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Das ArbG Berlin hat die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Juristischen Direktorin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) bestätigt. Das Gericht erklärte zudem den Dienstvertrag wegen einer Ruhegeldregelung für sittenwidrig und nichtig. Bis zum Renteneintritt hätte sich daraus ein Anspruch auf mehr als 1,8 Millionen Euro ergeben – ohne Gegenleistung.
ArbG Berlin, Urteil vom 20.09.2023, 22 Ca 13070/22
Das ist passiert
Ruhegeld vor Renteneintritt – wer träumt nicht davon? Dem schob nun aber das Arbeitsgericht Berlin in einem außergewöhnlichen Fall einen Riegel vor: Der ehemaligen Juristischen Direktorin des RBB wurde Anfang Dezember 2022 außerordentlich gekündigt und erklärt, das Dienstverhältnis sei wegen des im Dienstvertrag enthaltenen „Ruhegelds“ nichtig.
Ihr hätte laut diesem Vertrag bis zum Eintritt ins Rentenalter ein Ruhegeld von mehr als 1,8 Millionen Euro zugestanden. Ohne dass sie dafür eine entsprechende Gegenleistung hätte erbringen müssen! Als Juristische Direktorin hatte sie rund 198.900 Euro Gehalt und rund 39.195 Euro Bonus erhalten.
Das entschied das Gericht
Der Vertrag sei sittenwidrig und damit nichtig, so das Gericht. Hierin liege ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, ein wucherähnliches Rechtsgeschäft.
Die Grundsätze der Sparsamkeit, die für Rundfunkanstalten gelten, sei nicht eingehalten worden. Der RBB müsse als öffentlich-rechtlicher Sender zurückhaltend agieren. Der RBB habe sich also einseitig vom Vertrag lösen können.
Auch die vorsorglich ausgesprochene außerordentliche Kündigung sei wirksam. Für diese lägen mehrere wichtige Gründe vor. Unter anderem habe sich die Direktorin eine Zulage für den ARD-Vorsitz schon vor dessen Beginn gewähren lassen.
Bedeutung für die Praxis
Rundfunkanstalten stehen sowieso in der Kritik. Da ist dieser Fall aus Berlin Wasser auf den Mühlen der Vorwürfe, dass Rundfunkbeiträge verschwendet werden.
Warum gibt es hier eigentlich so etwas wie ein Ruhegeld? Begründet wird so eine Vereinbarung oft mit dem etwas wackeligen (und zeitlich befristeten) Stuhl, auf dem Direktoren sitzen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die Bodenhaftung verloren geht. Rechnet man etwa in diesem Fall einmal die Regelabfindung aus, kommt man bei einer 19-jährigen Betriebszugehörigkeit zu einem deutlich niedrigeren Betrag – vielleicht 120.000 bis 150.000 Euro. Immer noch große Summen, aber weit entfernt von 1,8 Millionen Euro!
Selten ist auch, dass im Arbeitsgericht bei der Vergütung tatsächlich ein wucherähnliches Rechtsgeschäft aufgedeckt wird – zumindest, wenn ZU VIEL gezahlt wird. Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers – was in diesem Fall offenbar zutraf.
Das Gericht verurteilte die ehemalige Direktorin zudem dazu, 8.500 Euro plus Zinsen zurückzuzahlen. Diese Summe entspricht der ihr gezahlten ARD-Zulage.
Gegen die Entscheidung ist Berufung möglich. (cbo)