Entgeltfortzahlung bejaht

Kurz nachdem er selbst gekündigt hatte, legte ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, die bis zum Beginn seines Resturlaubs reichte. Der Arbeitgeber zweifelte die Krankschreibung an und verweigerte die Entgeltfortzahlung. Zu Recht?

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2025, 3 SLa 138/25

Stand:  2.12.2025
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Das ist passiert

Ein Elektroniker kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 30.04.2024. Die Personalabteilung wies ihn darauf hin, dass eine tarifliche Kündigungsfrist gelte und er deshalb bis zum 31.05.2024 noch arbeiten müsse. Daraufhin beschwerte sich der Arbeitnehmer und kündigte an, dass er trotzdem nur bis zum 30.04. arbeiten werde.

Der Arbeitnehmer arbeitete schließlich bis zum 06.05.2024. Am 07.05. meldete er sich per E-Mail bei seinem Vorgesetzten bis zum 21.05. arbeitsunfähig krank und nahm anschließend direkt seinen Resturlaub von sieben Tagen. Der 30.05.2024 war ein Feiertag. Am 31.05. sollte der Arbeitnehmer am Vormittag noch arbeiten und danach seine Firmengegenstände abgeben. Vor Gericht blieb streitig, ob er an diesem letzten Tag seines Beschäftigungsverhältnisses auch nicht mehr zur Arbeit erschienen war.

Wegen dieser besonderen Umstände zweifelte der Arbeitgeber die Erkrankung des Arbeitsnehmers an und verweigerte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von rund 1.400 €.  Der Elektriker klagte auf Zahlung.

In der ersten Instanz verlor er vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (10 Ca 3837/24). Der Fall ging weiter zum Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Zur Verhandlung war die Ärztin als Zeugin geladen, die die AU ausgestellt hatte. 

Das entschied das Gericht

Vor dem Landesarbeitsgericht hatte der Arbeitnehmer mit seiner Klage auf Entgeltfortzahlung Erfolg. Nach Befragung der behandelnden Ärztin waren die Richter überzeugt, dass der Arbeitnehmer aufgrund eines Konflikts am Arbeitsplatz tatsächlich in den strittigen zwei Wochen wegen Spannungskopfschmerzen arbeitsunfähig erkrankt war. Zum einen seien die extremen Kopfschmerzen des Arbeitnehmers nicht zum ersten Mal aufgetreten. Die Kopfschmerzen waren einen Monat und ein Jahr vorher von anderen Ärzten derselben Praxis auch schon diagnostiziert worden – einmal auch aufgrund familiärer Schwierigkeiten.

Außerdem konnte die Ärztin die Dauer der Krankschreibung nachvollziehbar erklären. Sie und nicht der Patient hatte die Dauer von zwei Wochen im Hinblick auf den Konflikt am Arbeitsplatz gewählt. Von der Konfliktsituation hatte der Arbeitnehmer übrigens in der Praxis auch schon früher erzählt. Sie wusste von der Eigenkündigung des Arbeitnehmers, nicht jedoch vom Beginn des Urlaubs nach der Krankschreibung. Insgesamt hat das Gericht auch die langjährige Erfahrung der Ärztin gewürdigt und mit einbezogen, dass Kopfschmerzen grundsätzlich schwer diagnostizierbar sind.

Hinweise für die Praxis

Ein spannender Fall, der sich erst durch die Beweisaufnahme in der zweiten Instanz für den Arbeitnehmer positiv entwickelt hat. Nachvollziehbar ist zunächst, dass Arbeitgeber Zweifel hatte bei so einer Konstellation – eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt nach der Kündigung; und dann noch passgenau bis zum Beginn des Resturlaubs. Ist der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, muss der Arbeitnehmer beweisen können, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war. Deshalb kam es vor allem auf die Aussage der behandelnden Ärztin des Arbeitnehmers an, die er dafür von ihrer Schweigepflicht entbinden musste. Im Ergebnis reichten der Kammer die Zweifel nicht, um den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachhaltig zu erschüttern. (jf)