Das Aktiengesetz beschreibt die Aufgabe des Aufsichtsrats in § 111 Abs. 1 wie folgt: „Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.“ Außerdem werden dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft im Aktiengesetz in Einzelfällen Zuständigkeiten übertragen, z.B. in § 84 die Zuständigkeit zur Bestellung der Vorstandsmitglieder und in § 172 die Feststellung des Jahresabschlusses. In einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung fallen gemäß § 46 GmbHG beide Vorgänge in die Zuständigkeit der Gesellschafter. Nur wenn die Gesellschaft mit beschränkter Haftung mehr als 2000 Arbeitnehmer zählt und damit dem Mitbestimmungsgesetz unterliegt, gilt nach § 32 MitbestG etwas anderes. Dann werden auch in der – großen – GmbH die Geschäftsführer vom Aufsichtsrat bestellt.
Mit der Auswahl der Mitglieder des Leitungsorgans ist die wohl wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats bereits angesprochen. Bei ihrer Erfüllung soll der Aufsichtsrat versuchen, die am besten geeigneten Personen zu finden. Nach Ziffer 5.1.2. des Deutschen Corporate Governance Kodex soll der Aufsichtsrat bei der Zusammensetzung des Vorstands auf die Vielfalt und ebenso auf eine angemessene Berücksichtigung von Frauen achten. In der Praxis unterbreitet nicht selten der Vorstand dem Aufsichtsrat Vorschläge für die Besetzung freier Vorstandsposten.
Die Geschäftsverteilung innerhalb des Leitungsorgans kann der Aufsichtsrat unter Berücksichtigung des speziellen Fachwissens seiner Mitglieder regeln. In diesem Fall werden einem Mitglied des Leitungsorgans für seinen Zuständigkeitsbereich einzelne Entscheidungskompetenzen vom Aufsichtsrat übertragen. Dennoch bleibt der Vorstand trotz einer Ressortaufteilung ein einheitliches Leitungsorgan.
Der Vorstand trägt nicht alleine die Verantwortung
Nach dem Prinzip der „Gewaltentrennung“ obliegt dem Leitungsorgan (also dem Vorstand beziehungsweise der Geschäftsführung) die alleinige Verantwortung für die Leitung des Unternehmens. Von diesem haben Initiativen auszugehen. Dieses Prinzip der Alleinverantwortung des Vorstandes/der GF kann allerdings durchbrochen werden. Das kann dadurch geschehen, dass der Aufsichtsrat die Vornahme von Geschäften mit existentieller Bedeutung für die Gesellschaft von seiner Zustimmung abhängig macht. Das Leitungsorgan darf dann eine solche Grundsatzentscheidung erst umsetzen, wenn der Aufsichtsrat diese zuvor gebilligt hat. Als Beispiele lassen sich Veränderungen strategischer Ziele, Verkauf von wichtigen Beteiligungen oder ein Personalabbau großen Umfangs nennen.
Nach § 111 Abs. 4 AktG muss die Satzung oder der Aufsichtsrat einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte festlegen. Dadurch soll verhindert werden, dass das Leitungsorgan den Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen stellen kann. Für das Unternehmen wichtige Weichenstellungen sind immer zwischen Leitungsorgan und Aufsichtsrat abzustimmen.
Informationen und Berichte für den Aufsichtsrat
Neben der Beratung des Leitungsorgans obliegt dem Aufsichtsrat dessen Überwachung. Die Grundlage der Überwachung bilden die in § 90 AktG aufgeführten Berichte des Leitungsorgans und deren Themen. § 90 Abs. 1 AktG gilt über § 1 DrittelbG und § 25 MitbestG jeweils in Verbindung mit § 90 Abs. 3 AktG auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Systembedingt ist der Aufsichtsrat für seine Überwachungstätigkeit auf die Informationen durch die Berichte des Leitungsorgans angewiesen. Denn abgesehen von den Arbeitnehmervertretern besteht er aus nicht zum Unternehmen gehörenden Personen. Das Leitungsorgan ist damit der Versuchung ausgesetzt, in seinen Berichten an den Aufsichtsrat positive Entwicklungen zu betonen. Über negative Tendenzen wird es eher beiläufig berichten. Dieses Ungleichgewicht des Wissenstandes können die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat durch eigene Kenntnisse ausgleichen. Nur sie können aufgrund ihres Wissens aus der Arbeit im z.B. Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss gezielt ergänzende Informationsanfragen nach § 90 Abs. 3 AktG an das Leitungsorgan richten.
Der Aufsichtsrat und sein Einfluss auf Personalpolitik
Wie in § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG aufgeführt, hat das Leitungsorgan dem Aufsichtsrat insbesondere über die Personalpolitik in Form der Personalplanung zu berichten. Dazu gehören z.B. die nach § 92 BetrVG mit dem Betriebsrat zu behandelnden Felder der Personalbedarfsplanung und Personalentwicklungsplanung.
Der Aufsichtsrat hat zunächst nur die Plausibilität der in den Berichten aufgeführten Daten und Bewertungen zu prüfen. Dabei ist u.a. auf die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Vorhaben zu achten. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden dabei besonders die Auswirkungen etwaiger Vorhaben auf die Arbeitnehmerschaft interessieren.
In die Zuständigkeit des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit mehr als 2000 Arbeitnehmern fällt ferner die Festsetzung der Bezüge der Vorstände und Geschäftsführer. Damit befassen sich die Ziffern 4.2.2. bis 4.2.5. des Deutschen Corporate Governance Kodex. Mit einer attraktiven Höhe, Struktur und Ausgestaltung der Vergütung verfolgen die Unternehmen das Ziel, möglichst hoch qualifizierte Manager zu gewinnen, zu Leistungsanstrengungen zu motivieren und an sich zu binden. Dabei hat der Aufsichtsrat unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips auf die Vertretbarkeit der Kosten zu achten.
Angesichts des Umfangs der Aufgaben und Zuständigkeiten des Aufsichtsrats ist Ziffer 5.4.5 des Deutschen Corporate Governance Kodex verständlich. Danach haben die Mitglieder des Aufsichtsrats die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahrzunehmen. Dabei sollen sie von der Gesellschaft angemessen unterstützt werden.