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Ist ein Arbeitnehmer fortdauernd arbeitsunfähig erkrankt, verfällt sein Mindesturlaubsanspruch entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht schon am 31. März des Folgejahres. Tariflicher Mehrurlaub, der den Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigt, verfällt hingegen zum 31. Mai des Folgejahres.
Bundesarbeitsgericht vom 22.05.2012 – 9 AZR 575/10
Im zugrunde liegenden Streitfall (Az 9 AZR 575/10) beträgt der Urlaubsanspruch des Klägers gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) 30 Arbeitstage. § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD bestimmt abweichend von der Regelung in § 7 Abs. 3 BUrlG, dass der Erholungsurlaub im Falle seiner Übertragung bis zum 31. Mai des Folgejahres angetreten werden muss, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit nicht bis zum 31. März des Folgejahres angetreten werden konnte.
Mit seiner Klage hat der 1950 geborene und seit 1974 bei der beklagten Stadt als Angestellter beschäftigte Kläger für die Jahre 2007 und 2008 jeweils 10 Tage Mehrurlaub als Ersatzurlaub verlangt. Der Kläger konnte diesen Mehrurlaub weder in diesen Jahren noch bis zum 31. Mai des jeweiligen Folgejahres antreten, weil er vom 23. Juni 2007 bis zum 7. Oktober 2009 arbeitsunfähig war. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Gericht verwies in seiner Entscheidungsbegründung darauf, dass der Mindesturlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der fortdauernd arbeitsunfähig erkrankt ist, entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht schon am 31. März des Folgejahres verfällt. Der von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleistete Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen darf nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht vor Ablauf eines den Bezugszeitraum deutlich übersteigenden Zeitraums verfallen, wenn der Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht nehmen konnte. Die Tarifvertragsparteien können hiervon abweichend Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen (Mehrurlaub), frei regeln. Ob sie von dieser Regelungsmacht Gebrauch gemacht haben, ist durch Auslegung der maßgeblichen Tarifbestimmungen festzustellen.
Im zugrunde liegenden Fall haben die Tarifvertragsparteien des TVöD zwar nicht ausdrücklich zwischen dem gesetzlichen, unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub von vier Wochen und dem tariflichen Mehrurlaub differenziert. Sie haben sich jedoch mit der Regelung in § 26 Abs. 2 TVöD hinreichend deutlich vom gesetzlichen Fristenregime in § 7 Abs. 3 BUrlG gelöst, indem sie die Übertragung und den Verfall des Urlaubsanspruchs eigenständig geregelt haben. Dies hindert die Annahme eines „Gleichlaufs" des gesetzlichen Mindesturlaubs und des tariflichen Mehrurlaubs und bewirkt, dass der Mehrurlaub aus dem Jahr 2007 am 31. Mai 2008 und der Mehrurlaub aus dem Jahr 2008 am 31. Mai 2009 gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD verfallen sind.