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Arbeitgeber sind immer verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (§ 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Ein Verstoß gegen diese Arbeitgeberpflicht kann die Vermutung begründen, dass eine Benachteiligung wegen einer Behinderung im Sinne des AGG vorliegt.
Bundesarbeitsgericht vom 13.10.2011 – 8 AZR 608/10
Der mit einem Grad von 60 schwerbehinderte Kläger hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert. Er bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Die Beklagte besetzte die Stelle anderweitig, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann oder diesbezüglich Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen zu haben. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), da er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah.
Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, war die Revision des Klägers vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts im Grundsatz erfolgreich. Die Prüfpflicht zur Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier Stellen besteht immer und für alle Arbeitgeber und unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte. Da vorliegend der Arbeitgeber die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen konnte, war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, das noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung zu entscheiden haben wird.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 77/11