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Ist dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bewilligt worden, belegt dies allein nicht die objektive Nutzlosigkeit eines BEM.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2015 - 2 AZR 565/14
Die Beklagte betreibt ein Omnibusunternehmen. Der Kläger war bei ihr seit Februar 2007 als Busfahrer tätig.
Seit dem 28. November 2010 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 26. Juni 2012 wurde ihm rückwirkend ab dem 1. Juni 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt.
Der Kläger informierte daraufhin den Geschäftsführer der Beklagten über die Rentenbewilligung. Er lehnte es ab, dessen Frage nach der Art seiner Erkrankung zu beantworten.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. Juli 2012 zum 30. September 2012.
Gegen die Kündigung hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, für eine krankheitsbedingte Kündigung fehle es an einer negativen Gesundheitsprognose. Durch den Rentenbescheid werde nicht dokumentiert, dass er als Omnibusfahrer dauerhaft arbeitsunfähig sei. Auch ausweislich dreier im Rentenverfahren eingeholter Gutachten sei es medizinisch nicht unwahrscheinlich, dass seine volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Zudem sei keine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen gegeben. Die Beklagte stelle schon seit Jahren Arbeitnehmer nur noch befristet ein. Es sei nicht erkennbar, weshalb es ihr nicht zumutbar sein solle, ihm einen Arbeitsplatz zumindest bis zum Auslaufen der Rentenbewilligung am 30. Juni 2014 freizuhalten. Im Übrigen habe die Beklagte entgegen den gesetzlichen Verpflichtungen kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt. Aus dem Bezug der Rente wegen Erwerbsminderung habe sich eine negative Gesundheitsprognose für die auf die Kündigung folgenden 23 Monate ergeben und es sei ungewiss gewesen, ob er danach jemals wieder arbeitsfähig werde. Aus der Befristung der Rentenbewilligung könne nicht geschlossen werden, der Kläger werde nach ihrem Ablauf seine Fähigkeit zur vollschichtigen Tätigkeit als Busfahrer wieder erlangen. Ein für den Kläger leidensgerechter Arbeitsplatz habe ebenso wenig zur Verfügung gestanden wie überhaupt ein freier Arbeitsplatz. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement sei entbehrlich gewesen.
Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar.
Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in der Regel ohne weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen. Die völlige Ungewissheit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht dann einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsfähigkeit gleich, wenn - ausgehend vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - jedenfalls in den nächsten 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden kann.
Ohne Durchführung eines BEM genügt die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nur, wenn der Arbeitgeber die objektive Nutzlosigkeit des BEM darlegen kann. Hierzu hat er umfassend und detailliert vorzutragen, warum - auch nach ggf. zumutbaren Umorganisationsmaßnahmen - weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen wären und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können. Das heißt der Arbeitgeber muss darlegen, warum also ein BEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten bzw. der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit entgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.
Ist dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 2 SGB VI bewilligt worden, belegt dies allein nicht die objektive Nutzlosigkeit eines BEM.