Schulungsanspruch zum Thema Überlastungsanzeige für zwei Betriebsratsmitglieder im Pflegebetrieb

Bei der Arbeitgeberin, die einen Pflegebetrieb betreibt, kam es in einem Zeitraum von 14 Monaten zu mehr als 190 Überlastungsanzeigen. Trotzdem verweigerte die Arbeitgeberin die Kostenübernahme einer Schulung von zwei Mitgliedern des fünfköpfigen Betriebsrats zu diesem Thema. Konkret handelte es sich um die Betriebsratsvorsitzende und ihre Stellvertreterin. Es wurden an zweieinhalb Tagen die Themenblöcke „Überlastungssituationen in der Arbeitswelt“, „Die Überlastungsanzeige als Instrument zum Schutz der Mitarbeiter“, „Die Betriebsvereinbarung zum Thema Überlastungsanzeige“ und „Weitere Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats bei Dauerstress“ bearbeitet.

Für das Arbeitsgericht München war bereits die Anzahl der Fälle (mehr als 190 Überlastungsanzeigen) sowie die allgemein bekannte Situation in der Pflege ausreichend, um eine offensichtliche Erforderlichkeit im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG zu bejahen. Aufgrund der aktuellen Problematik im Betrieb durfte der Betriebsrat im Rahmen seines Beurteilungsspielraums davon ausgehen, dass er die Schulungsinhalte braucht, um seine Handlungsoptionen zu kennen und unter Umständen auch eine Betriebsvereinbarung dazu abzuschließen.

Bei Fragen der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes, zu welcher auch die Überlastungsanzeige zählt, besteht eine unabdingbare Notwendigkeit der Vermittlung solcher Kenntnisse für die Arbeit des Betriebsrats. Das Thema beurteilte das Gericht außerdem als so schwierig, dass auch die Teilnahme von zwei Betriebsratsmitgliedern angemessen und erforderlich gewesen war.

Schaut man sich die Umstände des Falls an, dann verwundert es, dass dieser überhaupt vor Gericht landen musste. Mehr als 190 Überlastungsanzeigen in 14 Monaten – das sind im Schnitt rund 13, 6 Anzeigen pro Monat! Leider wohl kein Einzelfall im Pflegebereich. Umso wichtiger, dass Betriebsräte hier von ihrem überaus wichtigen Recht auf Schulung Gebrauch machen.

Im konkreten Fall prüfte das Gericht prüfte auch die klassischen Voraussetzungen für die Erforderlichkeit i.S.d. § 37 Abs. 6 BetrVG (wie zum Beispiel BAG 17.11.2021, 7 ABR 27/20). (dz)