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Führen ein Tendenzunternehmen sowie ein tendenzfreies Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb und verfügt nur das Tendenzunternehmen über mehr als 100 ständig beschäftigte Arbeitnehmer, kann kein Wirtschaftsausschuss errichtet werden.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.11.2019, 7 ABR 3/18
Die Arbeitgeberinnen führen zwei gemeinschaftliche Betriebe zur medizinischen Rehabilitation. Insgesamt sind 234 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 214 in Betrieb 1 und 20 in Betrieb 2. Es gibt einen Betriebsrat und auch ein Wirtschaftsausschuss war gebildet. Im Dezember 2013 änderte der Betrieb 1, also der größere der beiden Betriebe, seinen Unternehmensgegenstand und verfolgt seitdem ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Die Arbeitgeberin macht deshalb geltend, dass kein Wirtschaftsausschuss errichtet werden könne, weil ein Tendenzbetrieb vorliege.
Die Richter gaben der Arbeitgeberin recht. Die Voraussetzungen für die Errichtung eines Wirtschaftsausschusses lägen im Gemeinschaftsbetrieb nicht vor. Ein Wirtschaftsausschuss sei grundsätzlich nach § 106 Abs. 1 Satz 1 zu bilden in Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitnehmern. Nach § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist die Bildung eines Wirtschaftsausschusses aber ausgeschlossen, wenn es sich um einen Tendenzbetrieb handelt. Ein solcher liegt vor, wenn das Unternehmen unmittelbar und überwiegend z.B. politischen, pädagogischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder religiösen Zwecken dient und die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund steht. Im vorliegenden Fall falle Betrieb 1, also der größere der beiden Betriebe, unter den Tendenzschutz. Ein Wirtschaftsausschuss könne deshalb nicht gebildet werden. Im kleineren Betrieb komme ein Wirtschaftsausschuss aufgrund der zu geringen Betriebsgröße nicht in Betracht.
Auch eine analoge Anwendung des § 102 BetrVG komme nicht in Betracht. Zwar sei ein Wirtschaftsausschuss grundsätzlich auch dann zu bilden, wenn in einem einheitlichen Betrieb mehr als 100 ständig beschäftigte Arbeitnehmer in mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen tätig seien, und jeder Betrieb für sich die erforderliche Arbeitnehmerzahl nicht erreiche. Dies gelte aber nicht, wenn die beteiligten Unternehmen überwiegend tendenzgeschützte Zwecke verfolgten. Bestehe der Gemeinschaftsbetrieb, wie hier, aus einem tendenzgeschützten und einem nicht tendenzgeschützten Unternehmen, seien die Grundsätze für sog. Mischunternehmen anzuwenden. Mischunternehmen unterfielen dann dem Tendenzschutz, wenn die tendenzgeschützte Bestimmung überwiege. Dabei seien allein quantitative Gesichtspunkte maßgeblich. Im vorliegenden Fall sei der Tendenzschutz des Gemeinschaftsbetriebs wegen der deutlich höheren Arbeitnehmeranzahl in Betrieb 1 gegeben. Ein Wirtschaftsausschuss konnte daher nicht gebildet werden.