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Was sind ernsthafte innerbetriebliche Verhandlungen im Vorfeld der Bildung einer Einigungsstelle? Es reichen ein ernsthafter Versuch und die offensichtliche und unverrückbare Unvereinbarkeit der von den Betriebsparteien vertretenen Standpunkte. Außerdem darf, wie hier beim Thema Vergütung, der kollektive Bezug zum Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht offensichtlich ausgeschlossen sein.
Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 10.10.2024, 5 TaBV 99/24
Die Beteiligten streiten über die Bildung einer Einigungsstelle zur Regelung von Grundsätzen der Verteilung von Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen an außertariflich angestellte Mitarbeiter.
Neben 133 tarifgebundenen Arbeitnehmern und zwei als leitend angesehenen Angestellten waren im Betrieb drei Arbeitnehmer ohne Tarifbindung beschäftigt. Der Betriebsrat rügte gegenüber der Arbeitgeberin, dass die im Jahr 2023 an zwei der drei Arbeitnehmer ohne Tarifbindung gewährten Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen unter Missachtung seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfolgt seien. Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat mit E-Mail mit, dass sie keine Mitbestimmung sehe. Über seinen Rechtsanwalt forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin unter Fristsetzung auf, ihm alle Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen aus dem Jahr 2023 mitzuteilen und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die Anrufung der Einigungsstelle und nötigenfalls die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 100 ArbGG an.
Ein Antrag auf Bestellung einer Einigungsstelle kann nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (ernsthafte Zweifel in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht). Im Übrigen bleibt die Klärung rechtlicher und tatsächlicher Fragen dem Einigungsstellenverfahren und ggf. einem sich anschließenden arbeitsgerichtlichen Anfechtungsverfahren vorbehalten.
Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab erklärt sich aus den Besonderheiten des Bestellungsverfahrens, welches darauf gerichtet ist, den Betriebsparteien im Bedarfsfall möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Diese Zielsetzung erfordert ein unkompliziertes Bestellungsverfahren ohne zeitraubende Klärung streitiger Tatsachenfragen und Prüfung nicht offensichtlich zu beantwortender bzw. höchstrichterlich nicht geklärter Rechtsfragen.
Am Maßstab der Offensichtlichkeit ist auch die Frage zu prüfen, ob der Anrufung der Einigungsstelle ernsthafte innerbetriebliche Verhandlungen vorausgegangen sind. In beteiligungspflichtigen Angelegenheiten haben die Betriebsparteien vor Anrufung der Einigungsstelle den Versuch einer gütlichen Einigung zu unternehmen. Es genügt, wenn der Betriebspartner, der die Bildung der Einigungsstelle anstrebt, einen ernsthaften Verhandlungsversuch unternommen hat. Vertreten die Betriebsparteien miteinander unvereinbare Standpunkte und sind sie nicht bereit, von diesen abzurücken, bedarf es zudem keiner weiteren innerbetrieblichen Verhandlungen, weil diese dann lediglich zu einer sinnlosen Förmelei würden.
Hier ergibt sich eine offensichtliche Unzuständigkeit weder unter dem Gesichtspunkt nicht hinreichender innerbetrieblicher Verhandlungen noch daraus, dass das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG offensichtlich auszuschließen wäre, so das Gericht. Nicht auszuschließen ist im Gegenteil, dass dem Betriebsrat dieses Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der zugunsten der beiden Arbeitnehmer im Jahr 2023 gewährten Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen zusteht.
Der vorliegende Sachverhalt ist nicht untypisch. Die Entscheidung gibt Sicherheit und sollte Betriebsratsgremien ermutigen, in solchen und ähnlichen Fällen diesen Weg einzuschlagen. (dz)