Wann haben Ersatzmitglieder Einsichtsrechte in die Unterlagen des Betriebsrats?
Im Gesetz ist in Bezug auf Informationsrechte für Ersatzmitglieder nicht viel zu finden. § 34 Abs. 3 BetrVG (Betriebsverfassungsrecht) sagt nur eines ganz klar: Das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats jederzeit einzusehen, haben nur die festen Mitglieder des Betriebsrats.
Die Vorschrift gewährt ein Einsichtsrecht, das jedoch keinen Anspruch auf die Überlassung der Unterlagen beinhaltet. Das bedeutet, dass grundsätzlich nur den festen Mitgliedern des Betriebsrats das Recht auf Einsicht zusteht.
Andere Personen, die im Einzelfall oder allgemein an Betriebsratssitzungen teilnehmen (z.B. der Arbeitgeber, JAV-Mitglieder und die Schwerbehindertenvertretung), haben dieses Recht nicht. Hat der Arbeitgeber oder ein Beauftragter einer Gewerkschaft an der Sitzung teilgenommen, so ist ihm nur der entsprechende Teil der Niederschrift auszuhändigen, § 34 Abs. 2 S. 1 BetrVG.
Der Betriebsrat darf aber solchen Personen durchaus ein Informations- und Einsichtsrecht einräumen, wenn ein berechtigtes Interesse und keine Geheimhaltungspflicht bestehen.
Einsichtsrecht beim Nachrücken
Es ist für Ersatzmitglieder im "Standby-Modus" wichtig zu wissen: Sobald ein Betriebsratsmitglied verhindert ist, rücken sie kraft Gesetzes als Betriebsratsmitglied nach und genießen zu diesem Zeitpunkt umfassende Einsichts- und Informationsrechte im Betriebsrat.
Hiervon sind betroffen:
- Schriftliche Aufzeichnungen und Materialien, die der Betriebsrat oder ein Ausschuss erstellt haben
- Sämtliche auf Datenträgern gespeicherten Dateien
- Korrespondenz über das BR-E-Mail-Postfach
Grenze des Einsichtsrechts: Die Erforderlichkeit
Auch wenn ein nachgerücktes Ersatzmitglied umfassende Einsichts- und Informationsrechte hat, ist Vorsicht und gesunder Menschenverstand geboten. Die Informationen sollten aus der Sicht eines vernünftigen Dritten als erforderlich betrachtet werden, insbesondere für die Themen, bei denen das Ersatzmitglied während seiner Zeit des Nachrückens involviert ist. Dies umfasst insbesondere Informationen zu den Punkten, die auf der aktuellen Tagesordnung stehen.
Wie komme ich als Ersatzmitglied an Informationen?
Vor allem der Betriebsratsvorsitzende hat großen Einfluss darauf, wie gut die Nachrücker informiert sind. Trotzdem sollte im gesamten Gremium beschlossen werden, auf welchem Weg und in welchem Umfang (Häufigkeit) nachrückende Ersatzmitglieder informiert werden bzw. sich informieren können.
In der Praxis gibt es hier einige kreative Ideen:
- Grundsätzliches Freischalten der E-Mail-Korrespondenz und der Betriebsrats-Ordner (in Papierform und digital) für die Ersatzmitglieder, die regelmäßig dabei sind.
- Achtung: Das ist gesetzlich nicht vorgesehen. Hier ist die Verlockung groß, dass ein Ersatzmitglied, BR-Arbeit verrichtet, die gar nicht erforderlich ist, weil es aktuell nicht nachgerückt ist. Zudem muss die Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats beachtet werden. Die Vertrauenswürdigkeit des Gremiums steht hier auf dem Spiel und es riskiert eine Pflichtverletzung.
- Rechtzeitige Information zu den konkreten Sitzungen, in denen ein Ersatzmitglied nachrückt.
- Benennen eines konkreten Ansprechpartners im Betriebsrat für ein jeweiliges Ersatzmitglied, bei dem es stets die erforderlichen Informationen erhält.
- Kurzer Infoblock und Fragemöglichkeit zu Beginn der Sitzung, wenn ein Ersatzmitglied zu einem Tagesordnungspunkt noch an Bord geholt werden muss.
Achtung:
Nicht möglich ist, dass ein Ersatzmitglied vorsorglich an allen Sitzungen teilnimmt, um stets gut informiert zu sein. Hier riskiert das Gremium die Wirksamkeit seiner Beschlüsse!
Machen Sie als engagiertes Ersatzmitglied deutlich, dass Sie im Moment des Nachrückens ein Einsichtsrecht haben. Im Idealfall finden Sie auch im Gremium eine gute Lösung, wie Sie sich grundsätzlich auf dem Laufenden halten können, ohne die Grenzen der Erforderlichkeit zu überschreiten oder Geheimhaltungspflichten des Betriebsrats zu verletzen. Mit dem entsprechenden Wissen und Informationsstand können Sie sich aktiv in Ihr Gremium einbringen – davon profitiert der gesamte Betriebsrat.