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Der Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer kann verfallen!

  1. Die Befristung des Zusatzurlaubsanspruchs schwerbehinderter Menschen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es dem Arbeitgeber unmöglich war, den Arbeitnehmer durch seine Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Zusatzurlaub zu realisieren.
  2. Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese auch nicht offenkundig, verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist (amtlicher Leitsatz).


BAG, Urteil vom 30.11.2021 - 9 AZR 143/21
 

Stand:  2.6.2022
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Das ist passiert:

Der Arbeitnehmer war von August 2016 bis Anfang 2019 beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Wenige Tage vor seiner Eigenkündigung legte er ihm einen Urlaubsantrag vor, in dem er rückwirkend für die Jahre 2016 bis 2018 erfolglos zwölf Tage Zusatzurlaub geltend gemacht hatte. Eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises fügte er dem Antrag bei (seit 2014 war der Kläger mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehindert anerkannt).

Der Arbeitgeber hatte den Arbeitnehmer zu keiner Zeit aufgefordert, Urlaub zu nehmen oder ihn darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraums verfallen kann. 
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht wies sie ab. Der Arbeitnehmer berief sich darauf, dass der Zusatzurlaub aufgrund der Versäumnisse des Arbeitgebers nicht verfallen sei.

Das sagt das Gericht:

Das BAG stellte klar, dass Zusatzurlaubsansprüche unabhängig davon entstehen, ob die Beklagte von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers Kenntnis hatte oder nicht.
Allerdings stellte das BAG auch fest:  Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese auch nicht offenkundig, verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist.

Im vorliegenden Fall war ungeklärt, ob der Anspruch des Klägers auf Zusatzurlaub gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG bereits mit dem Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres infolge der Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers erloschen war. Insofern hatte die Revision des Klägers Erfolg und führte zur Rückverweisung an das LAG.

SBV-Tipp!

Möchten schwerbehinderte Arbeitnehmer Ihre Ansprüche auf den Zusatzurlaub nach §208 SGB IX wahrnehmen, sollten sie ihren Status dem Arbeitgeber gegenüber frühzeitig offenlegen, beispielsweise indem sie eine Kopie des Schwerbehindertenausweises bei der Personalabteilung hinterlegen und sich dies auch schriftlich bestätigen lassen.

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