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Unterlassene Anhörung bei Versetzung rettet den bisherigen Arbeitsplatz nicht

Soll eine Kollegin dauerhaft in einen anderen Betrieb versetzt werden, so muss auch der Betriebsrat des abgebenden Betriebes nach § 99 BetrVG zur Versetzung gehört werden. Versäumt der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats, ist die Versetzung grundsätzlich unwirksam. Das bringt der Kollegin den bisherigen Arbeitsplatz aber nicht zurück, wenn der bisherige Arbeitsplatz weggefallen ist.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29. November 2019, Az. 16 Sa 172/19

Stand:  29.6.2021
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Das ist passiert:

Die Arbeitnehmerin ist als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Der neue Geschäftsführer der Arbeitgeberin strukturierte Aufgaben um. Dabei fiel die Tätigkeit der Assistenz der Geschäftsführung weg. Die Arbeitnehmerin erhielt die Kündigung.

Das zuständige Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Das Angebot der Arbeitgeberin, sie bis zur Rechtskraft des Urteils in einem anderen Betriebsteil – mit anderen Aufgaben bei gleichem Gehalt – weiter zu beschäftigen, nahm die Arbeitnehmerin an. Vor der Beschäftigung der Klägerin wurde zwar der Betriebsrat am neuen Standort, nicht aber der Betriebsrat des bisherigen Standortes angehört. Letztendlich blieb es bei der Unwirksamkeit der Kündigung. Zwischenzeitlich hatte die Arbeitnehmerin im neuen Betrieb sogar das Amt der Betriebsratsvorsitzenden übernommen. Dennoch wollte sie auf ihren alten Arbeitsplatz am anderen Standort zurückkehren. Sie klagte auf vertragsgemäße Beschäftigung sowie auf Feststellung, dass die Versetzung an den neuen Standort wegen fehlender Betriebsratsanhörung unwirksam sei.

Das entschied das Gericht:

Die Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch, wieder am alten Standort als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt zu werden.

Die neue Beschäftigung erfolgte nicht auf der Grundlage des Arbeitsvertrages, dessen Fortbestand streitig war, sondern ausschließlich aufgrund des Anspruchs auf Weiterbeschäftigung nach dem Urteil des zuständigen Arbeitsgerichts. Diese Weiterbeschäftigung führt nicht zu einer Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der Arbeitnehmerin dauerhaft eine Tätigkeit am neuen Standort übertragen werden sollte, wäre diese „Versetzung“ zumindest unwirksam, da man den Betriebsrat des abgebenden Betriebes nicht gem. § 99 BetrVG beteiligt hat.

Damit besteht grundsätzlich ein Anspruch der Arbeitnehmerin, entsprechend ihrem Arbeitsvertrag auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigt zu werden. Allerdings ist dies unmöglich geworden, da der Arbeitsplatz Umorganisation der Aufgaben weggefallen ist. Zwar wurden die Aufgaben der Arbeitnehmerin nur auf andere Kollegen sowie externe Dienstleister umverteilt, eine Rückverlagerung auf den weggefallenen Arbeitsplatz könne vom Arbeitgeber aber nicht verlangt werden, so das Gericht. Die Arbeitsgerichte seien nicht befugt, dem Arbeitgeber eine bestimmte Betriebsorganisation vorzuschreiben. Der Arbeitgeber dürfe eine unternehmerische Entscheidung treffen, welche den bisherigen Arbeitsplatz des Mitarbeiters durch eine Organisationsänderung entfallen lässt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision gegen das Urteil am 15.6.2021 zurückgewiesen (Az. 9 AZR 217/20).

Praxishinweis:

Eine ohne die erforderliche Zustimmung des abgebenden Betriebsrats erfolgte Versetzung ist per se unwirksam. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung dient neben dem Schutz der Belegschaft dem Schutz des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats hat deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Folge, dass die Versetzung auch im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien unwirksam ist; der Arbeitnehmer hat das Recht, die Arbeit zu den geänderten Bedingungen zu verweigern. Gleichzeitig gilt aber auch der Grundsatz der freien Unternehmerentscheidung. Diese Entscheidung ist – mit Ausnahme offenbar sachwidriger, missbräuchlicher oder willkürlicher Maßnahmen – hinzunehmen. Die Arbeitnehmerin hat aber zumindest noch einen Anspruch auf einen gleichwertigen anderen Arbeitsplatz (sf).

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