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Für die Durchführung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung gibt es zwei mögliche Wahlverfahren: das förmliche Wahlverfahren in Betrieben mit 50 und mehr wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen und das vereinfachte Wahlverfahren grundsätzlich in Betrieben mit weniger als 50 Wahlberechtigten. So weit so gut.
Aber was passiert, wenn man sich im Wahlverfahren verfahren hat - sprich die Wahl im vereinfachten Verfahren durchgeführt hat, obwohl die „magische" Zahl von 50 Wahlberechtigten erreicht bzw. überschritten war? Und welcher Zeitpunkt ist maßgeblich für die Bestimmung dieses Schwellenwertes von 50 Wahlberechtigten?
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.11.2005 – 7 ABR 9/05
Die Arbeitgeberin beschäftigte etwa 50 schwerbehinderte Menschen. Anfang September 2002 machte sich die amtierende Vertrauensperson an die Vorbereitung der Neuwahl der Schwerbehindertenvertretung. Hierfür forderte sie bei der Arbeitgeberin eine Liste der im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen an. Die Liste wies 49 Personen auf. Daraufhin beschloss die Vertrauensperson, die anstehende Wahl im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Sie lud die schwerbehinderten Arbeitnehmer mit Aushang vom 14. Oktober 2002 zur Wahlversammlung ein. In dieser wurde eine neue Schwerbehindertenvertretung gewählt. Später stellte sich heraus, dass bereits am Tag der Einladung zur Wahlversammlung, dem 14. Oktober 2002, im Betrieb mittlerweile 55 schwerbehinderte Menschen beschäftigt waren.
Mit dem Wahlergebnis wohl nicht ganz glücklich, fochten drei Arbeitnehmer die Wahl an.
Die Anfechtung der Wahl war erfolgreich. Die Wahl ist unwirksam, da sie fälschlicherweise im vereinfachten Wahlverfahren durchgeführt wurde.
Im vereinfachten Wahlverfahren kann die Schwerbehindertenvertretung durch eine einberufene Wahlversammlung unmittelbar gewählt werden, während im förmlichen Wahlverfahren zunächst ein Wahlvorstand bestellt werden muss, der die Wahl vorbereitet und durchführt.
In Betrieben mit weniger als 50 Wahlberechtigten muss die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren durchgeführt werden. Dagegen hat in Betrieben mit 50 und mehr Wahlberechtigten die Wahl zwingend im normalen Wahlverfahren zu erfolgen. Daran führt kein Weg vorbei.
Maßgeblich für die Bestimmung des Schwellenwerts von 50 Wahlberechtigten ist der Zeitpunkt, in dem die Wahl verbindlich eingeleitet wird. Dies ist im förmlichen Wahlverfahren der Erlass des Wahlausschreibens, im vereinfachten Wahlverfahren die Einladung zur Wahlversammlung. Die Zahl der Wahlberechtigten vor und nach diesem jeweiligen Stichtag bleibt außer Betracht.
Das Gericht gelangte hier zu dem Ergebnis, dass die Wahl aufgrund des Vorliegens von 55 Wahlberechtigten im Zeitpunkt der Einladung zur Wahlversammlung richtigerweise im normalen Wahlverfahren durchzuführen gewesen wäre. Die Anfechtung war berechtigt.
Vorsicht ist geboten, wenn die Zahl der Wahlberechtigten knapp über oder unter dem Schwellenwert von 50 Wahlberechtigten liegt und in naher Zukunft mit Veränderungen bei der Zahl der Wahlberechtigten zu rechnen ist. Für diesen Fall ist Ihnen als amtierende Schwerbehindertenvertretung anzuraten, bereits etwa 10 bis 12 Wochen vor Ablauf Ihrer Amtszeit beim Arbeitgeber die Zahl der im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen abzufragen. Dadurch haben Sie auch für die ggf. erforderliche Durchführung des normalen Wahlverfahrens genügend Zeit. Anschließend sollten Sie schnellstmöglich - dies ist ganz wichtig - das für Ihren Betrieb einschlägige Wahlverfahren einleiten. Damit verringern Sie das Risiko, dass sich zwischen der Abfrage der Wahlberechtigten und der Einleitung der Wahl die Anzahl der Wahlberechtigten ändert und Sie versehentlich - wie im oben geschilderten Fall geschehen - das falsche Wahlverfahren anwenden.
Die Möglichkeit, sich zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung oder anderen Themen gegenseitig auszutauschen, bietet Ihnen unser Internetforum speziell für die Schwerbehindertenvertretungen. Dieses finden Sie unter www.betriebsrat.de/forum/index.htm .