Frau Clausen, wie haben Sie als Sekretärin eines Gesamtbetriebsrats die letzten Wochen mit Online-Konferenzen erlebt?
Nach dem Shutdown ging es bei uns ganz schnell: Wir wurden ins Home-Office geschickt; die Sitzungen finden seitdem per Telefonkonferenz statt. Für mich als Protokollführerin brachte das ganz neue Schwierigkeiten mit sich. Um es salopp auszudrücken: Alle quatschen, keiner findet ein Ende. Das zu erfassen ist kaum möglich. Mein Stresslevel ist erreicht.
Woran liegt das, wo genau sehen Sie den Unterschied zur Präsenzsitzung?
Zum einen fanden bei uns in der Corona Zeit mehr Sitzungen als normal statt. Und es ist anstrengend, denn manche Kollegen sind online einfach schlecht zu verstehen. Zum Teil liegt das an Problemen mit der Technik, zum Teil sprechen sie auch einfach undeutlich. Außerdem gibt es immer wieder Übertragungsfehler oder es raschelt in der Leitung. Das fällt meist nur mir auf, weil ich ja die Sitzungsniederschrift verfasse. Was man nicht vergessen darf: Als Protokollantin kann ich nicht abschalten, sondern muss immer präsent sein.
Sitzungen über zwei Tage sind kaum zu schaffen.
Also müssten online mehr Pausen eingeplant werden?
Unbedingt, das ist sehr wichtig. Spätestens nach einer Stunde muss man als Protokollant mal länger durchatmen können. Und in den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass Sitzungen über zwei Tage kaum zu schaffen sind. Wenn allen klar ist, dass sie sich online disziplinieren und kurz halten müssen, könnten nach meiner Erfahrung viele Sitzungen deutlich abgekürzt werden.
Welche Regeln sind wichtig, was sollte der Vorsitzende im Vorfeld an die Kollegen weitergeben?
Ideal ist es, wenn der Vorsitzende jede Online-Sitzung besonders sorgfältig vorbereitet. Werden die Tagesordnungspunkte vorab in Blöcke geordnet, dann fällt auch die Niederschrift viel leichter. Aufgabe des Vorsitzenden ist es außerdem meiner Meinung nach, zu Beginn der Sitzung eine Art Online-Etikette aufzustellen. Dazu gehört, die Kollegen zu bitten, nicht dazwischen zu quatschen, sich kurz zu fassen und den roten Faden zu behalten. Das funktioniert bei uns leider nicht gut, auch deshalb sind die Sitzungen so anstrengend.
Und die Redner? Worauf sollten sie achten?
Meine Bitte ist immer, nicht von den Tagesordnungspunkten abzuweichen und sich kurz zu fassen. Ideal ist, wenn die Redner den Kontakt zum Protokollanten halten. Das gehört zur Wertschätzung. Bei komplexeren Themen gerne als Redner nachfragen, ob der Protokollant noch Informationen braucht, z.B. zu Abkürzungen. Manchmal ist es für mich schwierig, dem Verlauf einer Diskussion zu folgen. Ideal wäre es deswegen, wenn am Ende eines Tagesordnungspunktes eine Zusammenfassung erfolgt: „Das Gremium ist jetzt der Meinung, dass ...“
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, die Abläufe zu optimieren.
Wie sind die Aussichten bei Ihnen, wie geht es mit den Online-Sitzungen weiter?
Wir alle sind durch Corona ins kalte Wasser geworfen worden und mussten erstmal schnell reagieren. Ich denke, spätestens jetzt ist es an der Zeit, die letzten Wochen Revue passieren zu lassen und die Abläufe zu optimieren. Denn für mich als Protokollführerin ist klar: Dieses Stresslevel kann ich so nicht mehr länger halten. Nach mehr als 20 Telefonkonferenzen merke ich: So geht es nicht mehr. Die Kraft ist raus.
Franziska Clausen ist geprüfte Kauffrau für Büromanagement und Profi in der Protokollführung. Seit mehr als 10 Jahren ist sie Sekretärin eines Gesamtbetriebsrats. Die Änderung ihrer Arbeit durch die Online-Protokollführung macht ihr zu schaffen: „Mein Stresslevel ist erreicht“.
Tipp
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