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Ist eine mündliche Zustimmung zur Kündigung ausreichend?

Eine außerordentliche Kündigung darf der Arbeitgeber nur innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 626 Abs. 2 BGB aussprechen. Zudem muss das Integrationsamt vorher der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen zustimmen (§ 85 SGB IX). Aber ist hier eine mündliche Zustimmung ausreichend? Und wie sieht es aus, wenn erst der Widerspruchsausschuss die Zustimmung erteilt?

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.04.2005 - 2 AZR 255/04

Stand:  21.4.2005
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Das ist passiert:

Im Oktober 2001 wollte die Arbeitgeberin ihrem schwerbehinderten Arbeitnehmer außerordentlich kündigen. Dafür beantragte sie die Zustimmung des Integrationsamtes. Dieses lehnte ab. Der Arbeitgeberin gefiel die Entscheidung nicht und sie legte Widerspruch ein. In der Sitzung des Widerspruchausschusses im Februar 2002 wurde dann die Zustimmung zur Kündigung doch noch erteilt - vorerst mündlich. Schriftlich erhielt die Arbeitgeberin die Nachricht von der vorliegenden Zustimmung erst einen Monat später in Form eines Widerspruchsbescheides. Erst an diesem Tag sprach sie die Kündigung gegenüber ihrem Arbeitnehmer aus.
Dieser war der Ansicht, die Kündigung sei zu spät erklärt worden. Die Arbeitgeberin hätte sie bereits unverzüglich nach mündlicher Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung durch den Widerspruchausschuss aussprechen müssen.
Die Arbeitgeberin meinte, sie hätte richtigerweise erst die schriftliche Zustimmung abgewartet.

Das sagt das Gericht:

Die Kündigung war in diesem Fall wirksam. Grundsätzlich hat die Arbeitgeberin hier die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Innerhalb dieser Frist muss eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Sie beginnt, wenn der Arbeitgeber eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis aller für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat.
Bei der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen kann diese Frist aber regelmäßig nicht eingehalten werden. Hier muss der Arbeitgeber nämlich auch die Zustimmung des Integrationsamtes einholen (§ 85 SGB IX). Erst nachdem diese erteilt ist, darf er die Kündigung aussprechen. Die Zustimmungserteilung dauert aber meist länger als die von § 626 Abs. 2 BGB vorgegebenen zwei Wochen. Hier hilft § 91 Abs. 5 SGB IX. Demnach kann der Arbeitgeber die Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklären. Dann aber nur „unverzüglich" nach „Erteilung" der Zustimmung. Für diese „Erteilung" genügt bereits die mündliche oder fernmündliche Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung an den Arbeitgeber. Dann hat er schon sichere Kenntnis von der Zustimmung. Das entschied nun das Gericht. Dies gilt bei einer Entscheidung durch das Integrationsamt wie auch durch den Widerspruchausschuss. Die Vorschrift des § 91 Abs. 5 SGB IX soll in jedem Fall das Zustimmungsverfahren im Interesse des Arbeitgebers beschleunigen.
Zwar hat die Arbeitgeberin hier erst noch die schriftliche Mitteilung der Zustimmungsentscheidung abgewartet, dennoch hat sie ausnahmsweise noch „unverzüglich" gekündigt. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern" (Definition aus § 121 Abs. 1 BGB). Schuldhaft ist ein Zögern, wenn für ein Abwarten in der konkreten Situation keine vernünftigen Gründe bestehen. Hier kann der Arbeitgeberin kein Verschuldensvorwurf gemacht werden. Sie hat mit der Meinung, die Kündigung könne nicht bereits nach mündlicher Bekanntgabe der Zustimmung ausgesprochen werden, eine nachvollziehbare Rechtsauffassung vertreten. Diese war bis dato noch nicht höchstrichterlich entschieden. Die Arbeitgeberin konnte es also zu diesem Zeitpunkt nicht besser wissen.

Das bedeutet es für die Praxis:

Der Arbeitgeber muss bei der außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen grundsätzlich bereits nach mündlicher Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung die Kündigung unverzüglich erklären. Da diese Rechtsfrage nun höchstrichterlich entschieden ist, wird man dem Arbeitgeber nach Erhalt der mündlichen Zustimmung eine Frist von drei Tagen einräumen können, wenn keine besonderen neuen Umstände hinzutreten. Als Obergrenze gilt jedoch in der Regel eine Frist von zwei Wochen.

 

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