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Zukunftsforscherin Theresa Schleicher über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Handelsbranche
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird in Zukunft auch im Handel eine große Rolle spielen, erwartet die Zukunftsforscherin Theresa Schleicher. Betriebsräte sollten sich offen für Innovationen zeigen und gleichzeitig der Belegschaft ein Sicherheitsgefühl vermitteln, sagt sie. Gar nicht so einfach, denn: „Wir machen eine komplexe neue KI-Blase, anstatt darüber nachzudenken, was sinnvolle Ansätze für unsere bestehenden Probleme sind.“
Theresa Schleicher: Das Phänomen ist recht spannend, weil wir Menschen dazu neigen, besonders in Krisenzeiten Dinge extrem zu übertreiben. Künstliche Intelligenz ist eine ganz hervorragende Technologie, um viele Prozesse zu vereinfachen. Als Endkonsumenten merken wir das, wenn wir ChatGPT oder andere KI Tools nutzen und Texte, Bilder oder Empfehlungen erstellt werden. Es entsteht fast ein menschliches Miteinander. Bei den kommenden Generationen werden wir nicht mehr über Digital Natives, sondern über AI Natives sprechen. Aber das ist ein Prozess, der sich evolutionär entwickelt, wenn auch schnell.
Theresa Schleicher: Es ist wichtig, dass bei KI nicht alle sagen: Ja klar, machen wir, aber keiner weiß, worum es eigentlich geht. Es ist wichtig zu verstehen, was da auf uns zukommt. Nur so kann man nämlich richtig einschätzen, was in zwei, drei oder fünf Jahren noch funktioniert. Und das ist es dann, was man den Mitarbeitenden kommunizieren kann, um damit eine gewisse Sicherheit für ihre Arbeitsplätze zu schaffen. Hier hat der Betriebsrat eine hohe Verantwortung, sich offen zu zeigen und gleichzeitig dieses Sicherheitsgefühl zu vermitteln.
Theresa Schleicher: In jedem Fall. Allerdings liegt im Einsatz von KI jede Menge Vereinfachungspotenzial, was gut für die Mitarbeitenden sein kann. Wie kann mit Engpässen im Unternehmen oder auf der Fläche umgegangen werden, wo können Mitarbeitende besser unterstützt werden? Ein Beispiel: Es wurde festgestellt, dass es speziell im Kundenservice eine sehr hohe Depressionsanfälligkeit gibt, weil sie natürlich meist den ganzen Tagen mit Problemen konfrontiert sind. Wenn also Anrufer ausfällig werden, pegelt das Telefon mit KI automatisch herunter, und das hat tatsächlich zu einer höheren Gesundheit in den Unternehmen geführt. Klar geht es in Sachen KI häufig um Kernprozesse wie Lieferketten, Wareneinsatz oder Einkaufsoptimierungen. Aber auch um eine neue Kreativität: in der Produktentwicklung oder um intelligente Avatare und Bots im Online-Shop, die relativ einfach umzusetzen sind und mittlerweile neue Impulse für den Konsumenten bringen.
Theresa Schleicher: Mir persönlich ist es wichtig – und das ist Teil meiner Vorträge –, dass die Menschen anhand von ganz konkreten Beispielen sehen, was KI für den Handel bedeuten kann. Weil häufig die Annahme vorherrscht, KI sei das Allzweckmittel für alles. Ähnlich wie früher die Daten als neues Gold bezeichnet wurden – und nur wenige wussten, was das konkret bedeutet.
Theresa Schleicher: Letztlich gibt es in Unternehmen für jeden Fachbereich auch Fachpersonal. Das heißt, jemand aus HR muss sich automatisch mit KI beschäftigen – das ist einfach der Job. Und so ähnlich ist es für Betriebsräte. Sie sollten sich fragen: Wie kann ich meine Aufgaben im Unternehmen weiterentwickeln? Und dann geht man eben auf spezielle Schulungen, die sich um das Thema drehen. Meistens werden die im Unternehmen, die offen sind und Lust auf Zukunft haben, recht schnell sehr weit kommen. Es ist gar nicht so kompliziert! Häufig reichen für den Anfang zwei, drei Seminare, sich selbst ein bisschen einlesen und zu Hause mit ChatGPT sowie anderen KI-Tools rumprobieren, aus – und das macht auch noch viel Spaß. Und dann gilt es mit dem ersten Wissen, die Spezialisten innerhalb des Unternehmens einzubinden und unternehmerisch ernst zu nehmen.
Theresa Schleicher: Weil wir verlernt haben, Dinge mit einer gewissen Leichtigkeit zu nehmen und diese spielerisch zu betrachten. Wir machen eine komplexe neue KI-Blase, anstatt darüber nachzudenken, was einfache Ansätze für unsere bestehenden Probleme sind. Oder wo wir Tools einsetzen können, die es schaffen, dass mehr Kunden kommen und bleiben. Dabei haben wir ja im Prinzip die passende Infrastruktur (die Daten) dafür, wir nutzen sie nur leider nicht mit Offenheit und verlieren uns in Strukturierungs-Transformationen, die heute anders gehen können.
„Erfolg im Wandel: Wie der Handel mit verändertem Konsumverhalten und Innovationserfordernis umgeht“, so heißt der Eröffnungsvortrag von Theresa Schleicher bei der ifb-Fachtagung „Handel im Wandel“ – 01.09. bis 03.09.2025 in Berlin.
Theresa Schleicher: China ist natürlich sehr speziell, besonders in den größeren Städten. In Shanghai und Peking ist der Einsatz von digitalen Tools spannend, weil diese Städte in erster Linie, besonders in Corona Zeiten nochmals, digital gewachsen sind. Wichtig zu wissen ist, dass die aus einer ganz anderen Entwicklung und Wirtschaftslage in den letzten 20 Jahren kommen – von der Werkbank der Welt zur angestrebten eigenen Weltmacht. Viele schauen auf China, sehen die Innovationen und denken, die sind viel weiter als wir. Sie kommen aber nur von der anderen Seite. Wir sind sehr stark durch den stationären Handel entwickelt worden. In China ging es darum: Wie kann man die im eigenen Land hergestellten Produkte an die Bevölkerung bringen? Weil sich die stationären Flächen meist nur die europäischen und amerikanischen Ketten leisten konnten. Daher ist der Digitalhandel in chinesischer Hand stärker ausgeprägt, aber in Bereichen gesunde Produkte, Qualität und auch Forschung sind wir weiter vorne. Dennoch können wir einige Dinge lernen, etwa beim Thema Kundenrelevanz durch Kundendaten. Hier entstehen nun mal die neuen Produkte, Services und Absatzwege. Hier gibt es einige chinesische Unternehmen, die es durch recht einfach eingesetzte Tools schaffen, dass der Handel zum Kunden kommt und nicht umgekehrt. Vieles davon gibt es so bei uns noch nicht. (tis)
Im ersten Teil des Interviews spricht Theresa Schleicher über Herausforderungen und Chancen von Betriebsräten in der Handelsbranche.
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