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Streit um die Wochenarbeitszeit

Mehr Flexibilität oder drohende Überlastung? Pläne zur Arbeitszeitreform sorgen für Diskussionen

Die geplante und im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgehaltene Reform der Arbeitszeitregelungen sieht anstelle des bisherigen täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vor. Ein Thema, das zu hitzigen Debatten führt. Ist es ein Schritt in Richtung mehr Flexibilität – oder überwiegt das Risiko für die Gesundheit der Beschäftigten? Und welche Rolle spielt der Betriebsrat dabei? Wir werfen einen Blick auf die Pläne.

Stand:  27.5.2025
Lesezeit:  03:30 min
Mehr Flexibilität oder drohende Überlastung? Pläne zur Arbeitszeitreform sorgen für Diskussionen | © AdobeStock | New Africa

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD unter „Arbeit und Soziales“ eine grundlegende Änderung der Arbeitszeitregelungen angekündigt: „Beschäftigte und Unternehmen wünschen sich mehr Flexibilität. Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, heißt es auf Seite 18 des Vertrags. Konkret soll statt der bisherigen täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden (in Ausnahmefällen bis zu zehn Stunden) künftig eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden gelten, arbeitsrechtliche Grenzen sollen trotzdem eingehalten werden. Erwartungsgemäß befürwortet die Arbeitgeberseite den Vorschlag, während von der Arbeitnehmerseite durchaus Kritik kommt. Die konkrete Ausgestaltung soll übrigens im Dialog mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden erfolgen. Aber: Welche Chancen –  oder Risiken – birgt die Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Arbeitszeitbegrenzung eigentlich? 

Vorteile der Wochenarbeitszeit: Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? 

Befürworter der Reform argumentieren, dass die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit mehr Flexibilität sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer bedeuten würde. Besonders in Branchen mit unregelmäßigen Arbeitsanforderungen, etwa die Pflege oder der Handel, könnte diese Flexibilität helfen, Arbeitszeiten besser an tatsächliche Bedürfnisse anzupassen. Während der Corona-Pandemie gab es in der Pflegebranche bereits die Möglichkeit, von der täglichen Höchstarbeitszeit abzuweichen. Wie es aus Kreisen des Arbeitgeberverbands Pflege heißt, habe das positive Auswirkungen auf das Personal gehabt. 

So bekommen Hotels, Restaurants, Caterer und ihre Mitarbeitenden flexiblere Möglichkeiten, die Arbeitszeiten miteinander zu vereinbaren.

Sandra Warden, Geschäftsführerin des Gastroverbands DEHOGA im MDR

Sandra Warden, Geschäftsführerin des Gastroverbands DEHOGA – der Verband unterstützt den Vorschlag – sagt im MDR: „So bekommen Hotels, Restaurants, Caterer und ihre Mitarbeitenden flexiblere Möglichkeiten, die Arbeitszeiten miteinander zu vereinbaren.“ 

Bedingt durch die größere Flexibilität liegen die weitere positiven Effekte einer Wochenarbeitszeit im Grunde auf der Hand: Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, indem an einzelnen Tagen mehr, dafür an anderen Tagen weniger gearbeitet wird. Darüber hinaus könnten Unternehmen auf Auftragsspitzen gezielter reagieren, um damit die Produktivität zu steigern oder gerade in Branchen mit unregelmäßigem Arbeitsanfall (z. B. Bau, Landwirtschaft) Personalengpässen zu begegnen. Hinzu kommt, dass die Umstellung auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit der EU-Arbeitszeitrichtlinie entsprechend würde und in vielen europäischen Ländern längst üblich ist.

Bedenken der Kritiker: Gesundheitsschutz und Überlastung

Nicht alle unterstützen die Pläne  so uneingeschränkt. Kritiker warnen, die Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit als Schutzmechanismus könne zu einer Überlastung der Beschäftigten führen. „Wir haben gesicherte arbeitswissenschaftliche Ergebnisse, die ganz klar zeigen, dass alles, was über den normalen Achtstundentag hinausgeht, gesundheitsschädigend ist und viele Risiken für die Beschäftigten birgt“, sagt etwa Anja Piehl, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund, im MDR. Es wird befürchtet, dass die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit in der Praxis zu einer Erhöhung der Gesamtarbeitszeit führen könnte, da Arbeitgeber versuchen könnten, die maximal erlaubte Arbeitszeit auszureizen. Die Regelung könnte insbesondere in den Betrieben missbraucht werden, in denen es keinen Betriebsrat gibt und damit keine Betriebsvereinbarungen die Höchstarbeitszeiten oder Schichtmodelle regeln. 

Die Rolle des Betriebsrats 

Bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Verteilung auf die einzelnen Wochentage sowie bei Pausenregelungen bestimmt der Betriebsrat mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst auch die verschiedenen Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, Schichtarbeit, Rufbereitschaft und die Einführung flexibler Arbeitszeiten. Sollte die Reform hinsichtlich der wöchentlichen Höchstarbeitszeit tatsächlich durchgewunken werden, warten auf Betriebsräte einige Aufgaben: Neben der optionalen Anpassung von Betriebsvereinbarungen gilt es, einen Blick auf die Umsetzung zu werfen und zum Beispiel Pausenregelungen, Ruhezeiten oder Obergrenzen für Überstunden zu kontrollieren. 

Fazit: Chancen nutzen? Risiken minimieren! 

Was genau kommen wird in Sachen Wochenarbeitszeit? Das weiß heute noch niemand – Betriebsräte sollten trotzdem vorbereitet sein. Die in Aussicht gestellte Reform der Arbeitszeitregelungen bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Durch aktive Mitbestimmung können Betriebsräte in jedem Fall dafür sorgen, den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden und trotzdem die betrieblichen Anforderungen im Blick zu haben. Gleichzeitig gilt es, potenzielle Risiken zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um Überlastungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorzubeugen. 

Fakt ist: Ob eine Wochenarbeitszeit sinnvoll ist, dürfte immer auch vom Beruf beziehungsweise der Branche abhängen. Während aufgrund der körperlichen Belastung in der Industrie oder auf dem Bau längere Arbeitstage oft gar nicht realistisch sind, gibt es andere Bereiche – beispielsweise kreative Berufe –, in denen Arbeiter froh sind, wenn sie die Stechuhr nicht aus ihrem „Flow“ reißt. (tis) 

Ihre Meinung ist gefragt!

Was denken Sie: Würden Sie eine wöchentliche Höchstarbeitszeit bevorzugen oder möchten Sie lieber bei einem Tageslimit bleiben? Wir freuen uns auf Ihre Gedanken. 

 

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