Auslöser für den Wirbel um die Rente ist ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).
Darin finden sich Vorschläge für eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn sicher ist unsere Rente nicht, da sind sich die Experten weitgehend einig. Ein Grund hierfür: Immer weniger Erwerbstätige müssen immer mehr Renten finanzieren.
Die Lage ist ernst.
Ernste Lage der Rentenkassen
Die Lage sei „ernst“, so die Wirtschaftsexperten, unter ihnen der ehemalige ifo-Präsident Hans-Werner Sinn und DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Sie kritisieren politische Entscheidungen der Vergangenheit. Mit der sogenannten „doppelte Haltelinie“ sei 2018 zwar das Beitragsniveau stabilisiert worden – höhere Beiträge und ein niedrigeres Rentenniveau ließen sich aber nicht dauerhaft vermeiden.
Zu zusätzlichen finanziellen Belastungen habe die Erweiterung der Mütterrente, die Einführung der Grundrente und die abschlagsfreie Rente mit 63 geführt.
Fazit der Experten: Eine Sackgasse.
Ab 2026 in einer Sackgasse
Ein Knackpunkt sei der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor: Seit 2005 wurde damit das Verhältnis von Beitragszahler und Beitragsempfängern, also Arbeitnehmern und Rentnern, bei der Berechnung der Rente mit einbezogen. Eben dieser Mechanismus ist jedoch 2018 durch die Haltelinien von mindestens 48 Prozent für das Rentenniveau und höchstens 20 Prozent für den Beitragssatz in seiner Wirkung ausgehebelt worden. Würde der Nachhaltigkeitsfaktor, wie derzeit gesetzlich vorgesehen, ab 2026 wieder greifen würde, gäbe es ein böses Erwachen: Der Beitragssatz würde stark ansteigen, so die Gutachter.
Könnten dann nicht einfach die Haltelinien bleiben? Dann würden stark steigende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt die Tragfähigkeit unseres Sozialsystems untergraben, so die Befürchtung. Schon 2019 flossen knapp 26 Prozent des Bundeshaushalts in die Rentenversicherung. 2060 könnten es 55 Prozent sein – mehr als jeder zweite Euro aus dem Steuersäckle.
Fazit der Experten: Die rentenpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre haben in eine Sackgasse geführt.
Also doch: Rente mit 68?
Erhöhung des Rentenalters?
Länger leben - länger arbeiten: Das Renteneintrittsalter könne nicht langfristig von der Entwicklung der Lebenserwartung abgekoppelt werden. Zar steigt bereits seit 2012 die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 Jahre auf 67 Jahre an. Ein Grund hierfür ist die längere Lebenserwartung.
Damit das Verhältnis der in Arbeit und in Rente verbrachten Lebenszeit konstant bleibe, müsse gemäß den derzeitigen Prognosen der Lebenserwartung das Rentenalter im Jahr 2042 mit 68 Jahren erreicht werden. Also doch: Rente mit 68?
Eine gute Nachricht zum Thema Rente gab es aber auch.
Ein Thema für den Wahlkampf
So viel zu den Fakten der Gutachter. Aus der Politik kam prompt scharfe Kritik. Gut drei Monate vor der Bundestagswahl könnte das Thema Rente die Debatte um Klimapolitik und Corona-Hilfen (kurzfristig) verdrängen. Ende: derzeit offen.
Eine gute Nachricht zum Thema Rente gab es aber auch: (Baldige) Rentner müssen derzeit kaum Corona-Auswirkungen befürchten: Die Folgen für die Rentenansprüche der 50- bis 64-Jährigen seien gering. Es werde ein Rückgang von etwa einem Prozent der Rentenanwartschaften erwartet, so eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. (CB)