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Rechtliche Grundlagen von Überstunden: Das muss der Betriebsrat wissen

Hilfe, Überstunden!

Das Thema Überstunden ist ein Dauerbrenner. Manche Arbeitnehmer sind froh über das eventuelle Extrageld, viele hingegen halten dem zusätzlichen Druck kaum Stand. Die Unsicherheiten sind groß: Darf der Arbeitgeber so ohne weiteres Überstunden anordnen? Und müssen Überstunden vergütet werden? Unser Referent Knut-Olav Banke klärt über die rechtliche Situation bei Überstunden auf.

Knut-Olav Banke

Knut-Olav Banke

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht

Stand:  8.3.2016
Lesezeit:  02:15 min
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Wer wissen will, ob sein Arbeitgeber zur Anordnung von Überstunden berechtigt ist, der sollte zunächst einen Blick in seinen Arbeitsvertrag werfen. Diese beinhalten häufig Klauseln, wonach der Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist („Der Mitarbeiter verpflichtet sich, bei betrieblicher Notwendigkeit Überstunden zu leisten“). Auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen enthalten üblicherweise Regelungen zu Überstunden.

Alleine aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers lässt sich hingegen keine Befugnis zur Anordnung von Überstunden ableiten. Gibt es keinerlei vertragliche oder sonstige Regelung, müssen Überstunden daher nur in Notfällen geleistet werden (z.B. bei der verspäteten Anlieferung verderblicher Ware wegen eines Verkehrsunfalls). Kapazitätsengpässe sowie ein vermehrter Arbeitsanfall reichen als alleinige Begründung nicht aus.

Notwendig und zumutbar 

Besteht eine Pflicht zur Leistung von Überstunden, dann muss der Arbeitgeber die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Überstunden müssen betrieblich notwendig und für den Arbeitnehmer zumutbar sein. In der Regel hat der Arbeitgeber z.B. eine angemessene Ankündigungsfrist von einigen Tagen zu beachten. Sollen Überstunden kurzfristig angeordnet werden, muss ein überwiegendes betriebliches Interesse vorliegen. Der Arbeitgeber hat darauf zu achten, dass seine Mitarbeiter hinsichtlich der Leistung von Überstunden gleich stark beansprucht werden. Ebenso dürfen Überstunden nicht zum Normalfall werden. Will ein Arbeitnehmer berechtigt angeordnete Überstunden nicht leisten, muss er hierzu überragende Gründe vorbringen (z.B. eigene Hochzeit). Sonst kann dies zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Der Arbeitnehmer verletzt bei einer Verweigerung von Überstunden seine arbeitsvertraglichen Pflichten allerdings nicht, wenn die Anordnung ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgt oder die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten werden. 

Übrigens: Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistung von Überstunden besteht nur, wenn dies vertraglich geregelt ist. Dies dürfte so gut wie nie der Fall sein. Ansonsten besteht hierauf grundsätzlich kein Anspruch, auch wenn die Überstunden bereits jahrelang erbracht und vergütet wurden.

Schutz besonderer Personengruppen

Eine Leistung von Mehrarbeit ist bei jugendlichen Arbeitnehmern nur in Notfällen zulässig. Wird ein Jugendlicher zur Mehrarbeit herangezogen, so ist diese durch entsprechende Verkürzungen der Arbeitszeit innerhalb von drei Wochen auszugleichen (vgl. §§ 8, 21 JArbSchG). Schwerbehinderte Menschen können nach § 124 SGB IX (Sozialgesetzbuch IX) die Freistellung von Mehrarbeit verlangen. Unter Mehrarbeit im sozialrechtlichen Sinn ist dabei jede über acht Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit zu verstehen. Werdende sowie stillende Mütter dürfen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) nicht mit Mehrarbeit belastet werden. Mehrarbeit in diesem Sinne ist für Frauen unter 18 Jahren die über acht Stunden und für die sonstigen Frauen die über achteinhalb Stunden hinausgehende Arbeit (vgl. § 8 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG).

Freizeit vor Bezahlung

Für ihre Überstunden können Arbeitnehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums einen Ausgleich in Freizeit verlangen. Das Arbeitszeitgesetz und auch die meisten Tarifverträge erachten den Freizeitausgleich als vorrangig gegenüber der Bezahlung. Für die Vergütung von Überstunden gibt es keine besonderen gesetzlichen Regelungen. Deshalb muss zunächst festgestellt werden, ob der Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarungen oder der einschlägige Tarifvertrag entsprechende Regelungen enthalten. Lediglich für Auszubildende ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt, dass eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Arbeit hinausgehende Beschäftigung von Auszubildenden besonders zu vergüten ist (vgl. § 17 Abs. 3 BBiG).

Findet sich keine Regelung, so kann grundsätzlich eine zusätzliche Vergütung auf der Grundlage der Grundvergütung verlangt werden (vgl. § 612 BGB). Dies bedeutet, dass der Maßstab anzulegen ist, nach dem auch sonst der Lohn berechnet wird. Eine Pflicht zur Gewährung von Zuschlägen gibt es ohne ausdrückliche Regelung nicht. Eine Ausnahme hierzu bilden Überstunden, die in Nachtarbeit geleistet werden. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verlangt für diese einen angemessenen Zuschlag (vgl. § 6 Abs. 5 ArbZG). Zahlreiche Tarifverträge enthalten detaillierte Bestimmungen über die Bezahlung von Überstunden bzw. Mehrarbeit. Üblicherweise ist hier geregelt, dass für Überstunden an üblichen Arbeitstagen zusätzlich zur Grundvergütung ein Zuschlag in Höhe von 25 % und für Sonn- und Feiertage in Höhe von 50 % zu zahlen ist. Entsprechendes gilt für den Freizeitausgleich.

Pauschalabgeltung

Häufig enthalten Arbeitsverträge Klauseln, wonach Überstunden mit dem Grundgehalt als abgegolten gelten. Solche Klauseln sind für Arbeitnehmer nur wirksam, wenn sie transparent und verständlich formuliert sind. Aus der Formulierung muss insbesondere klar hervorgehen, wie viele Überstunden mit dem Grundgehalt abgedeckt sein sollen.

Was passiert im Streitfall? Im Streitfall muss durch den Arbeitnehmer dargelegt werden, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden sind oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. Der Arbeitnehmer hat zu belegen, wann und in welchem Umfang er Überstunden geleistet hat. Besonders schwierig ist dies bei flexibler Arbeitszeit. Hier ist für jeden Arbeitstag nach Datum und Stunde aufzuschlüsseln und darzulegen, wie die Arbeitszeit unter Berücksichtigung von Pausen gestaltet wurde. Es empfiehlt sich, insbesondere bei der heute oft gelebten „Vertrauensarbeitszeit“, über Anwesenheitszeiten und geleistete Überstunden genau Buch zu führen. E-Mails über Anordnungen und Anweisungen sollten zu Nachweiszwecken aufbewahrt werden.

Nicht ohne meinen Betriebsrat

Ohne Betriebsrat geht beim Thema Gestaltung der Arbeitszeit gar nichts, vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG. Er hat bei der vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf alle im Zusammenhang mit Überstunden anfallenden Fragen (z.B. ob die Überstunden angeordnet werden dürfen, welche Arbeitnehmer davon betroffen sind). Wurde der Betriebsrat nicht beteiligt oder hat er seine Zustimmung verweigert, ist der Arbeitnehmer berechtigt, die Leistung der Überstunden zu verweigern.

Das Mitbestimmungsrecht besteht grundsätzlich auch bei der Duldung von Überstunden. Ohne Beteiligung des Betriebsrats darf der Arbeitgeber keine freiwillig geleisteten Überstunden entgegennehmen. Ebenso besteht das Mitbestimmungsrecht grundsätzlich auch bei eilbedürftigen Maßnahmen. Nur in äußerst seltenen Notfällen ist der Arbeitgeber vorläufig und kurzfristig zur einseitigen Anordnung von Überstunden ermächtigt.

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