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Es gibt einige Wege, Arbeitsbedingungen neu zu vereinbaren. Dass dies durch einen individualarbeitsrechtlichen Vertrag oder Tarifvertrag erfolgen kann, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass auch ein Protokoll einer Betriebsversammlung ausreichen kann, um einen Arbeitsvertrag zu ändern. Auch hierdurch kann die vereinbarte Schriftform gewahrt werden.
Landesarbeitsgericht Thüringen, Urteil vom 07.06.2022, 1 Sa 43/21
Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten über die Vergütung von Fahrzeiten. Der als Tischler angestellte Arbeitnehmer fuhr regelmäßig wochenweise auf auswärtige Baustellen. Die anfallenden Fahrzeiten wurden bis März 2005 vollumfänglich vergütet. Im Arbeitsvertrag ist eine sogenannte „doppelte Schriftformklausel geregelt, was bedeutet, dass Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen und auch eine Abweichung von diesem Schriftformerfordernis nur schriftlich erfolgen kann.
Im Rahmen einer Betriebsversammlung im Mai 2006 wurde eine Reglung zur Vergütung von Fahrzeiten mit nur noch 50 Prozent getroffen. Diese Reglung wurde in einem Protokoll festgehalten, welches Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichneten.
Der Arbeitnehmer verlangt für den Zeitraum von Oktober 2016 bis März 2019 die zusätzliche Vergütung von umgerechnet 4.686,51 € brutto. Er ist der Meinung, er habe einer arbeitsvertraglichen Änderung nicht ausdrücklich zugestimmt, jedenfalls reiche die Unterschrift auf dem Protokoll der Betriebsversammlung nicht aus.
Das Arbeitsgericht Gera wies die Klage des Arbeitnehmers ab; das Landesarbeitsgericht Thüringen bestätigte diese Entscheidung. Durch die Unterschrift der Beschäftigten und des Arbeitgebers unter das Protokoll der Betriebsversammlung wurde die vorherige Vereinbarung über die Bezahlung der Fahrzeiten wirksam abgeändert. Die Unterzeichnung des Protokolls diente nicht allein dessen Kenntnisnahme, sondern stellte eine Zustimmung zur Änderung der bisherigen arbeitsvertraglichen Reglungen dar. Die maßgebliche Stelle des Protokolls hatte die Überschrift „Neureglungen zum Arbeitsvertrag ab Mai 2006“, sodass das Argument des Klägers, er habe sich mit der Unterschrift nicht vertraglich binden wollen, nicht gehört werden könne. Entscheidend sei nicht allein der subjektive Wille der Parteien, sondern ein objektiver Empfängerhorizont.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine abweichende Höhe der Vergütung der Fahrzeiten zu sonstigen Arbeitszeiten auch zulässig. Hierbei kann der Stundenlohn der Fahrzeit auch den Mindestlohn unterschreiten, solange der Lohn insgesamt mindestens einem Stundenlohn in Höhe des Mindestlohns entspricht.
Damit ist bei Arbeitsverträgen Vorsicht geboten: Änderungen können nicht nur durch explizit so bezeichnete Arbeitsverträge erfolgen, sondern auch durch andere schriftliche Übereinkommen. Demnach ist es ratsam, vor JEDER Unterzeichnung den Text nochmal aufmerksam durchzulesen und bei Unklarheiten nachzufragen. (nw)