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Die Einführung von Desk Sharing und einer Clean Desk Policy ist nicht als Ganzes mitbestimmungspflichtig. Bestimmte Teilbereiche können allerdings der Mitbestimmung unterliegen. Dafür setzte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eine Einigungsstelle ein.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 06. August 2024, 21 TaBV 7/24
Der Arbeitgeberin geht es um die Umsetzung eines neuen Planungskonzeptes für die Büroräume. Bisher gab es Großraumbüros mit persönlichen Arbeitsplätzen der Beschäftigten. Die Arbeitsplätze waren teilweise durch Trennwände voneinander getrennt. Nun soll insbesondere „Desk Sharing“ und damit verbunden „Clean Desk“ in dem Betrieb eingeführt werden. Über das neue Arbeitsplatzkonzept informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat im Oktober 2023.
Der Betriebsrat beantragte beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle, um über die Einführung und Umsetzung des Raumkonzeptes zu verhandeln. Das Gremium ist der Meinung, dass sowohl die Einführung von Desk Sharing als auch von Clean Desk nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig seien, da sie das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb beträfen. Außerdem seien Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (technische Einrichtungen zur Überwachung) und § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Arbeits- und Gesundheitsschutz) gegeben. Auch nach § 111 BetrVG (Betriebsänderung) müsse der Betriebsrat miteinbezogen werden.
Das Arbeitsgericht Heilbronn wies in der ersten Instanz den Antrag des Betriebsrats auf Einsetzung einer Einigungsstelle vollständig zurück. Durch die Maßnahmen des Arbeitgebers waren nach Ansicht des Arbeitsgerichts keine mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten berührt. Die Regelung, zu Beginn der Arbeit einen freien Arbeitsplatz zu suchen und diesen am Ende des Arbeitstages komplett freizuräumen, betreffe nur das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten und nicht das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Deshalb scheide die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG aus. Da das Desk Sharing in diesem Betrieb ohne elektronisches Buchungstool zur Suche und Buchung eines Arbeitsplatzes eingeführt werden solle, scheide auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG aus. Schließlich sei auch nach § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG eine Mitbestimmung nicht gegeben, da die Einführung des Desk Sharing als solche nicht zu einer konkreten Gefährdung der Arbeitnehmer führe. Diese müsste durch eine Gefährdungsbeurteilung erst festgestellt werden. § 111 BetrVG sei nicht einschlägig, da durch das neue Konzept weder die Betriebsanlagen grundlegend geändert noch eine grundlegend neue Arbeitsmethode eingeführt werde.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) entschied teilweise anders als das Arbeitsgericht und setzte für zwei Teilbereiche des Konzeptes eine Einigungsstelle ein. Dabei stelle das LAG zunächst klar, dass weder das Desk Sharing an sich noch die gesamte Clean-Desk-Policy der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Allerdings können Regelungen zum Umgang mit persönlichen Gegenständen der Arbeitnehmer, das heißt, was und wieviel in die Arbeit mitgebracht werden darf und wie diese Gegenstände vor Beginn und nach Ende der Arbeitszeit im Betrieb aufzubewahren sind, das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten gemäß § 87 Abs.1 Nr. 1 BetrVG im Betrieb betreffen. Auch die Regelung der Nutzung bestimmter Betriebsflächen sowohl zu Pausen- als auch zu Arbeitszwecken könne nach § 87 Abs.1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein. Ob das Mitbestimmungsrecht wirklich bestehe, müsse durch die Einigungsstelle genauer geprüft werden. In Bezug auf die weiteren im Raum stehenden Mitbestimmungsrechte stimmte das LAG den Ausführungen des Arbeitsgerichts weitgehend zu.
Die Veränderungen in der Arbeitswelt sind in vielen Bereichen schon jetzt deutlich spürbar. Neue Technologien und weltweite Vernetzung führen auch zu mehr Flexibilität. Immer mehr Unternehmen passen auch ihre Raumkonzepte an die geänderten Arbeitsbedingungen an. Auch diese Entscheidung zeigt, dass genau geprüft werden muss, ob und welche Mitbestimmungsrechte bei der Einführung von modernen Arbeitsplatzkonzepten berührt sein können. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn arbeitgeberseitige Regelungen das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer betreffen. Maßnahmen, die das sogenannte Arbeitsverhalten regeln sollen, also auch die Arbeitspflicht konkretisieren, sind mitbestimmungsfrei. Betrifft eine Maßnahme sowohl das Ordnungs- als auch das Arbeitsverhalten, ist anhand objektiver Gesichtspunkte zu prüfen, welcher Regelungszweck überwiegt. (jf)