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Wahlrecht: Besondere Regelungen für leitende Angestellte

Leitende Angestellte im Betrieb

Nahezu vor jeder Betriebsratswahl taucht die Frage auf, ob Beschäftigte, die im Betrieb als „leitende Angestellte" bezeichnet werden, an dieser teilnehmen dürfen. Antworten hierzu gibt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Klein in seinem Beitrag.

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Wolfgang Klein

Stand:  17.3.2017
Lesezeit:  03:00 min
Betriebsratswahl: Besondere Regelungen für leitende Angestellte | © kebox - Fotolia.com

Das deutsche Recht kennt keinen einheitlichen Begriff des Leitenden Angestellten. Im allgemeinen arbeitsrechtlichen Sinn werden hierunter Arbeitnehmer verstanden, die mit einem eigenen erheblichen Ermessensspielraum typische Unternehmeraufgaben wahrnehmen. Ihnen kommt zum Teil eine unmittelbare personelle Anordnungsbefugnis zu, das heißt sie haben das Recht, selbstständig Arbeitnehmer einzustellen und zu entlassen. Zudem haben sie Einfluss auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische oder wissenschaftliche Führung des Unternehmens.

Leitende Angestellte haben die Möglichkeit, einen Sprecherausschuss der leitenden Angestellten zu wählen. Grundlage hierfür ist das Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten, das so genannte Sprecherausschussgesetz.

In verschiedenen Gesetzen sind die Voraussetzungen für die Leitenden Angestellten gesondert geregelt. Im Hinblick auf die bevorstehenden Betriebsratswahlen sind die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes maßgeblich.

Wortlaut des § 5 Abs. 3 BetrVG

Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

  1. zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder

  2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder

  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.

In § 5 Abs. 3 BetrVG sind die entscheidenden Voraussetzungen genannt, die einen Leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsrechts definieren. Sobald nur einer der in dieser Vorschrift genannten Tatbestände erfüllt ist, ist der Status des Leitenden Angestellten gegeben:

  • Ziffer 1 spricht von einer typischen Arbeitgeberfunktion, nämlich der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern;

  • Ziffer 2 geht von einer formalen Unternehmerstellung des Leitenden Angestellten aufgrund von entsprechenden Vollmachten und der Übertragung von nicht unbeachtlichen Aufgaben aus.

  • Ziffer 3 beschreibt die Hauptgruppe der Leitenden Angestellten. Entscheidend sind die Bedeutung der Aufgaben und die Weisungsfreiheit der Leitenden Angestellten.

Bei den vorgenannten Kriterien handelt es ich um eine abschließende Aufzählung. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber keine anderen Merkmale zulassen wollte. Es kommt also nicht auf das Selbstverständnis und die Bezeichnung eines Mitarbeiters als „Leitender Angestellter“ im Arbeitsvertrag an. Auch außertarifliche Mitarbeiter gehören nur dann zu dem Kreis der Leitenden Angestellten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Höhe der Vergütung ist kein Kriterium. Leitende Angestellte sind zwar oft außertarifliche Angestellte, beziehen also ein Gehalt, das über der höchsten Vergütungsgruppe im Unternehmen liegt. Aber umgekehrt sind außertarifliche Angestellte nicht automatisch Leitende Angestellte.

Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung

Um ein Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu sein, muss der Beschäftigte im Innenverhältnis zum Arbeitgeber die Berechtigung zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern besitzen. Die Berechtigung muss sich dabei auf beide Befugnisse beziehen. Ist beispielsweise ein Personalleiter nur berechtigt, selbstständig zu kündigen, nicht jedoch befugt, ohne Rücksprache einen Arbeitnehmer einzustellen, so ist dies nicht ausreichend. Die Befugnis zur selbstständigen Einstellung und Entlassung darf sich nicht nur auf einen kleinen Teil der Arbeitnehmer beziehen. Ein Polier, der die Personalverantwortung bezüglich der Mitarbeiter nur auf seiner Baustelle hat sowie ein Filialleiter, der lediglich Hilfskräfte einstellen und entlassen darf, gehören beispielsweise nicht zum Kreis der Leitenden Angestellten. Gleiches gilt oftmals für Personalleiter, sofern sie die Entscheidungen der Fachabteilungen lediglich „umsetzen“ oder eine andere Person „mit entscheidet“.

Übertragung nicht unbedeutender Aufgaben mit Vollmacht

In der Fallgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG muss der Leitende Angestellte eine Generalvollmacht oder Prokura besitzen, auf Grund derer er im Außenverhältnis (das heißt im Verhältnis des Betriebs zu Dritten) den Arbeitgeber vertreten darf. Darüber hinaus muss der Leitende Angestellte auch im Innenverhältnis zu seinem Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidungskompetenz haben, die durch die Vollmacht nach außen dokumentiert wird. Entscheidend ist, ob etwa ein Prokurist tatsächlich bedeutende unternehmerische Leitungsaufgaben erledigt. Hat dieser nur unbedeutende Führungsaufgaben zu erfüllen oder ausschließlich eine Stabsfunktion, so ist er in der Regel kein Leitender Angestellter gemäß dieser Vorschrift.

Bedeutung der Aufgaben- und Weisungsfreiheit

Für die Fallgruppe des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG kommt es auf die Bedeutung, die Tragweite der Aufgaben an. Es muss sich um unternehmerische Leitungsaufgaben handeln. Hierzu gehört zum Beispiel die Leitung des Rechnungswesens, der Öffentlichkeitsarbeit, der Forschung oder der Produktion. Der Leitende Angestellte muss Entscheidungen treffen. Überwacht ein Qualitätsbeauftragter mit umfangreichen Kontrollbefugnissen bestimmte Bereiche, ohne jedoch selbst bindende Entscheidungen zu treffen, gehört er nicht zu den Leitenden Angestellten. Auch diejenigen, die für das Unternehmen prägende Entscheidungen durchführen, aber nicht selbst treffen, gehören nicht zur Gruppe der Leitenden Angestellten nach dieser Vorschrift. Die unternehmerischen Leitungsaufgaben müssen regelmäßig wahrgenommen werden. Der Angestellte, der nur vorübergehend (z.B. als Urlaubsvertretung) einen Leitenden Angestellten vertritt, wird hierdurch nicht selbst zum Leitenden Angestellten.

Der Leitende Angestellte muss eine unternehmerische Leitungsaufgabe mit weit gehend selbstbestimmter Entscheidungskompetenz inne haben. Insoweit reicht es aus, dass er die Entscheidungen maßgeblich beeinflusst. Dies ist der Fall, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an den vorbereiteten Vorschlägen „nicht vorbei können“.

Klärung des Status

Der Arbeitgeber, der Betriebsrat und der Arbeitnehmer, um dessen Status es geht, können jederzeit durch das Arbeitsgericht den Status als Leitender Angestellter klären lassen. Im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl kann einen solchen Antrag auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft stellen. Dabei ist es unerheblich, ob ein solcher Antrag vor oder nach der Wahl gestellt wird. Im Vorfeld einer Betriebsrats- bzw. Sprecherausschusswahl bietet das Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG eine weitere Möglichkeit der Klärung der Statusfrage.

Dieses Verfahren gilt allerdings nur für die Wahlen und regelt ausschließlich die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den Interessenvertretungen. In anderen Bereichen (z.B. Anhörung zu einer Kündigung) ist eine vom Zuordnungsverfahren abweichende Beurteilung des Status möglich, da die Zuordnung nach § 18a BetrVG keine endgültige Rechtswirkung erzeugt. Bei zeitgleichen Wahlen zum Betriebsrat und zum Sprecherausschuss ist es die Aufgabe der Wahlvorstände, das Zuordnungsverfahren durchzuführen. Wird nur der Betriebsrat gewählt und existiert kein Sprecherausschuss, dann kann das Zuordnungsverfahren nicht durchgeführt werden. In diesem Fall entscheidet der Wahlvorstand, wer zu dem Kreis der Leitenden Angestellten gehört.

Wortlaut des § 5 Abs. 4 BetrVG

Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

  1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
  2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
  3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte indem Unternehmen üblich ist, oder,
  4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Folgen einer unzulässigen Wahlbeteiligung

Ob eine Betriebsratswahl allein schon deshalb nichtig ist, weil ein Leitender Angestellter an dieser teilgenommen hat, ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Auf jeden Fall kann die Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht angefochten werden. Ist jedoch ein Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG durchgeführt worden, kann die Wahl nur noch eingeschränkt angefochten werden: Es muss die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft gewesen sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn sich die Fehlerhaftigkeit der Zuordnung geradezu aufdrängt. Beispielsweise wäre dies der Fall, wenn ein Angestellter ohne jede Rücksicht auf die Kriterien des § 5 Abs. 3 BetrVG als Leitender Angestellter angesehen oder eine Zuordnung allein auf Grund der Hilfskriterien des § 5 Abs. 4 BetrVG vorgenommen wurde. Die Anfechtung der Betriebsratswahl ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig. Eine erfolgreiche Anfechtung hat keine rückwirkende Kraft, das heißt bereits existierende Beschlüsse und Betriebsvereinbarungen des Betriebsrats bleiben gültig.

Tipp für Ihre Betriebsratswahl

Aus Gründen der Rechtssicherheit kann es angebracht sein, die Zeit vor der anstehenden Betriebsratswahl auch dahingehend zu nutzen, den Status einzelner Mitarbeiter klären zu lassen. Insbesondere in den Fällen, in denen das Zuordnungsverfahren nicht zur Anwendung kommt, kann ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht sinnvoll sein. Nicht nur für den Betriebsrat, sondern auch für den Arbeitgeber kann die Klärung der Statusfrage bezüglich einzelner Angestellter Sinn machen. Denn durch eine für alle Beteiligten verbindliche Statusfeststellung können unnötige und kostenintensive Streitigkeiten – nicht nur bezüglich der Betriebsratswahl vermieden werden.

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