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News Psychische Belastungen Traumatisierung im Job: Der lange Weg zur Verletztenrente

Traumatisierung im Job: Der lange Weg zur Verletztenrente

Psychische Folgen von Bedrohung oder Unfall am Arbeitsplatz

Frustrierte Kunden im Supermarkt, Angriffe von Patienten, Bedrohung von Zugbegleitern: In vielen Berufen sind Beschäftigte zunehmender Aggression ausgesetzt. Damit aber eine traumatische Erfahrung am Arbeitsplatz als Arbeitsunfall anerkannt wird, ist manchmal auch der Gang zum Sozialgericht notwendig. Über Chancen und Voraussetzungen einer Entschädigung betroffener Beschäftigter sprachen wir mit Dr. Henning Wetzel, seit 2009 Richter am Sozialgericht und Vorsitzender einer Kammer für Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung. 

Stand:  7.3.2022
Lesezeit:  03:00 min
Traumatisierung im Job | © AdobeStock | vegefox

Bedrohung oder Angriff: Immer wieder erleben Beschäftigte im Berufsalltag extreme Aggressivität. Was können betroffene Arbeitnehmer tun, welche Ansprüche stehen ihnen zu?

Rechtlich gesehen sind Angriffe auf Beschäftige im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit oder auf bestimmten versicherten Wegen als Arbeitsunfall zu bewerten. Physische und psychische Folgen eines solchen Angriffs führen dann dazu, dass der Betroffene von dem zuständigen Unfallversicherungsträger Leistungen der Heilbehandlung, Verletztengeld und bei länger andauernden Gesundheitsschäden auch eine Verletztenrente erhält.

Viele Betroffene melden sich erst sehr spät bei dem Unfallversicherungsträger, manchmal aus Scham.

Auch nach Unfällen kommt es zu posttraumatischen Belastungsstörungen. Es gibt Bilder, die lassen Betroffene nicht mehr los – Beispiel Schienensuizid. Gibt es besondere Tipps für Beschäftige aus diesen Branchen?

Wichtig ist es, sich bei den ersten Anzeichen einer psychischen Reaktion auf so ein Ereignis professionelle Hilfe zu holen und auch zu dokumentieren, dass man eine solche psychische Reaktion von Krankheitswert durchlebt. Denn viele Betroffene melden sich erst sehr spät bei dem Unfallversicherungsträger, aus Scham oder weil sie selbst verdrängen, psychisch erkrankt zu sein. Das ist dann in der Praxis manchmal ein Problem, weil der sogenannte Erstschaden dann nicht hinreichend nachgewiesen werden kann.

Welche Rolle spielen Interessenvertreter dabei, was können Betriebsrat und Schwerbehindertenvertreter tun?

Diese können zum einen positiv in den Betrieb wirken, indem sie immer wieder darauf hinweisen, dass man sich mit psychischen Erkrankungen nicht verstecken muss. Leider ist es nämlich immer noch so, dass viele Arbeitgeber damit nichts anfangen können und Betroffene Angst haben, in die „Psycho-Ecke“ abgestempelt zu werden. Hier ist Aufklärungsarbeit gefragt. Zum anderen können BR und SBV, wenn sie merken, dass ein Kollege oder eine Kollegin Anzeichen einer psychischen Erkrankung zeigt, diese darin unterstützen, sich professionelle Hilfe zu holen und sie auch darin bestärken, diese in Anspruch zu nehmen.

Ob am Ende eine Rente gezahlt werden muss, hängt davon ab, wie schwer die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind.

Oft landen Fälle, in denen um eine Verletztenrente wegen psychischer Folgen gestritten wird, am Ende vor dem Sozialgericht. Wie stehen die Chancen, so einen Fall als Betroffener zu gewinnen?

Die Chancen stehen immer dann höher, wenn die Kausalität zwischen einem Unfall oder Traumaereignis und einer entstandenen psychischen Erkrankung für das Gericht nachvollziehbar sind. Ob am Ende eine Rente gezahlt werden muss, hängt davon ab, wie schwer die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind, die nachweisbar auf das Ereignis zurückgeführt werden können.

Wie lang dauert so ein Verfahren vor dem Sozialgericht eigentlich; und wer kommt für die Kosten auf?

Die Sozialgerichte sind in den letzten Jahren stark durch Hartz 4-Klagen beansprucht gewesen, die Verfahrenszeiten sind daher sicherlich länger geworden, was auch viele Teilnehmer der SBV-Seminare im Hinblick auf Klagen gegen das Versorgungsamt bestätigen. Dennoch sind die Sozialgerichte bemüht, jedes Verfahren in angemessener Zeit zu bearbeiten. Wenn viele Gutachten nötig sind, dauert es aber natürlich auch entsprechend lange. Das Verfahren ist kostenfrei, einschließlich der Kosten für die Einholung von Befundberichten und Gutachten durch das Gericht. Einen Anwalt, den man nicht unbedingt in jeder Situation braucht, muss man zunächst selber bezahlen. Wenn man gewinnt, werden die Kosten aber regelmäßig der Sozialbehörde auferlegt, gegen die man geklagt hat. 

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