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Grundlagenschulung auch für Ersatzmitglieder

Schulungsanspruch von Ersatzmitgliedern des Betriebsrats: Fällt das einzige erfahrene Mitglied eines dreiköpfigen Gremiums mehr als fünf Monate aus, darf ein Ersatzmitglied eine Grundlagenschulung besuchen. 

Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.01.2022, 16 TaBV 99/21 

Stand:  17.5.2022
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Das ist passiert 

Der Betriebsratsvorsitzende eines dreiköpfigen Gremiums fiel wegen einer Operation von April bis August 2020 aus. Während dieser Zeit wurde das erste Ersatzmitglied zu einer Grundlagenschulung zum Betriebsverfassungsrecht entsandt. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Kosten zu übernehmen.  

Die Schulung sei erforderlich, argumentierte der Betriebsrat. Der Beschluss, das Ersatzmitglied zur Grundlagenschulung zu schicken, erfolgte zeitgleich mit der Entscheidung, dass der Vorsitz des Betriebsrats auf ein anderes Betriebsratsmitglied übergehen solle. Hintergrund war, dass der erkrankte bisherige BRV nach seiner Genesung noch einen längeren Urlaub geplant hatte. Zudem ging er aus einer Rückschau einer ähnlichen Situation in der Vergangenheit davon aus, dass die Erkrankung sich auch länger hinziehen könnte.  

Zwei Betriebsratsmitglieder, von denen einer nun den Vorsitz übernahm, waren neu im BR, ohne Vorerfahrung und Schulungen. Auch dem Nachrücker fehlte jegliches Wissen und Erfahrung.  

Das entschied das Gericht 

Während das Arbeitsgericht Darmstadt den Antrag des Betriebsrats auf Kostenübernahme und Freistellung des Ersatzmitglieds ablehnte, verpflichtete das LAG Hessen den Arbeitgeber, die Schulung zu bezahlen.  

Zur Begründung führte das Gericht aus: Im Juni, als der Nachrücker zur Schulung entsendet wurde, konnte der Betriebsrat eine Prognose treffen, dass der damalige Vorsitzende längere Zeit ausfallen werde und daher das Ersatzmitglied herangezogen werden würde. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hätte dafür gesorgt, dass Krankengymnastik und Reha Termine z.T. verlegt werden mussten. Das habe die Verzögerung des Genesungsprozesses und der Einsatzfähigkeit des Kollegen noch wahrscheinlicher gemacht. 

Aufgrund der Unerfahrenheit der beiden anderen Kollegen und akut anstehenden Verhandlungen zu einer Betriebsvereinbarung sei eine zeitnahe Schulungsteilnahme des Ersatzmitglieds unbedingt nötig gewesen.  

Wichtig: Entscheidend für die Erforderlichkeit ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung. Daher ändert nichts, dass die Schulung tatsächlich aufgrund der Corona-Pandemie erst im September stattfinden konnte. 

Praxishinweis 

Die Entscheidung des Hessischen LAG trägt erfreulicher Weise der Tatsache Rechnung, dass Ersatzmitglieder, sobald sie nachgerückt sind, sofort mit beraten und entscheiden müssen. Zum Glück teilen diese Ansicht auch viele Arbeitgeber und stellen sich einer Teilnahme an Seminaren nicht in den Weg. Die Teilnahme ist zwar rechtlich nicht immer selbstverständlich, kann aber mit guter und genauer Begründung Streitfall gerichtlich durchgesetzt werden. 

(ah) 

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