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Mit 56 Jahren zu alt für „erste Führungserfahrung“?

Wann ist eine Ablehnung bloß schmerzhaft, und wann eine echte Diskriminierung? Das LAG Köln hatte sich mit einer Stellenausschreibung und einer abgelehnten Bewerbung eines 56-Jährigen zu beschäftigen. 

LAG Köln, Urteil vom 20.06.2024, 6 Sa 632/23 

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Redaktion
Stand:  29.10.2024
Lesezeit:  01:30 min
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Das ist passiert

Der 56-jährige Kläger mit langjähriger Berufserfahrung in Führungspositionen bewarb sich bei der Beklagten um eine Position als Managementtrainer. Laut Stellenbeschreibung war „erste Erfahrung in Führungspositionen“ erwünscht. Zwei Wochen später bekam er seine Bewerbung mit Dankesschreiben und Ablehnung zurück. Die Stelle wurde nach der Ablehnung erneut ausgeschrieben. Im anschließenden Prozess blieb unbestritten, dass der Kläger für die Stelle zu 100% geeignet war und alle Anforderungen der Stellenanzeige erfüllt hätte. Darum sei die Ablehnung alleine aufgrund des Alters erfolgt, und somit eine Altersdiskriminierung.

Das entschied das Gericht

Das Gericht sah nicht einmal ein Indiz für eine Diskriminierung. Entscheidendes Argument: Erste Führungserfahrung kann in jedem Alter gemacht werden. Es gebe keinerlei Erfahrungssätze, dass damit eine bestimmte Altersspanne umschrieben werde (der Kläger meinte, ca. 38 bis 42 Jahre). Auch die rasche Rücksendung der Bewerbung und die erneute Ausschreibung der Stelle begründeten keinen Diskriminierungsverdacht. Die Ablehnung könne alle möglichen Gründe und müssten nichts mit dem Alter des Klägers zu tun gehabt haben.

Bedeutung für die Praxis

Werden ältere Männer marginalisiert? Eine echte Altersdiskriminierung im Bewerbungsverfahren ist praktisch kaum beweisbar. Es sei denn, ein Arbeitgeber wäre heute noch so naiv, so etwas wie „Young professionell gesucht“ auszuschreiben. Das ist von der Rechtsprechung schon genauso abgeurteilt worden, wie „junges dynamisches Team“ oder andere Bezeichnungen mit dem Worten „jung“. Viel sicherer ist es doch für den Arbeitgeber, einfach alle unerwünschten Bewerbungen nach Geburtsdatum auszusortieren. Und dass Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt alltäglich ist, dürfte wohl kaum einer ernstlich bestreiten. Der bekannte Arbeitsforscher Hans Rusineck drückte es kürzlich so aus: “Wer mit 60 Jahren noch ernst genommen werden möchte in dieser Arbeitswelt, dem kann man nur viel Glück wünschen – und ein paar bunte Sneaker!“ 

Vor diesem Hintergrund fällt es schon etwas schwer, dem Gericht vorbehaltlos in dem Argument zu folgen, erste Führungserfahrung könne in jedem Alter gemacht werden, damit sei keine Alterskohorte gemeint. Diskriminierung ist immer etwas, dass mit einem Bild im Kopf zu tun hat. Und mal ehrlich: Wer sieht vor seinem geistigen Auge beim Wort „erste Erfahrung in Führungsposition“ nicht einen jung-dynamischen Mittdreißiger? Aber sei´s drum - unter anderem deshalb ist es ja so wichtig, einen Betriebsrat zu haben! Denn der kann dem Chef einen Strich durch dessen Praxis machen, schließlich ist er nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei Einstellungen in der Mitbestimmung. Und nicht nur dort. In praktisch allen Belangen kann und soll der Betriebsrat darauf achten, dass Ältere im Betrieb nicht benachteiligt werden, z.B. auch bei Fortbildungen. In unserer alternden Gesellschaft kommt der Betriebsratsarbeit deshalb eine ungeheure Bedeutung zu, wenn es darum geht, den Fachkräftemangel durch bessere Bedingungen für Ältere abzufedern. (mb) 

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